UN-Umweltgipfel in Rio: Merkels Absage ärgert Brasilien

Brasilia - Die Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), nicht an der großen UN-Konferenz für nachhaltige Entwicklung im Juni in Rio de Janeiro teilzunehmen, hat bei der brasilianischen Regierung offenbar Verärgerung ausgelöst. Dass Merkel nicht komme, sei ein schlechtes Signal für den Umweltgipfel, auf dem ein Fahrplan für eine weltweite „grüne Wirtschaft“ ausgestellt werden soll, verlautete in der Hauptstadt Brasilia.

Zu der Konferenz -„Rio plus 20“ genannt - werden rund 50.000 Teilnehmer erwartet, darunter über 100 Staats- und Regierungschefs. Sie findet zum 20. Jahrestag des UN-Erdgipfels von Rio anno 1992 statt.

Merkels Absage wurde vom obersten Naturschützer der brasilianischen Regierung, Roberto Ricardo Vizentin, heftig kritisiert. „Deutschland vergibt sich die Chance, seine Führungsrolle im Bereich Umwelt und Entwicklung auszuüben“, sagte Vizentin vor deutschen Journalisten. Der UN-Gipfel brauche integre Politiker, „die Sensibilität für die Zukunftsthemen haben und den Weg weisen“.

Naturschützer: "Keine Entschuldigung"

Dazu gehöre Merkel, die bisher etwa dem Klima- und Umweltschutz international große Bedeutung beigemessen habe. Die Euro- und Wirtschaftskrise, die die europäischen Politiker stark beschäftige, sei „keine Entschuldigung dafür, nicht nach Rio zu kommen, sagte der Vizentin, der die Naturschutzbehörde des Landes leitet und Mitglied der brasilianischen Regierungspartei PT ist. „Wir alle haben das Nachsehen, aber am meisten zu verlieren hat der Vorreiter Deutschland“, befand er.

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Der Erdgipfel vor 20 Jahren war der Startschuss für die globale Umweltpolitik. Die Staatenvertreter verabschiedeten damals die globalen Konventionen zum Schutz des Klimas und der Artenvielfalt, außerdem die „Agenda 21“, eine mehrere hundert Seiten umfassende Blaupause zur nachhaltigen Entwicklung. Rio plus 20 soll die Bilanz dieser Bemühungen ziehen und einen neuen Anschub geben. Die Bilanz wird eher negativ ausfallen. So sind die CO2-Emssionen in den zwei Jahrzehnten global weiter angestiegen und der Artenschwund wurde nicht gestoppt.

Röttgen und Niebel als Vertretung

Dass es wenig zu feiern gibt, mag ein Grund für Merkels Absage sein – neben der Erfahrung beim Weltklimagipfel in Kopenhagen 2009, der trotz Beteilugung zahlreicher Staats- und Regierungschefs floppte. Laut ihrem Sprecher sollen Umweltminister Norbert Rötten (CDU) und Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) Deutschland in Rio vertreten. Beim Erdgipfel 1992 hatte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) die deutsche Delegation zusammen mit seinem Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) geleitet.

Auch von US-Präsident Barack Obama wird nicht mehr erwartet, dass er nach Rio kommt. Washington will auf dem Gipfel konkreten Festlegungen auf Schritte hin zu einer umweltkompatiblen Wirtschaft („Green Economy“) vermeiden, die von den Europäern vorgeschlagen werden. Ebenso lehnen die USA die diskutierte Aufwertung des UN-Umweltprogramms Unep in Nairobi zu einer vollwertigen UN-Organisation mit mehr Kompetenzen ab.

Von Frankreich wird erwartet, dass es nach der Präsidentschaftswahl positiver zu „Rio plus 20“ steht. Präsident Nicolas Sarkozy hatte den Trip nach Brasilien ebenfalls nicht antreten wollen. Von seinem Nachfolger Francois Hollande hingegen gab es positive Signale dazu.