Olaf Scholz: „Maximale Solidarität“ mit der Ukraine - aber keine Reise nach Kiew
Scholz spricht zum 8. Mai im Fernsehen - und wiederholt seine bisherigen Prämissen: Keine deutschen Alleingänge, keine Sanktionen, die den Partnern schaden.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in seiner Fernsehansprache zum 8. Mai scharfe Kritik an Russland und Wladimir Putin geübt und gleichzeitig „maximale Solidarität mit der angegriffenen Ukraine“ bekräftigt. Es werde dabei aber keine deutschen Alleingänge geben, sagt er erneut. Jeder Schritt werde „auf das Engste“ mit den Bündnispartnern abgestimmt, „in Europa und jenseits des Atlantiks“, sagte der Kanzler demnach.
Es werde auch keine Entscheidung getroffen werden, die die Nato zur Kriegspartei machen werde: „Dabei bleibt es“, betont Scholz. Man werde nicht einfach alles tun, „was der eine oder die andere gerade fordert“, denn er in seinem Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden.
Ob und wann er in die Ukraine reisen werde, ließ er erneut offen.
Scholz hielt seine Rede in Erinnerung an das Kriegsende in Europa vor 77 Jahren. Das Schweigen der Waffen am 8. Mai 1945 habe einer Friedhofsruhe geglichen, sagte er, „über den Gräbern von mehr als 60 Millionen Frauen, Männern und Kindern.“
Umso schmerzhafter sei es nun, mitzuerleben, wie heute erneut rohe Gewalt das Recht breche, mitten in Europa. Wie Russlands Armee in der Ukraine Männer, Frauen und Kinder umbringe, Städte in Schutt und Asche legt, ja selbst Flüchtende angreife. „Für mich ist dies ein 8. Mai wie kein anderer“, so Scholz weiter. „Wir können nicht an das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa erinnern, ohne der Tatsache ins Auge zu sehen: Es herrscht wieder Krieg in Europa. Russland hat diesen Krieg entfesselt.“
Einst hätten Russen und Ukrainer gemeinsam unter größten Opfern, um Deutschlands mörderischen Nationalsozialismus niederzuringen, nun versuche Putin, die Ukraine zu unterwerfen, ihre Kultur und ihre Identität zu vernichten. „Präsident Putin setzt seinen barbarischen Angriffskrieg sogar mit dem Kampf gegen den Nationalsozialismus gleich“, sagte der Kanzler. „Das ist geschichtsverfälschend und infam.“
Damals sei es der militärische Sieg der Alliierten gewesen, der der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland ein Ende gesetzt habe. „Und doch ist es wieder passiert – Krieg in Europa“, so Scholz und verwies auf die Videobotschaft des ukrainische Präsidenten Wlodomyr Selenskyj vom gleichen Tag. In der gegenwärtigen Lage könne dies nur bedeuten: „Wir verteidigen Recht und Freiheit – an der Seite der Angegriffenen“, so Scholz weiter. „Wir unterstützen die Ukraine im Kampf gegen den Aggressor.“ Das nicht zu tun, hieße zu kapitulieren vor blanker Gewalt – und den Aggressor zu bestärken. Dabei verfahre man „zügig und entschlossen, durchdacht und abgewogen“.
Scholz verwies auf die Sanktionen gegen Russland und die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge. Er betonte aber gleichzeitig, dass es keine Maßnahmen geben werde, die den Partnern mehr schaden würde als Russland. „Putin wird den Krieg nicht gewinnen“, versicherte Scholz. „Die Ukraine wird bestehen. Freiheit und Sicherheit werden siegen – so wie Freiheit und Sicherheit vor 77 Jahren über Unfreiheit, Gewalt und Diktatur triumphiert haben.“ Darin liege das Vermächtnis des 8. Mai.
Es bereits die dritte TV-Rede, die Scholz in seiner fünfmonatigen Amtszeit hält. Nach der traditionellen Neujahrsansprache des Kanzlers hat er sich bereits zu Beginn des Krieges am 25. Mai zu Wort gemeldet. Die Ansprache war am Freitag relativ kurzfristig bekanntgegeben worden.
Die Rede wurde am Sonntagnachmittag aufgezeichnet und sollte abends ausgestrahlt werden. Die Fernsehsender wählten dazu unterschiedliche Zeiten: RTL und ntv wollte die Rede während ihrer Nachrichtensendungen ab 18.45 Uhr ausstrahlen, das ZDF kündigte sie für 19.30 Uhr an, in der ARD sollte dafür der Tatort um fünf bis zehn Minuten verschoben und die Rede im Anschluss an die Tagesschau ab 20.15 Uhr übertragen werden.