Venezuela: Stromausfall lässt Hunderttausende im Dunkeln – Politische Intrige?
Caracas - Unzählige Venezolaner haben nach einem Stromausfall am Donnerstag auch frühen Freitagmorgen (Ortszeit) noch im Finstern sitzen müssen. 22 von 23 Staaten seien betroffen, berichteten einige Medien. Der weitreichendste Stromausfall seit Jahren sorgte in dem ohnehin politisch und wirtschaftlich angespannten südamerikanischen Krisenland für zusätzlichen Ärger.
Der Stromausfall am Donnerstagnachmittag fiel in die Zeit, zu der viele Menschen von der Arbeit nach Hause fahren. Tausende Pendler in der Hauptstadt Caracas setzten den Weg zu Fuß fort, nachdem die U-Bahnen stehen geblieben waren. Der Verkehr war wegen ausgefallener Ampeln chaotisch.
In einer Klinik im Osten der Hauptstadt fielen auch Notstromaggregatoren aus. Pflegepersonal überwachte die Lebenszeichen von Frühgeborenen bei Kerzenschein.
Staatliches Energieunternehmen spricht von Sabotage
Das staatliche Energieunternehmen Corpoelec sprach von Sabotage. „Wir sind im Stromkrieg erneut angegriffen worden“, sagte Energieminister Luis Motta im staatlichen Fernsehen und machte die USA verantwortlich. Kommunikationsminister Jorge Rodríguez sagte, rechte Extremisten, die Befehle des republikanischen US-Senators Marco Rubio aus Florida annehmen, steckten hinter dem Angriff. Die Absicht sei, Chaos anzurichten.
Regierungsfreundliche Beamte haben schon in der Vergangenheit die Opposition für Ausfälle des schlecht verwalteten und wenig gewarteten Stromnetzes verantwortlich gemacht.
Motta erklärte, das Kraftwerk Guri sei angegriffen worden. Welche Ausmaße der Stromausfall hatte, sagte er nicht. Er ging am Donnerstagabend von etwa drei Stunden aus, bis der Strom wieder da sei. Bis Mitternacht war der Stromfluss in Caracs und weiten Teilen aber noch nicht wiederhergestellt. Rodríguez bat im Staatsfernsehen um „etwas Geduld“. Wer zuhause sei, sollte dort bleiben. Wer an einem geschützten Ort oder bei der Arbeit sei, für den sei es besser, dort zu bleiben.
Menschen schlagen aus Protest auf Straße auf Töpfe
Einige Menschen zeigten ihren Unmut auf der Straße. In einem Viertel in Caracas begannen die Menschen, aus Protest auf Töpfe und Pfannen zu schlagen, andere riefen den Namen von Präsident Nicolás Maduro und Schimpfwörter. In den oft hyperaktiven Sozialen Medien war es überwiegend still – die meisten Menschen waren offline.
„Wie erklären Sie einer Mutter, die kochen muss, einem kranken Menschen, der von Maschinen abhängt, einem Arbeiter, der arbeiten soll, dass wir in einem mächtigen Land ohne Strom sind?“, schrieb der selbsternannte Übergangspräsident Juan Guaidó auf Twitter. Venezuela erlebt derzeit einen politischen Machtkampf zwischen Präsident Nicolás Maduro und Guaidó.
Venezuela wurde für sein Stromnetz einst in Lateinamerika beneidet. Wegen jahrelanger vernachlässigter Wartung und schlechter Verwaltung verfiel es aber. Hohe Beamte wurden vor US-Gerichten beschuldigt, Investitionen für den Energiesektor in die eigene Tasche gesteckt zu haben.
Stromausfälle sind in Venezuela nicht unüblich, der Ausfall vom Donnerstag hat jedoch größere Ausmaße als gewöhnlich. Die Preise für Strom sind in Venezuela sehr niedrig, sie betragen nur ein paar Dollar im Monat. (RND)