Syriens Opposition wirft Russland Chemiewaffen-Lüge vor
Istanbul - Die syrische Opposition hat Russlands Angaben zurückgewiesen, die syrische Luftwaffe habe in der Stadt Chan Scheichun eine Chemiewaffenfabrik von Rebellen getroffen. Bei der Aussage handele es sich um eine „Lüge”, sagte der Vize-Chef des Oppositionsbündnisses Syrische Nationale Koalition.
Abd al-Hakim Baschar sprach stattdessen von einem „Massaker”, für das er die syrische Regierung verantwortlich machte. Bei dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Chan Scheichun waren am Dienstag Aktivisten zufolge mindestens 72 Menschen getötet worden.
Syriens Präsident Baschar al-Assad müsse wegen Kriegsverbrechen vor ein Straftribunal gestellt werden, forderte Baschar. Syriens Regime sei für die Syrer eine größere Bedrohung als extremistische Gruppen wie die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) oder Al-Kaida.
Die Opfer weisen nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Symptome der Einwirkung von Chemiewaffen auf. Das augenscheinliche Fehlen äußerer Verletzungen und andere Anzeichen deuteten auf Nervengift hin, teilte die Organisation in Genf mit.
„Diese Form von Waffen ist durch internationales Recht verboten, weil sie untolerierbare Barbarei darstellt”, sagte der Leiter des WHO-Nothilfeprogramms, Peter Salama. Krankenhäuser in der Umgebung im Nordwesten des Landes hätten nur begrenzte Kapazitäten für die Behandlung von Betroffenen.
Für die Opfer des syrischen Bürgerkriegs stellt Deutschland weitere 1,169 Milliarden Euro zur Verfügung. Das kündigte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel bei einer internationalen Geberkonferenz in Brüssel an. Das Geld solle zusätzlich zu den 2,3 Milliarden Euro fließen, die bis Ende 2018 bei der Geberkonferenz in London zugesagt worden waren.
Solange es keinen Regimewechsel in Syrien gebe, dürfe es allerdings nicht für den Wiederaufbau des Bürgerkriegslandes eingesetzt werden, betonte Gabriel. Bis wann die gesamte zugesagte Summe ausgegeben sein soll, blieb zunächst unklar.
Das Geld soll den Leidtragenden in Syrien und Nachbarländern zugutekommen, die Millionen an Flüchtlingen aufgenommen hatten - etwa über UN-Organisationen wie das Kinder- oder das Flüchtlingshilfswerk, aber auch über Hilfsorganisationen oder etwa das Rote Kreuz.
Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte zu der Syrien-Konferenz in Brüssel deutlich mehr Engagement der internationalen Gemeinschaft für die vor dem Bürgerkrieg geflohenen Menschen gefordert. Nach Angaben einer Sprecherin sind 2017 erst sechs Prozent der dringend benötigten rund 4,6 Milliarden Dollar (4,3 Milliarden Euro) von den Gebern ausgezahlt worden. Im Libanon lebten beispielsweise bereits jetzt sieben von zehn Flüchtlingen unter der Armutsgrenze, sagte die Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur.
Ihren Angaben zufolge hat die Zahl der syrischen Flüchtlinge im vergangenen Monat erstmals die Fünf-Millionen-Marke überschritten. In Syrien selbst sind 13,5 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen. (dpa)