Verena Bentele: „Kinder werden offenbar auch in Zukunft kein Thema sein“

Der Sozialverband VdK vermisst im Wahlkampf konkrete Aussagen darüber, wie es den Menschen nach der Corona-Krise wieder besser gehen kann. 

Verena Bentele, frühere Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, ist Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland.
Verena Bentele, frühere Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, ist Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland.dpa/Soeren Stache

Berlin-In wenigen Wochen, am 26. September, ist Bundestagswahl. Den Umfragen nach liegt derzeit die Union vorn. Es folgen die Grünen, SPD, FDP, AfD und Linkspartei. Der Sozialverband VdK hat sich daher mal die Wahlprogramme der Parteien vorgenommen. Die Vorsitzende, Verena Bentele, sagte am Donnerstag: „Die neue Bundesregierung hat eine große Verantwortung dafür, wie sich die Folgen der Corona-Pandemie auf jeden Bürger auswirken, und daher muss jede Entscheidung von sozialer Gerechtigkeit geprägt sein. Das kann nur gelingen, wenn alle Bevölkerungsgruppen mitgenommen werden.“

Die Sozialexperten haben sich mehrere Punkte rausgepickt. Schlechte Noten gab es bei einer einmaligen Corona-Vermögensabgabe, die der Sozialverband fordert. Die habe nur die Linke im Programm, so Verena Bentele. Die Grünen und die SPD wollen eine Vermögenssteuer einführen, Union und FDP explizit nicht.

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Auch beim Thema Bildung schneiden die Parteien laut VdK mau ab.  Verena Bentele: Da gebe es „Leerstellen“ im Programm. Immerhin thematisiere die CDU den Punkt. Die Antwort erschöpfe sich aber leider darin, die Maßnahmen der jetzigen Bundesregierung aufzulisten. Die Grünen hätten als einzige einige Ideen – zum Beispiel wollen sie psychische Gesundheit auf den Lehrplan setzen. Verena Bentele: „Insgesamt ist das aus unserer Sicht aber ein Armutszeugnis, was die Parteien da anbieten oder eben nicht anbieten. Kinder waren in den vergangenen Monaten kaum Thema und werden es offenbar auch in Zukunft nicht sein.“  Und auch nur drei Parteien – Grüne, SPD und Linke – hätten eine Kindergrundsicherung im Programm.

Sozialverband sieht Nachholbedarf bei der Pflege

Auch beim Thema Pflege sieht der VdK Nachbesserungsbedarf: Verena Bentele sagte: „Wir begrüßen, dass es inzwischen bei allen Parteien als wichtiges Thema angekommen ist.“ Die Lösungen seien allerdings sehr unterschiedlich. FDP und CDU setzten mehr auf technische Lösungen. SPD und Grüne wollten eine Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige nach dem Vorbild des Elterngeldes einführen. Die Linke will etwas Ähnliches nach dem Vorbild der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.  

Auch bei der Debatte um die Rente ist der Verband alarmiert. Zwar sei die Rente mit 68 von allen Parteien dementiert worden, doch ob sie nach dem Wahlkampf wirklich vom Tisch sei, sei unklar, so der VdK. Verena Bentele: „Wir fordern, dass wirklich alle in alle Sozialversicherungen einzahlen müssen – vom Beamten bis zum Solo-Selbstständigen.“ Eine weitere Forderung des VdK  lautet, den Mindestlohn auf 13 Euro anzuheben. Die SPD verspricht im Wahlprogramm zwölf Euro. 

Immerhin: Gute Noten bekamen alle Parteien, weil sie Barrierefreiheit in ihren Wahlprogrammen thematisieren. Verena Bentele: „Was mich persönlich besonders freut: Barrierefreie Sporthallen und Schwimmbäder haben es gleich in vier Wahlprogramme geschafft – CDU, SPD, Grüne und Linke.“