Repräsentative WDR-Umfrage: Die Mehrheit der Deutschen will nicht mehr gendern
Nach einer Umfrage des WDR ist das Gendern kein wichtiges Thema mehr. Der Gender-Gap wird mehrheitlich abgelehnt. Vor zwei Jahren sah das noch ganz anders aus.

In den vergangenen Monaten ist die Debatte rund um das Gendern leiser geworden. Wird das Gendern also mittlerweile von den meisten Deutschen befürwortet? Eine repräsentative Umfrage des WDR belegt nun das genaue Gegenteil. Die Gruppe der Personen, die dem Gendern keine große Bedeutung zuschreiben, wird sogar immer größer.
Die Umfrage wurde von Infratest Dimap im Auftrag des WDR durchgeführt. Mehr als 1000 Personen nahmen im September 2022 an der Befragung zum Thema Gendern teil. Die Ergebnisse wurden anschließend mit einer Erhebung aus dem Jahr 2020 verglichen und jetzt veröffentlicht.
Gendergerechte Sprache: Frauen und Männer sind einer Meinung
Zwei Drittel der Befragten gaben an, dass gendergerechte Sprache kaum oder gar keine Rolle für sie spielt. Im Vergleich zur Umfrage aus dem Jahr 2020 hat sich die Zahl damit deutlich erhöht. Die Ablehnung ist bei der älteren Zielgruppe jedoch deutlich höher als bei jüngeren Personen. Geschlechtsbezogene Unterschiede konnten nicht festgestellt werden.
Dabei ist besonders interessant, dass 41 Prozent der Befragten angaben, dass das Gendern in ihren Augen „gar nicht wichtig“ sei. Diese Personengruppe ist um mehr als elf Prozent gewachsen. Nur noch 16 Prozent der Befragten halten das Gendern für ein wichtiges Thema.
Innerhalb der Berichterstattung stößt gendergerechte Sprache ebenfalls auf mehr Ablehnung als noch vor zwei Jahren. Mehr als 54 Prozent der Befragten bevorzugen die Verwendung der ungegenderten Sprache im Internet und in Zeitungen. Im Radio, bei Podcasts und im Fernsehen lehnen 52 Prozent die Gendersprache ab.
Während die Doppelnennung, beispielsweise die Verwendung der Begriffe Politikerinnen und Politiker im gleichen Satz, mehrheitlich Zuspruch erhält, wird das Pausieren innerhalb eines Wortes, der sogenannte Gender-Gap, mehrheitlich abgelehnt. Sowohl die Verwendung von Symbolen wie Sternchen in schriftlicher Form als auch eine sprachliche Pause lehnen zwei Drittel der Befragten ab – insgesamt mehr als 67 Prozent.
Welchen Einfluss haben die Ergebnisse auf das Programm des WDR?
Der Umgang mit gendersensibler Sprache im öffentlich-rechtlichen Rundfunk unterliegt bisher keiner einheitlichen Regelung. Die Verwendung neutraler Begriffe, der Gender-Gap oder aber die Doppelnennung: Alle drei Methoden finden beim WDR Anwendung. Welchen Einfluss die Ergebnisse der Umfrage auf das Programm des WDR haben werden, ist bisher nicht klar. Eine Anfrage der Berliner Zeitung wurde zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht beantwortet.
Der WDR veröffentlichte bereits ein kurzes Statement seines Programmdirektors Jörg Schöneborn: „Für uns im WDR sind die Ergebnisse vor allem mit Blick auf unsere journalistische Arbeit interessant, denn Sprache ist unser wichtigstes Handwerkszeug. Sprache ist ja etwas ganz Persönliches und wir wollen so sprechen wie unser Publikum. Und wenn wir feststellen, dass diese Sprechlücke abgelehnt wird, dann empfehlen wir auch, darauf zu verzichten.“
