Umtausch oder Nachrüstung: Das müssen Diesel-Fahrer jetzt wissen

Frankfurt - Die Spitzen der schwarz-roten Bundesregierung haben sich darauf geeinigt, dass Besitzer älterer Diesel in Regionen mit besonders schmutziger Luft neue Angebote zum Kauf sauberer Wagen und für Motor-Nachrüstungen bekommen sollen. Die Fakten für Verbraucher im Überblick.

Worauf zielt das Paket der Bundesregierung?

Die Beschlüsse sind darauf ausgerichtet, lediglich in Städten mit besonders hohen Belastungen durch das giftige Stickoxid (NOX) die Werte schnell zu verringern. Es handelt sich um 14 Kommunen (München, Stuttgart, Köln, Reutlingen, Düren, Hamburg, Limburg, Düsseldorf, Kiel, Heilbronn, Backnang, Darmstadt, Bochum und Ludwigsburg). Dort liegen die Werte im Jahresdurchschnitt über 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. 40 Mikrogramm sind erlaubt. Hinzu kommen Städte, wo Fahrverbote aufgrund von Gerichtsentscheidungen in nächster Zeit drohen, etwa in Frankfurt am Main. Die Verringerungen der Emissionen der Pkw-Flotte seien in diesen Städten äußerst dringlich und erforderlich, heißt es in einem Papier des Verkehrsministeriums.

Was bedeutet das für Autofahrer, die dort unterwegs sind?

Die Regierung will erreichen, dass Besitzer von älteren Dieselautos (Schadstoffklasse Euro 4 und Euro 5) ein Angebot bekommen, mit dem sie auch bei Fahrverboten „ihre Mobilität erhalten können“, so das Verkehrsministerium. Das gilt für Einwohner der Städte und der jeweils angrenzenden Landkreise. Hinzu kommen Frauen und Männer, die in den Kommunen arbeiten.

Wie sehen die Angebote aus?

Es gibt zwei Möglichkeiten. Erstens der Halter tauscht sein Fahrzeug gegen einen Neuwagen oder einen Gebrauchten um, der nicht von Fahrverboten betroffen sein wird. Gemeint sind Autos der Schadstoffklasse Euro 6. Die deutsche Automobilindustrie habe zugesagt, „attraktive Umstiegsprämien oder Rabatte“ anzubieten, so das Ministerium. Diese sollen auch den Wertverlust, der durch die Dieseldebatte entstanden ist, ausgleichen. Auch von ausländischen Herstellern „erwartet“ die Regierung vergleichbare Angebote.

Wie soll die zweite Möglichkeit Hardwarenachrüstung funktionieren?

Haltern von Euro-5-Diesel-Pkw soll ermöglicht werden, dass ihr Fahrzeug mit einem zusätzlichen Katalysator ausgestattet wird. Bedingung ist dabei, dass der NOX-Ausstoß auf weniger als 270 Milligramm pro Kilometer reduziert werde. Der Bund „erwartet“ von den Herstellern, dass sie die Kosten übernehmen. Der Nachrüster soll die Gewährleistung übernehmen.

Wie sieht die konkrete Umsetzung des Programms aus?

Der sind noch viele Fragen offen. Und es fehlt an verbindlichen Zusagen der Autobauer. In ersten Stellungnahmen haben Hersteller betont, dass sie vor allem auf den Umtausch setzen. Opel und BMW teilten gar mit, dass sie bei Nachrüstungen überhaupt nicht mitmachen. Ein Opel-Sprecher betonte, der Umbau der Abgasanlage sei technisch nicht ausgereift und ökonomisch nicht sinnvoll. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) verwies aber darauf, dass es andere Hersteller gebe, die ihr Okay gegeben hätten. Er meint damit Volkswagen. Jetzt gehe es um die Details der Umsetzung. Er habe einen ersten Rundruf gestartet.

Ist die räumliche Eingrenzung der Nachrüstung sinnvoll?

Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte des BUND, erwartet juristische Auseinandersetzungen. „Denn die örtlichen Eingrenzungen sind nicht gerecht“. So könne es passieren, dass ein Bewohner im Umland hochbelasteten Stadt in den Genuss des Umtausch-/Umrüstangebots komme, weil er in der Metropole arbeite. Sein Nachbar mit dem gleichen Auto werde aber ausgeschlossen, da sich sein Arbeitsplatz anderswo befinde. „Diese Regelung wird vor keinem Gericht Bestand haben“, prognostiziert Hilgenberg.

Werden die geplanten Maßnahmen die Luft sauberer machen?

Auch da gibt es unter Experten Zweifel. Denn beim Umtauschen dürften viele ältere Diesel durch Euro-6-Pkw ersetzt werden. Die halten zwar auf dem Prüfstand den Grenzwert von 80 Milligramm NOX ein. Doch Messungen im Alltagsbetrieb haben nachgewiesen, dass die Fahrzeuge im Schnitt mehr als fünfmal so viel von dem Reizgas in die Luft blasen und dass die Emissionen teils über den Werten von Euro-5-Pkw liegen. Hinzu kommt, dass sich viele ausländische Autobauer vermutlich nicht an der Aktion beteiligen werden.