Wer hat Angst vor Annalena Baerbock?

Die grüne Kanzlerkandidatin sagt ein Interview ab und die Bild am Sonntag spielt beleidigte Leberwurst. Das sagt viel über Politik und Medien aus.

Annalena Baerbock, mutig.
Annalena Baerbock, mutig.dpa/Fabian Strauch

Berlin-Sie können es nicht lassen: Annalena Baerbock ist zum Ziel zweier Diffamierungskampagnen geworden. Am Sonntag hat die Bild-Zeitung auf die Absage eines Interviews peinlicherweise damit reagiert, eine leere Seite zu drucken, über der geschrieben stand: „Dies wäre Ihre Seite gewesen, Frau Baerbock!“

Offenbar ist der Zeitung nicht bewusst, dass sie damit sich selbst schadet, denn viele feiern die grüne Spitzenpolitikerin nun dafür, der Bild eben kein Interview gegeben zu haben. Rückgrat habe sie damit gezeigt, also genau jene Eigenschaft, die ihre beiden Konkurrenten im Rennen um die Kanzlerschaft so schmerzlich vermissen lassen, jeder auf seine Weise: Scholz im Umgang mit Wirecard und Steuergeldern und Laschet im Umgang mit Flutopfern und überhaupt.

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Die zweite Kampagne kam aus Bayern, dem Land Söders, des Verschmähten: Leihautoanbieter Sixt ließ Baerbocks Konterfei mit heruntergezogenen Mundwinkeln auf Werbeplakate drucken, auf denen steht: „Sie verwenden ungern Eigenes?“ Damit bewirbt die Firma einerseits ihre Autos und erinnert andererseits unlustigerweise zum tausendsten Mal daran, dass Baerbock für ihr Buch abgeschrieben haben soll. Pikant daran ist, dass Sixt kurz zuvor auch noch eine Großspende an die CSU geleistet hat, über 120.000 Euro.

Immer wieder heißt es jetzt in Talkrunden, die Parteien hätten schlicht die falschen Kandidaten aufgestellt, deshalb verlaufe der Wahlkampf so ungut. Für CDU und SPD mag das stimmen, doch langsam kommt der Verdacht auf, dass die Grünen im Gegenteil genau die richtige Kandidatin haben.

Wer so viel ungerechten Gegenwind bekommt, wem jeder noch so kleine Patzer im Gegensatz zu viel größeren politischen Verfehlungen der Konkurrenz ein ums andere Mal vorgeworfen werden muss, vor dem ist die Angst wohl ziemlich groß – dass er oder sie etwas ändert in diesem Land. Baerbock legt als Umweltschützerin, Frau und Mutter, zudem vergleichsweise jung, den Finger in gleich vier Wunden Deutschlands, deren nachhaltige Thematisierung mächtigen Altherrenriegen wohl nicht passt. Und dann ist sie auch noch kampfeslustig. Diese Kombination scheint in manchem Machtzirkel – trotz schlechter Umfragewerte Baerbocks – mächtige Sorge auszulösen, wenn solche Aktionen trotz der eigenen Fehler der Grünen für nötig erachtet werden.