Berliner Zahlensalat: Was sollen einem die ganzen Wahlumfragen eigentlich sagen?
Bei ARD und ZDF liegt die CDU eine Woche vor der Berliner Wiederholungswahl klar vorn. Am Ende könnte einer verlieren, der doch eigentlich gewonnen hat.

Eine gute Woche vor der Wiederholungswahl in Berlin prasseln die Zahlen nur so ein auf das Wahlvolk. Innerhalb von 24 Stunden veröffentlichte erst die ARD ihren „Deutschlandtrend“, danach das ZDF sein „Politbarometer“. Sowohl Infratest Dimap (für die ARD) als auch die Forschungsgruppe Wahlen (fürs ZDF) sehen die CDU als stärkste Partei (25 beziehungsweise 24 Prozent).
In beiden Umfragen landet die SPD auf Platz zwei (19 Prozent bei der ARD, 21 Prozent beim ZDF) vor den Grünen, die bei beiden Instituten auf 18 Prozent kamen. Auch die weitere Reihenfolge ist identisch, die Ergebnisse unterscheiden sich allenfalls in Nuancen: Die Linke liegt vor der AfD. Am Ende steht die FDP, die aber in beiden Umfragen über der Fünf-Prozent-Hürde fürs Abgeordnetenhaus bleibt. Was heißt das für die Stadt nach dem Wahltag, dem 12. Februar?
Das Wichtigste vorweg: Mehr Wahlhelfer, mehr Wahlkabinen und eine bessere Logistik für die Stimmzettel sollen dafür sorgen, dass Berlin nicht erneut zur Lachnummer der Republik wird. Könnte klappen. Nicht einmal die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) will noch internationale Wahlbeobachter schicken. Zuletzt hat das Bundesverfassungsgericht sogar einen Eilantrag auf Verschiebung der Wahl abgelehnt. Ein Fortschritt? Na ja. Noch gibt es aus Karlsruhe keine endgültige Entscheidung.
Und jetzt die beiden Umfragen mit ihren verwirrend vielen Zahlen. Aus diesen Zahlen und vorherigen Umfragen lassen sich drei Thesen ableiten: Zum ersten Mal seit langer Zeit könnte es in Berlin wieder einen klaren Wahlsieger geben. Die CDU liegt überall mit gutem Vorsprung an der Spitze. Zweitens dürfte die bislang führende SPD vor den Grünen bleiben. Drittens bliebe die FDP im Parlament. Vor allem für den designierten Wahlsieger wären die Konsequenzen bitter.
Solange das so bleibt, wären rechnerisch unterschiedliche Koalitionen unter Führung der CDU möglich, Spitzenkandidat Kai Wegner könnte Regierender Bürgermeister werden. Doch alle diese Spielereien sind sehr unwahrscheinlich. Niemand außer der natürlichen Partnerin FDP hat sich bisher zu einem Bündnis mit der CDU bekannt. Schlimmer noch für die Christdemokraten und ihren Vormann Wegner: Niemand braucht sie zum (Weiter-)Regieren. Erst wenn die Grünen die SPD überholen würden – und danach sah es noch vor einer Woche aus –, könnte sich das ändern. Dann könnten sich die Sozialdemokraten für eine schwarz-rot-gelbe Deutschland-Koalition interessieren.
Trotz aller Verluste hätte die aktuelle rot-grün-rote Koalition weiter eine Mehrheit. Bei der ARD waren es 49 Prozent, beim ZDF 50 Prozent. Die Opposition aus CDU, AfD und FDP kam nach allen Umfragen auf rund 40 Prozent. Die CDU müsste also erdrutschartig zulegen, um die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen. Die restlichen zehn Prozent der Wählerstimmen verteilen sich auf die Parteien, die es nicht ins Parlament schaffen.
Trotz Friedrichstraßen-Zoff und Enteignungsstreit: Rot-Grün-Rot hat in Berlin noch viele Gemeinsamkeiten
Nun knirscht es bekanntlich zwischen den drei Berliner Regierungsparteien, und manchmal kracht es auch. Sei es wegen einiger Meter Friedrichstraße, sei es wegen gewaltiger ideologischer Unterschiede in Sachen Wohnungsbau und Enteignung. Dennoch heißt es von SPD und Grünen, dass man inhaltlich immer noch gut miteinander könne, besser jedenfalls als mit der CDU. Die Linken sind mangels einer Alternative ohnehin für ein Weiter-so.
Das stärkste Argument für die Fortsetzung der Koalition ist aber, dass die SPD vor den Grünen liegt. Sie würde stärkste Partei bleiben, Franziska Giffey das Rote Rathaus verteidigen. Kein Grund also für einen Wechsel zur CDU. Und solange die FDP im Parlament bleibt, würde allenfalls Jamaika – also Schwarz-Grün-Gelb – noch Sinn ergeben. Wer’s glaubt.
Am Ende noch eine Zahl, die letzte, versprochen! Rund 40 Prozent der Teilnehmer an den beiden Umfragen sind sich noch nicht sicher, für wen oder ob sie überhaupt abstimmen wollen. Noch eine Woche bis zur Wahl!