Die US-Präsidentschaftswahlen im Herbst werfen ihre Schatten voraus – auch auf die Beziehungen zwischen der EU und den USA. Während die Regierung von Donald Trump die EU und im besonderen Deutschland immer wegen aus amerikanischer Sicht unfairer Handelspraktiken attackiert und wenig echte Gesprächsbereitschaft gezeigt hat, gab es in dieser Woche eine Überraschung: US-Außenminister Mike Pompeo stimmte dem Vorschlag des EU-Außenbeauftragten Jossep Borrell zu, ein gemeinsames Gesprächsformat zum Verhältnis zu China zu etablieren. Pompeo sagte in einer Videobotschaft an die Teilnehmer des Brüssel-Forums des German Marshall Funds, die transatlantischen Partner sollten die „Bedrohung“, die von der Kommunistischen Partei Chinas ausgehe, „gemeinsam ansprechen“.
Zuvor hatte Pompeo gesagt, dass sich China nicht an die Regeln der Welt halte, Menschenrechtsverletzungen begehe und versuche, die Welt zu „zwingen“, mit dem Telekommunikationsunternehmen Huawei Geschäfte zu machen. Huawei sei „ein Arm des Überwachungsstaats der Kommunistischen Partei Chinas“, sagte Pompeo. Er kritisierte Peking, die Vereinbarungen mit internationalen Organisationen nicht zu achten, und nannte dabei ausdrücklich die Weltgesundheitsorganisation WHO. Die Kritik, dass sich jemand nicht an die Regeln der WHO hält, war aus Pompeos Mund überraschend – schließlich hat US-Präsident Trump dieselbe Organisation als trojanisches Pferd Chinas bezeichnet und als Strafe die US-Finanzierung der WHO vorerst eingefroren. Im Falle von Huawei dürfte Trump vor allem auf Großbritannien schielen: Dort haben die lokalen Behörden soeben der Errichtung eines Forschungs- und Produktionszentrums von Huawei im Distrik South Cambrigdeshire zugestimmt. Großbritannien hat sich in den vergangenen Jahren dem US-Wunsch widersetzt, Huawei aus seiner Infrastruktur zu werfen.
Pompeos Zusage zum Gespräch kommt auch deshalb überraschend, weil die Amerikaner wenige Tage zuvor auf das Angebot nicht im Ansatz reagiert hatten. Nun will die US-Regierung offenbar die verhärteten Fronten etwas aufbrechen, wohl auch, weil die Präsidentschaftswahlen im November nicht zwingend eine Wiederwahl Trumps zur Folge haben müssen. Der Präsident ist durch die Corona-Krise massiv geschwächt, weil sein Vorzeigeprojekt, die Erholung der US-Wirtschaft, durch den Lockdown praktisch zum Erliegen gekommen ist. Neue Höchstwerte bei den Zahlen der Infizierten haben die Gouverneure einiger Bundesstaaten dazu veranlasst, die Öffnung der Wirtschaft wieder zurückzufahren. Zwar ist es denkbar, dass die Börse unmittelbar vor der Wahl zu neuen Höchstständen zurückfindet. Doch die Aktienmärkte haben sich mittlerweile so stark von der Realwirtschaft abgekoppelt, dass die hohe Arbeitslosigkeit anhalten und Trump damit die Wiederwahl kosten könnte.
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USA erwägen neue Zölle auf Exporte
EU-Präsidentin Ursula von der Leyen dürfte sich auch aus einem anderen Grund bereits auf eine mögliche Zeit nach Trump vorbereiten. Erst in dieser Woche hat das Büro des amerikanischen Handelsvertreters die EU mit der Drohung von neuen Zöllen unter Druck gesetzt. Die USA erwägen demnach neue Zölle auf Exporte in Höhe von 3,1 Milliarden US-Dollar für Waren aus Frankreich, Deutschland, Spanien und Großbritannien.
Der US-Handelsvertreter will europäische Exporte wie Oliven, Bier, Gin und Lastwagen mit neuen Zöllen belegen und die Zölle auf Produkte wie Flugzeuge, Käse und Joghurt erhöhen, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung. Die Erklärung enthält eine einmonatige öffentliche Frist zur Kommentierung bis zum 26. Juli, ist also ein formaler Prozess. Das kann durchaus als Verschärfung der Gangart verstanden werden.
Der Schritt fällt mit der sechs Monate dauernden Überprüfung der Zölle der Trump-Regierung auf europäische Waren zusammen, mit denen die Amerikaner auf die unzulässigen Subventionen von Brüssel für Airbus reagieren wollen. Wenn die USA neue Zölle einführen, könnten diese voraussichtlich bereits im September in Kraft treten. Zu diesem Zeitpunkt wird die WTO voraussichtlich entscheiden, ob die EU als Vergeltung für Amerikas ebenfalls unzulässige Subventionen für Boeing ihrerseits Zölle auf US-Waren im Wert von 11,2 Milliarden US-Dollar erheben kann. Damit wäre der Handelskrieg zwischen den USA und der EU perfekt. Das Problem für die EU-Kommission: Es ist nicht zu erwarten, dass die Spannungen mit einer möglichen Abwahl Trumps vom Tisch sind. Die Amerikaner könnten einen Deal mit der EU anstreben, der einen gemeinsamen harten Kurs gegen China als Gegenleistung für einen Verzicht auf einen Handelskrieg der transatlantischen Partner vorsieht.