Ukraine hofft immer noch auf NVA-Kampfjets

Die US-Regierung lehnt den Vorschlag Polens ab, MiG-29 über Deutschland in die Ukraine zu überstellen. Die Maschinen stammen noch aus DDR-Beständen.

Eine MiG-29 im Einsatz: Polen wollte seine Kampfflugzeuge dieses Typs auf den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz bringen. Die USA sollten sie dann der Ukraine zur Verfügung stellen.
Eine MiG-29 im Einsatz: Polen wollte seine Kampfflugzeuge dieses Typs auf den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz bringen. Die USA sollten sie dann der Ukraine zur Verfügung stellen.PAP/Michael Walczak

Trotz einer klaren Absage der US-Regierung gibt die Ukraine die Hoffnung auf Lieferung von MiG-29-Kampfjets nicht auf. Polen hatte sich bereit erklärt, die Flugzeuge den USA zur Verfügung zu stellen mit dem Ziel, sie letztlich in die Ukraine zu bringen. Die US-Regierung lehnt dies ab, weil sie eine Verwicklung der Nato in den Krieg befürchtet. Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, drang am Donnerstag jedoch erneut auf die Lieferung von MiG-29-Kampfjets. „Fakt ist, dass wir diese Flugzeuge so schnell wie möglich brauchen, um den Luftraum zu schützen“, sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur.

Polen hat nach unterschiedlichen Angaben noch 28 Stück des in der Sowjetunion entwickelten Kampfflugzeugs, darunter 22 Maschinen aus Beständen der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR. Die Bundesrepublik Deutschland hat diese Flugzeuge an Polen auf Grundlage eines 2003 geschlossenen Abkommens für einen symbolischen Betrag von einem Euro überlassen. Das polnische Außenministerium hatte am Dienstagabend erklärt, die Regierung sei bereit, alle Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29 unverzüglich auf den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz zu verlegen und die Maschinen den USA zur Verfügung zu stellen.

Wir sind der Ansicht, dass die Bereitstellung zusätzlicher Kampfflugzeuge nur wenig zusätzliche Fähigkeiten bei hohem Risiko bietet.

Pentagon-Sprecher John Kirby

Die mögliche indirekte Lieferung der MiG-29 an die Ukraine und die Verlegung von „Patriot“-Raketensystemen aus Deutschland nach Polen waren vermutlich auch Thema bei den Gesprächen, die US-Vizepräsidentin Kamala Harris am Donnerstag bei einem Besuch in der polnischen Hauptstadt Warschau führte. Die Stellvertreterin von US-Präsident Joe Biden wollte in den Gesprächen mit Staatschef Andrzej Duda und Regierungschef Mateusz Morawiecki dem östlichen Nato-Partner angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine den Beistand der USA zusichern, hieß es im Vorfeld. Über das Vorgehen bei einer solchen Überstellung der Kampfjets hatte es zuletzt Meinungsverschiedenheiten zwischen Polen und den USA gegeben.

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dpa/Philipp Schulze
Waffenlieferungen aus Deutschland
Bereits erhalten hat das ukrainische Militär nach Angaben des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk, folgende Waffen und Ausrüstungsgegenstände: 500 Panzerfäuste plus 1000 Schuss Munition, 500 Luftabwehrraketen vom Typ „Stinger“, 14 gepanzerte Fahrzeuge, 23.000 Schutzhelme sowie 50.000 Esspakete.

Zugesagt sind Melnyk zufolge bereits: 1300 kugelsichere Schutzwesten und 2600 Metallplatten für Schutzwesten.

Noch keine Entscheidung ist nach Angaben des ukrainischen Botschafters in Deutschland über die Lieferung von 2700 „Strela“-Raketen gefallen.

Die US-Regierung lehnt das Ansinnen ab, weil es „zu einer erheblichen russischen Reaktion führen könne, die die Aussichten auf eine militärische Eskalation mit der Nato erhöhen könnte“, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby am Mittwoch (Ortszeit) in Washington. Man habe daher auch kein Interesse, die Kampfjets in US-Gewahrsam zu haben. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin habe sich aber bei Polen für die Bereitschaft bedankt, nach Wegen zu suchen, die Ukraine zu unterstützen. Man müsse bei jeder Entscheidung darauf achten, das „Potenzial für eine Eskalation“ nicht noch zu erhöhen, sagte Kirby weiter. Denn das sei weder gut für die Nato noch für die USA oder für die Ukraine. Der Krieg dürfe nicht noch zerstörerischer werden – auch mit Blick darauf, welche Möglichkeiten Russlands Präsident Wladimir Putin noch zur Verfügung habe. Der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa widersprach zudem ukrainischen Angaben zum Nutzen einer möglichen Lieferung von MiG-29-Kampfjets. „Die Weitergabe von MiG-29-Flugzeugen wird die Effektivität der ukrainischen Luftwaffe nicht spürbar erhöhen“, erklärte General Tod D. Wolters am Donnerstag. Die ukrainische Luftwaffe verfüge derzeit über zahlreiche einsatzfähige Flugzeuge, die täglich flögen. Es sei unwahrscheinlich, dass zusätzliche Jets die Effektivität erhöhten.

Zudem betonte Wolters, dass die Weitergabe von MiG-29 nach Einschätzung von Nachrichtendiensten von Moskau missverstanden werden könnte und in einer Eskalation Russlands mit der Nato resultieren könnte. Dies sei ein Hochrisiko-Szenario, sagte der Vier-Sterne-General.

Auch die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat den Vorstoß Polens kritisiert. „Es ist ganz wichtig, dass die Nato abgestimmt miteinander vorgeht, das war unsere Stärke und das muss auch unsere Stärke bleiben“, sagte Lambrecht am Mittwoch. „Deswegen ist es wichtig, dass ein klares Signal gesendet wird: Dieser Vorstoß wird von niemandem in der Nato weiterverfolgt.“

Die Bundesverteidigungsministerin bekräftigte angesichts des brutalen Angriffskriegs Putins in der Ukraine, Deutschland stehe solidarisch an der Seite des Landes. Deutschland habe Waffen geliefert, weitere Lieferungen würden geprüft. (ost., mit dpa, AFP)