Wiederaufbau des Berliner Schlosses: Berlin bekommt seinen Palast zurück
Berlin - Die Baumaschinen stehen schon bereit. Fast 62 Jahre nach dem Abriss des im Krieg schwer beschädigten Berliner Schlosses beginnen an diesem Donnerstag die Arbeiten für seinen Wiederaufbau. Gegen 12 Uhr mittags sollen Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU), Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) auf dem Schlossplatz in Mitte symbolisch das Startsignal geben. „Danach werden die Arbeiten mit schwerem Gerät beginnen“, sagt Bernhard Wolter, Sprecher der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum. Die Stiftung fungiert als Bauherrin des Projekts, das unter dem Namen Humboldtforum bis zum Jahr 2019 entstehen soll.
Der Baustart markiert den Auftakt für eines der umstrittensten Vorhaben in der Hauptstadt. Gegner kritisieren die Rekonstruktion der Barockfassaden als rückwärtsgewandt. Aus Sicht der Befürworter wird dagegen nun eine städtebauliche Wunde in der Mitte Berlins geheilt. Geplant ist, dass auf dem Grundriss des früheren Schlosses ein Neubau entsteht, den an der Nord-, West- und Südseite die Barockfassaden der einstigen Hohenzollernresidenz zieren. Die Ostseite soll modern gestaltet werden.
Mit Bruders Hilfe
Den Plan für das Humboldtforum hat der italienische Architekt Franco Stella entworfen, der sich in einem internationalen Wettbewerb durchgesetzt hat. Dass Stella als Chefplaner fungieren darf, verdankt er nicht nur der Wettbewerbsjury, sondern auch dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Dieses wies im Jahr 2009 Beschwerden gegen die Beauftragung zurück. Kritiker hatten Stella vorgeworfen, dass er nicht, wie für die Teilnahme am Wettbewerb verlangt, von 2004 bis 2006 mindestens drei Mitarbeiter beschäftigt hat. Stella legte dem Gericht jedoch Unterlagen vor, wonach er die drei Architekten sehr wohl beschäftigt hat. Die Firmengruppe seines Bruders hatte sie ihm offenbar vertraglich überlassen. Am Ende musste nur der Vertrag mit Stella aus formalen Gründen neu geschlossen werden, und der Architekt durfte weitermachen.
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Anders als das alte Schloss zu Kaisers Zeiten dient das neue Schloss nicht den Mächtigen, sondern den Bürgern: Es soll einer der größten Kulturbauten der Bundesrepublik werden. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz will hier ihre außereuropäischen Sammlungen präsentieren – gegenüber der Museumsinsel, die den europäischen Kulturen mitsamt ihren nahöstlichen Wurzeln gewidmet ist. Die Humboldt-Universität soll ihre wissenschaftsgeschichtlichen Sammlungen zeigen und die Zentral- und Landesbibliothek passende Bestände dazu präsentieren. Ziel ist, einen Ort für den Dialog der Weltkulturen zu schaffen.
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Für den Bau des Humboldtforums stehen 590 Millionen Euro zur Verfügung. Davon zahlt der Bund 478 Millionen Euro, das Land Berlin übernimmt 32 Millionen. 80 Millionen Euro für die Rekonstruktion der Barockfassaden will der Förderverein Berliner Schloss aus Spenden aufbringen. „Bisher sind mehr als 20 Millionen Euro eingegangen“, sagt der Vereinsgeschäftsführer Wilhelm von Boddien. Darüber hinaus gebe es Zusagen für weitere 12 Millionen Euro.
Schlüters Verhängnis
590 Millionen Euro werden freilich nicht ausreichen, wenn das Schloss mit all jenen Schmuckelementen errichtet werden soll, die auf den veröffentlichten Computersimulationen zu sehen sind. Die Rekonstruktion der Kuppel nach historischem Vorbild sowie der Wiederaufbau von drei Innenportalen schlagen mit weiteren 25,2 Millionen Euro zu Buche. Diese Bauelemente sollen ebenfalls aus Spenden finanziert werden.
Die Gründungsarbeiten, die jetzt offiziell beginnen, sind so etwas wie der erste Spatenstich für das Schloss. Der Grundstein soll nächstes Jahr gelegt werden, die eigentlichen Bauarbeiten sind für 2014 terminiert. Die Gründungsarbeiten beginnen an der nordwestlichen Seite des Schlossplatzes. Dort müssen zunächst 200 bis 300 Eichenpfähle aus dem Boden gezogen werden, die mehrere hundert Jahre alt sind. Sie stammen von der Gründung des historischen Münzturms, den der frühere Schlossbaumeister Andreas Schlüter von 1701 an auf eine Höhe von mehr als 100 Metern aufstocken sollte. Wegen des schlechten Baugrundes neigte sich der Turm schon 1704, wurde nach vergeblichen Rettungsversuchen teilweise abgetragen und fiel 1706 schließlich ganz zusammen. Für Schlüter war dies das Ende seiner Karriere als Schlossbaumeister. „Der Vorfall ist für uns auch heute noch Warnung vor dem schlechten Baugrund“, sagt der Geschäftsführer der Stiftung Berliner Schloss-Humboldtforum, Manfred Rettig.
Noch eine Havarie darf es hier nicht geben. Schon weil künftig die U-Bahn-Linie 5 an dieser Stelle unter dem Schlossplatz fahren soll. Sicherheitshalber soll das Erdreich deswegen ausgetauscht werden. Anschließend wird die Fläche mit Sand und Kies verfüllt und verdichtet. Die Grünfläche auf dem Schlossplatz, die sich an der Stelle befindet, wo einst der Palast der Republik stand, wird bis Ende dieses Jahres bleiben. Dort beginnen die Bauarbeiten erst im nächsten Jahr.