Wahl in Griechenland: Wie Athen und die EU sich an den Rand des Abgrunds gebracht haben
Köln - Geschichte wiederholt sich: So wie aktuell die Äußerungen der Bundeskanzlerin in der Flüchtlingskrise die Europäer verwirren, so begann auch die Griechenland- oder wahlweise Euro- oder Europakrise mit zwei denkwürdigen Sätzen aus dem Mund der CDU-Chefin: „Griechenland ist Teil der EU. Griechenland wird nicht alleingelassen." Das war im Februar 2010, als Griechenland gerade zum ersten Mal tief in die Krise gerutscht war. Kurz darauf gaben die Eurostaaten Milliardenkredite.
Was folgte war ebenso einmalig wie meist unerklärlich selbst für Kenner der Politik- und Wirtschaftsszene: Das kleine Land im Südosten Europas, das gerade einmal zwei Prozent der Wirtschaftskraft der EU ausmacht, löste ein Erdbeben aus: eine scheinbar endlose Spirale aus Drohungen, Sparpaketen und Rettungspaketen. Und wieder einmal werden die geschundenen Griechen an diesem Sonntag an die Wahlurne gerufen. Wir dokumentieren kurz das griechische Drama mit den vielen Höhen- beziehungsweise Tiefpunkten.
Januar 2001: Griechenland tritt der Eurozone bei, nachdem es im Jahr 2000 die sogenannten Konvergenzkriterien des Maastrichter Vertrages erfüllt hatte – zumindest auf dem Papier.
November 2004: Es wird klar, dass sich Athen mit gefälschten Finanzdaten die Aufnahme in die Eurozone erschummelt hat. Alle Haushaltsdefizite waren in Wahrheit deutlich höher als nach Brüssel gemeldet, die neuen Schulden übertrafen jährlich die Obergrenze von drei Prozent der Wirtschaftskraft. Langjähriger Berater der Athener Regierung war übrigens die US-Investmentbank Goldman Sachs.
Oktober 2009: Die sozialdemokratische Regierung unter Giorgos Papandreou legt das ganze Ausmaß die Misere offen. Die konservative Vorgängerregierung hinterlässt ein Budgetdefizit von 12,7 Prozent – und damit doppelt so hoch wie angenommen - und Schulden von 350 Milliarden Euro.
Dezember: Die Ratingagentur Standard Poor’s stuft Griechenlands Kreditwürdigkeit herab. Es gibt erste Warnungen vor einer Staatspleite, der Kurs des Euro bricht ein. Kanzlerin Merkel beschwichtigt: „Ich bitte dies im Interesse einer sachlichen Diskussion nicht überzubewerten.“
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