Urteil in Bonn: Freispruch im Fall des totgeprügelten Niklas P.

Bonn - Die tödliche Prügelattacke auf den 17-jährigen Niklas bleibt bis auf Weiteres ungesühnt: Mit einem Freispruch aus Mangel an Beweisen ist am Mittwoch der Bonner Prozess gegen einen 21-jährigen Angeklagten zu Ende gegangen. „Wir können nicht beweisen, dass er geschlagen hat, wir können nicht beweisen, dass er am Tatort war“, sagte der Vorsitzende Richter Volker Kunkel in der Urteilsbegründung.

Die Strafkammer des Bonner Landgerichts habe sich „wirklich bemüht, das Geschehene aufzuklären“, betonte Kunkel zum Abschluss des Prozesses, in dessen Verlauf etwa 50 Zeugen vernommen worden waren. „Wir hätten am Ende gern Gewissheit gehabt, wer der Täter war.“ Am Ende der Beweisaufnahme habe das Gericht aber Zweifel an der Täterschaft des 21-Jährigen, der deshalb freigesprochen werden müsse.

Walid S. lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt

Walid S. hatte seit Prozessbeginn im Januar jede Tatbeteiligung bestritten. Nach einer schwierigen Beweisaufnahme und teils widersprüchlichen Zeugenaussagen folgte das Gericht mit dem Freispruch nun der Justizregel „Im Zweifel für den Angeklagten“: Die Richter verurteilten den 21-Jährigen lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung bei einer anderen Schlägerei zu einer achtmonatigen Jugendstrafe, die durch die Untersuchungshaft als abgegolten gilt. Niklas' Tod hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst.

Dem Jugendlichen aus Bad Breisig war in der Nacht zum 7. Mai 2016 in Bonn-Bad Godesberg ein Faustschlag gegen die linke Schläfe versetzt worden, an dessen Folgen er wenige Tage später im Krankenhaus starb. Laut Anklage sollen Blutgefäße im Gehirn von Niklas vorgeschädigt gewesen sein. Deswegen lautete die Anklage gegen Walid S. nicht auf Totschlag, sondern auf Körperverletzung mit Todesfolge. Der Vorsitzende Richter stellte der Urteilsbegründung klar, dass der Schlag letztlich durch eine „Verkettung tragischer Umstände“ tödlich für Niklas gewesen sei. „Der Nachweis einer massiven Gewalteinwirkung lässt sich nicht führen.“

Beweise reichen nicht aus

Als „nicht belastbar“ wertete das Gericht die Aussagen zweier Zeugen, die Walid S. in der Hauptverhandlung als wahrscheinlichen Täter identifiziert hatten. Auch eine bei dem Angeklagten gefundene Jacke mit Blutspuren von Niklas sei kein Beweis für seine Täterschaft. „Eine Spur, die eindeutig dem Angeklagten zuzuordnen war, fand sich an der Jacke nicht“, sagte Kunkel. Der 21-Jährige werde auch nicht dadurch als Täter überführt, dass er für die Tatzeit kein Alibi besitze. Wenn jemand kein Alibi habe, „ist das kein Beweis, dass er der Täter ist“, hob der Richter hervor.

Kritik übte Kunkel an Teilen der Medienberichterstattung und an Beiträgen in sozialen Medien über den Fall Niklas. Dort sei unter anderem eine „völlig unrealistische Größenordnung von Strafen in die Welt gesetzt worden“, die mit den Fakten „nichts zu tun“ habe, sagte der Vorsitzende Richter.