Streit um DDR-Doping: Stiftung hält an Auszeichnung für Ines Geipel fest
Eine Dokumentation im MDR erhebt schwere Vorwürfe gegen die Autorin und ehemalige Sportlerin. Trotzdem soll sie in Leipzig den Erich-Loest-Preis erhalten.

Die Autorin Ines Geipel wird in der kommenden Woche in Leipzig den Erich-Loest-Preis erhalten. Daran ändert die Ausstrahlung einer Dokumentation im Fernsehsender MDR nichts, die sich kritisch mit Geipels Umgang mit ihrer Vergangenheit als Sportlerin in der DDR auseinandergesetzt hat. Das teilt die Stiftung, die den Preis verleiht, der Berliner Zeitung mit.
In der Dokumentation unter dem Titel „Doping und Dichtung – Das schwierige Erbe des DDR-Sports“ (in der ARD-Mediathek abrufbar) ging es um Geipels Auftritte in den Medien als ehemalige Spitzensportlerin der DDR und Doping-Opfer. Im Film kommt Henner Misersky zu Wort, ehemaliger Skilanglauftrainer, der in der DDR entlassen wurde, weil er gegen das Dopingsystem im Sport aufbegehrte und später gemeinsam mit Geipel über das Thema aufklärte.
Misersky zweifelt nun allerdings Teile der Biografie an, mit der Geipel in der Öffentlichkeit auftritt. Auch die Dokumentation zeigt: Ines Geipel, die damals noch Schmidt hieß, war Leichtathletin in der DDR – aber wohl keine Spitzensportlerin. An internationalen Wettbewerben nahm sie offenbar nie teil, dafür reichten ihre Leistungen nicht. Auch an den Aussagen Geipel darüber, wann und wie sie selbst Dopingmittel eingenommen, werden Zweifel aufgeworfen. Was wusste Geipel selbst damals?
Geipel hat 2018 sieben Unterlassungsklagen gegen Misersky wegen seiner Aussagen über sie eingereicht. Das Berliner Kammergericht wies in zweiter Instanz im Jahr 2021 alle Klagen ab.
Entscheidung bleibt von der Kritik „unberührt“
Die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig teilt der Berliner Zeitung auf Anfrage mit, dass die Preisverleihung an Geipel am 24. Februar wie geplant stattfinden wird. Der Erich-Loest-Preis würdige Autoren, „die die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in Deutschland nicht nur beschreiben, sondern mit ihrer Stimme den demokratischen Diskurs mitgestalten“ und zwar wie Loest selbst, „mit Mut und Haltung, unbeirrt von allen Angriffen gegen ihn“. Geipel arbeite „die Wirkungsgeschichte zweier diktatorischer Systeme“ auf und stehe damit in der „intellektuellen Tradition Erich Loests“.
Die fünfköpfige Jury habe sich einstimmig für Geipel als Preisträgerin entschieden, teilt die Stiftung weiter mit. „Diese Entscheidung bleibt auch von der seit Jahren bekannten und aufs Neue wiederholten Kritik, die im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Doping-Vorfälle im DDR-Sport stehen, unberührt.“
Maßgeblich für die Entscheidung der Jury sei ohnehin die literarische Qualität von Geipels Werk gewesen. Auch eine Dokumentation oder ein Gerichtsprozess änderten daran nichts: „Öffentliche oder juristische Auseinandersetzungen sind nicht Gegenstand der literarischen Auszeichnung und haben auf die Entscheidung der Jury keinen Einfluss.“