Umfrage in Polen: Angela Merkel, Polens Liebste

Wenn das keine gute Serie ist: Angela Merkel ist in Polen kurz vor Silvester zum dritten Mal in Folge zum beliebtesten ausländischen Politiker gewählt worden. Mehr noch: Die Kanzlerin hatte die Liste bereits 2006 und 2007 angeführt. Und sie schlug 2012 sogar den soeben wiedergewählten Superstar Barack Obama aus dem Feld.

Der US-Präsident landete mit knapp 37 Prozent der abgegeben Stimmen hinter Merkel, die 42 Prozent erreichte. Auf den französischen Staatschef Francois Hollande und den Briten David Cameron entfielen weniger als drei Prozent Zustimmung.
Die Deutschlandexpertin Agnieszka Lada vom Warschauer Institut für Öffentliche Angelegenheiten kommentierte das Ergebnis mit den Worten: „Die Wahl Merkels ist nicht nur ein Beleg dafür, dass die Polen den Einfluss der Kanzlerin in der Welt würdigen. Sie unterstützen auch ihr Handeln auf der europäischen Bühne.“

Tatsächlich ist die ungebrochene Beliebtheit der Bundeskanzlerin in Polen angesichts der unpopulären Rolle, die sie in der Euro-Krise spielt, erstaunlich. In Griechenland und Portugal empfingen Demonstranten Merkel mit Pfiffen und bösen Plakaten, die die Deutsche mit Hakenkreuzbinde zeigten. Auch in Großbritannien fahren vor allem Boulevardmedien in ihren Schlagzeilen immer wieder Weltkriegsgeschütz gegen Merkel auf und bemühen Feindbilder aus der Nazi-Zeit. Der italienische Polit-Zampano Silvio Berlusconi bedient ebenfalls antideutsche Ressentiments.

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Vorbehalte gegen Deutsche bleiben

Vorbehalte gegen Deutschland und die Deutschen sind auch in Polen noch immer weit verbreitet. Überraschen kann das kaum, schließlich war Polen das erste Opfer des Vernichtungskrieges, den Hitler ab 1939 in Osteuropa führte. Die Erinnerung daran nutzt vor allem der nationalkonservative Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski für seine berüchtigten antideutschen Attacken. Er rückte Merkel einmal in die Nähe alter Stasi-Seilschaften.

Kaczynskis Polemik verfängt allerdings nur bei einem kleinen Teil der Bevölkerung. Insgesamt bringen die Polen den Deutschen seit den friedlichen Revolutionen von 1989 und erst recht seit dem EU-Beitritt 2004 schnell wachsende Sympathien entgegen. Seit den 90er-Jahren gilt der Ausspruch „Unser Weg nach Brüssel führt nur über Berlin“ als wichtigste Warschauer Diplomaten-Weisheit.

Von dieser These profitiert Merkel. Die Kanzlerin gilt als entscheidende Fürsprecherin Polens in allen europäischen Angelegenheiten. Zugleich kommt die Sparpolitik der „schwäbischen Hausfrau“ Angela Merkel jenseits der Oder gut an. Polen, das 1997 lange vor Deutschland eine Schuldenbremse in der Verfassung verankerte, setzt konsequent auf Haushaltsdisziplin.

Agnieszka Lada empfiehlt der Kanzlerin kurz vor dem deutschen Wahljahr 2013: „Vielleicht sollte Merkel öfter nach Polen reisen, um ihre Akkus aufzuladen.“