Transsexuellengesetz: SPD lässt Verhandlungen mit CDU platzen
Nach jahrelangem Ringen um ein Selbstbestimmungsgesetz für trans Personen erklärt die SPD-Fraktion Verhandlungen mit der Union für gescheitert.

Berlin-Ein großes Reformvorhaben der Großen Koalition ist gescheitert. Das erwartete Selbstbestimmungsgesetz, mit dem transidente Personen Geschlechtseintrag und Vornamen ohne Einschaltung von Psychologen ändern könnten, wird es in der bald endenden Legislaturperiode nichts mehr geben. Die SPD-Fraktion erklärte am Donnerstag das jahrelange Ringen um eine Reform des Transsexuellengesetzes (TSG) für beendet. Knackpunkt hierfür seien entgegengesetzte Vorstellungen über die Ausgestaltung einer Beratung für Betroffene gewesen. Trotz intensiver Bemühungen sowohl seitens der beiden SPD-geführten Ministerien Justiz und Familie sowie der SPD-Bundestagsfraktion habe man keinen „für uns tragbarer Kompromiss gefunden“.
Die beiden SPD-Abgeordneten Elisabeth Kaiser und Karl-Heinz Brunner erklären die Positionen der Union für unvereinbar mit denen der eigenen Fraktion: „Während wir eine analog zur Schwangerschaftskonfliktberatung ergebnisoffene Konsultation für sinnvoll erachten, möchte die Union als Minimum eine Beratung, die durch die Einschaltung von Psychologen und Medizinern immer noch einen pathologisierenden Charakter hat. Diese Beratungsart lehnen wir klar ab.“
„Absurde Missbrauchsbefürchtungen zu ‚Geschlechterhopping‘"
Aus Sicht der SPD sollte eine ergebnisoffene Beratung die bislang vorgeschriebenen psychologischen Gutachten ersetzen. „Da Transsexualität keine Krankheit darstellt, bedarf es aus unserer Sicht für die personenstandsrechtliche Änderung keines medizinpsychologisch geschulten Personals“ heißt es weiter in der Erklärung der SPD-Fraktion.
Die Reform des TSG halten auch CDU-Politiker für überfällig, da das Bundesverfassungsgericht bereits diverse Normen für nicht anwendbar und für verfassungswidrig erklärt. Ein nicht zwischen den Ministerien abgestimmter Entwurf für ein reformiertes Gesetz sah zwar den Wegfall von psychologischen Gutachten für Erwachsene vor, für Minderjährige sollte die Begutachtungspraxis aber bestehen bleiben. Der Entwurf wurde nie veröffentlicht.
Die SPD-Fraktion wirft dem Koalitionspartner „absurde Missbrauchsbefürchtungen zu ‚Geschlechterhopping‘“ vor, dass also Betroffene ihr Geschlecht mehrfach ändern würden. „Eine de facto Gesinnungsprüfung“ in Gestalt von psychologischen Gutachten lehne die SPD ab. „Da eine selbstbestimmte und respektvolle Reform mit unserem Koalitionspartner CDU/CSU nicht zu finden ist, ist es richtig, die Verhandlungen an diesem Punkt zu beenden und einen weiteren Anlauf in der neuen Legislaturperiode mit neuen politischen Partnern zu unternehmen.“