Merkels Sicherheitsberater: Diplomaten haben keinen Einfluss auf Putin – auch Lawrow nicht
Einer Mehrheit der Deutschen gehen die diplomatischen Bemühungen im Ukraine-Krieg nicht weit genug. Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz Heusgen hat eine Erklärung.

Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat derzeit keine Hoffnung auf eine diplomatische Lösung des Ukraine-Kriegs. „Ich kenne viele russische Diplomaten, darunter Kollegen im russischen Außenministerium“, sagte Heusgen der Berliner Zeitung. „Von ihnen weiß ich, dass sie keinerlei Einfluss haben.“ Die Entscheidungen treffe allein der russische Präsident Wladimir Putin.
„Selbst Außenminister Lawrow hat keinen Einfluss auf den Kreml, er ist ein Maulheld von Putin“, sagte Heusgen. Solange der russische Präsident nicht einsehe, dass er sein Kriegsziel in der Ukraine nicht erreichen werde, sei es schwierig, auf diplomatischem Wege Fortschritte zu erzielen. „Also muss der Westen an der Seite der Ukraine Stärke zeigen, bis der Kreml versteht, dass er so nicht weiterkommt“, sagte der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz.
Unabhängig davon hält Heusgen es für richtig, dass Bundeskanzler Olaf Scholz immer wieder mit Wladimir Putin telefoniert. „Nur so kann er einen möglichen Gesinnungswechsel bemerken.“
„Wenn Sie in die Geschichte schauen, war Diplomatie immer in kleinen Schritten erfolgreich“, sagte Heusgen der Berliner Zeitung. Als Beispiele nannte er einen Gefangenenaustausch oder einen lokalen Waffenstillstand. „So entstehen Kontakte, die eine gewissen Dynamik entfachen und eines Tages zu einem Friedensabkommen führen können“, sagte Heusgen. „Aber natürlich kommt es immer auch darauf an, mit wem man es zu tun hat.“
Auf die Frage, warum eine Mehrheit der Deutschen mit den diplomatischen Bemühungen im Ukraine-Krieg unzufrieden sei, antwortete Heusgen: „Das hat sicherlich mit dem Bild von Russland zu tun, das bei vielen Menschen noch stark von der Vergangenheit geprägt ist.“ Deutschland habe das Ende des Zweiten Weltkriegs und die Wiedervereinigung auch Moskau zu verdanken. „Dass Deutsche nach wie vor daran anknüpfen, ist doch nachvollziehbar“, so Heusgen.
Hinweis: Das Interview der Berliner Zeitung mit dem Chef der Münchner Sicherheitskonferenz erscheint am Samstag, 4. Februar 2023.