Unwetter und Starkregen: Berlin soll zur „Schwammstadt“ werden

Berlin muss sich wappnen, wenn es nicht regelmäßig überschwemmt werden will wie in den vergangenen Tagen. Forscher sagen voraus, dass es in der Stadt künftig 15 bis 17 Starkregentage pro Jahr geben könnte. Heute sind es elf Tage.

Berlin soll deshalb zur „Schwammstadt“ werden, fordert ein „Berliner Konzept zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“, vorgestellt im Jahr 2016. Der Begriff stammt von „Sponge City“, einer Entwicklung aus China. Berlin soll also künftig das Wasser wie ein Schwamm aufsaugen.

Zu den städteplanerischen Elementen dieses Konzepts gehören die Entsiegelung von Flächen, die Verwandlung von Parks, Plätzen oder ausgewählten Straßen in Wasser-Zwischenspeicher und die Dachbegrünung.

Ein Stauraumkanal entsteht unter dem Mauerpark

Am Potsdamer Platz werden bereits heute 85 Prozent des Regens auf begrünten Dächern, in Zisternen oder Teichen festgehalten. Eine gute Möglichkeit bieten unterirdische Systeme. Das Wasser wird unter die Erde geleitet und zwischengespeichert – in Kiespackungen oder im Kunststoffkasten.

Die Berliner Wasserbetriebe haben bereits unterirdisch 235.000 Kubikmeter Raum geschaffen, um überschüssiges Wasser festzuhalten, bis es über die Kanalisation zu den Klärwerken geleitet werden kann. Ein solches Becken befindet sich unter dem Lützowplatz. Ein weiterer Stauraumkanal entsteht unter dem Mauerpark.

Es gibt auch Ideen, die eigentlich in jeder Straße funktionieren. „Baum-Rigole“ nennt sich ein Projekt der Technischen Universität (TU) Berlin. „Ziel ist es, dort, wo man Straßenbäume setzt, auch Wasser zu speichern, und zwar in einer Art Beton- oder Kunststoffgrube“, sagt der TU-Professor Matthias Barjenbruch, Leiter des Fachgebiets für Siedlungswasserwirtschaft.

Wasser könnte in sogenannten Mulden-Rigolen aufgenommen werden

Man könnte auch von Mini-Zisternen sprechen. Berlin habe mehr als 400.000 Straßenbäume. „Die sterben zum Teil ab und man könnte sie sukzessive erneuern oder Neubaugebiete von vornherein so gestalten“, so Barjenbruch.

Wasser könnte auch in sogenannten Mulden-Rigolen aufgenommen werden. Das sind rinnenartig vertiefte Grünstreifen an Straßen, die wie eine Drainage wirken. „Wir haben mal die Ausfallstraßen untersucht, zum Beispiel die Prenzlauer Allee“, sagt Barjenbruch.

„Da ist ja eine ganze Menge Grün, am Rande oder auch als Mittelstreifen. Die werden versickerungstechnisch aber eigentlich nicht genutzt.“ Auch Straßenbahngleise eigneten sich gut. Statt sie mit einzuasphaltieren, wie es oft geschieht, könnte man sie – wie in früheren Zeiten – auf ein offenes Schotterbett legen. Oder zwischen ihnen Rasenflächen schaffen. Möglich wäre es auch, Parkflächen oder Auf- und Zufahrten zu entsiegeln und mit Rasengittersteinen auszustatten.

„Natürlich ist der Einsatz begrenzt“

„Der Boden in Berlin ist zum Versickern gut geeignet“, sagt Matthias Barjenbruch. Einen Ansatz sieht er in sogenannten multifunktionellen Flächen. Parks, Sport- oder Kinderspielplätze könnten bei Starkregen zum Speichern genutzt werden. Dafür müssten sie sicher etwas tiefer gelegt und so gestaltet werden, dass Wasser hingeleitet werden kann. Wie ein Schwamm wirken auch begrünte Dächer.

„Natürlich ist der Einsatz begrenzt“, sagt Barjenbruch. „Wir haben ja in Berlin viele Schrägdächer. Aber bei Neubauten könnte man das gezielt einsetzen.“ Firmen haben neuartige Systeme dafür entwickelt. Eines davon besteht darin, unter die Grünfläche Kanäle in Kunststoff zu verlegen, um den Abfluss zu verzögern.

Teiche, begrünte Inseln und Dächer haben auch noch einen anderen Effekt. Sie lindern – als städtische Oasen – die Folgen von Hitzeperioden im Sommer.