An dieser Stelle geht es mal nicht um die rechtsphilosophische Frage, ob Ex-Bundespräsident Christian Wulff einen jährlichen Ehrensold von 199.000 Euro verdient hat. Es geht um die schlichte Tatsache, dass Ehrenurkunden mit der Unterschrift des zurückgetretenen Präsidenten Wulff künftig bei den Bundesjugendspielen nicht mehr an Schüler verteilt werden dürfen. Das nämlich hat Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) nun in einem Rundschreiben an alle 16 Bildungsministerien der Länder verfügt.
Unter dem Verweis „sehr wichtig!“ macht das Bundesfamilienministerium klar, dass die Vergabe von Ehrenurkunden mit Wulffs Unterschrift „mit sofort Wirkung gestoppt“ sei. Der Grund: Seit vielen Jahren ist es üblich, dass Schüler nur Ehrenurkunden erhalten, die mit der Unterschrift des derzeit amtierenden Bundespräsidenten versehen sind. So von Staatsspitze zu Spitzenleister: Denn Ehrenurkunden erhalten nur die Schüler, die bei den Bundesjugendspielen herausragende Leistungen erzielt haben.
Ehrenurkunden „unverzüglich nachreichen“
Selbstverständlich, heißt es im Rundschreiben des Bundesfamilienministeriums weiter, werde man die Ehrenurkunden „unverzüglich nachreichen“, sobald diese dann mit der Unterschrift des sehr wahrscheinlich neuen Bundespräsidenten Joachim Gauck versehen aus der Druckerei kämen. Das werde allerdings erst „Mitte bis Ende April“ der Fall sein.
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Liegt neuerdings ein böser Fluch auf den begehrten Ehrenurkunden? Erst vor knapp zwei Jahren hatte die Bundesministerin ein Rundschreiben ganz ähnlichen Inhalts verschicken müssen. Ende Mai 2010 war der damalige Bundespräsident Horst Köhler unerwartet und plötzlich aus dem Amt geschieden. Auch seinerzeit wurden bundesweit hunderttausende bereits gedruckte Ehrenurkunden mit Köhlers Signatur zurückgehalten, oft sogar vernichtet. Man sah sich gezwungen, neue Ehrenurkunden mit Wulffs Unterschrift herzustellen, was erneut 106.000 Euro kostete, wie der Bund der Steuerzahler alsbald monierte.
Angst vor aufgebrachten Eltern
Und als jüngst an einer Berliner Schule noch einmal aus Versehen Ehrenurkunden mit der Unterschrift Köhlers verteilt wurden, beschwerten sich aufgebrachte Eltern bei der Berliner Bildungsverwaltung. Dort befürchtet man nun noch eine ungleich größere Empörung, sollten Ehrenurkunden mit der Signatur der Reizfigur Wulff jetzt noch in Umlauf geraten.
Man schätzt, dass allein in den Berliner Bezirksämtern noch über 100.000 Ehrenurkunden mit Wulffs Unterschrift lagern. Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg hatte erst vor einem guten halben Jahr etwa 20.000 aktuelle Ehrenurkunden erhalten. Bundespräsidenten unterzeichnen übrigens nur Ehrenurkunden, also die Urkunde für die Gewinner. Bereits seit gut 60 Jahren werden Schüler damit in wahre Athleten und bloße Grobmotoriker eingeteilt.
Die unbedeutenderen Siegerurkunden, die bei den Sportwettkämpfen auch für durchschnittliche Leistungen vergeben werden, tragen die Unterschriften der jeweiligen Schulleiter. Und dann gibt es noch die Teilnahmeurkunden, die Schüler mit mäßigen Leistungen erhalten. Kritiker bemängeln übrigens schon seit längerer Zeit, dass sportlich schwächere Schüler durch ihre Bundesjugendspiele-Erfahrungen eher demotiviert werden und dann erst recht keinen Sport treiben.