Xi Jinping bei Putin im Kreml: Was bedeutet das Treffen für die Ukraine und den Westen?
Zum ersten Mal seit dem russischen Überfall auf die Ukraine besucht Chinas Präsident Wladimir Putin. Wie schauen Experten auf die Moskau-Peking-Achse?

Die Welt schaut gespannt nach Moskau. Am Montag erwartet Wladimir Putin im Kreml den chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Über zwei Tage werden beide Staatschefs ihre „strategische Partnerschaft ohne Grenzen“ zelebrieren und vor allem: dem Westen Einigkeit vorleben. Sowohl für Putin als auch für Xi ist das Treffen in der russischen Hauptstadt brisant. Aber auch Kiew schaut gespannt auf die Begegnung und erwartet im Nachgang womöglich selbst Chinas Präsidenten.
Die Reise Xi Jinpings nach Moskau stellt den Gegenbesuch dar. Es ist eine Reaktion auf Putins Reise im vergangenen Jahr kurz vor dem Überfall auf die Ukraine, als der russische Präsident Peking anlässlich der Eröffnung der Olympischen Winterspiele besuchte. „Das Treffen soll die politische Allianz zwischen China und Russland deutlich machen“, sagt Gerhard Mangott, Russland-Experte und Professor für Internationale Beziehungen an der Universität Innsbruck. So solle das Bild in die Welt transportiert werden, Putin sei nicht isoliert. „China hat zwar den Krieg Russlands in der Ukraine nicht befürwortet, aber eben auch nicht negativ beurteilt“, so Mangott.
Für den Russland-Experten ist die zentrale Botschaft: „Die Achse Moskau-Peking ist von diesem Krieg unberührt und wird in Zukunft noch weiter intensiviert.“ Der „kollektive Westen“, wie russische Staatsmedien schreiben, und auch der globale Süden seien die Hauptadressaten des ersten bilateralen Treffens zwischen beiden Präsidenten seit über einem Jahr. Für Putin sei es elementar, Washington, Brüssel und Berlin zu zeigen, dass er international nicht vollständig isoliert ist.
Das Treffen der beiden Staatschefs verdeutlicht auch die Wiederannäherung zwischen Russland und China. Denn auch das Reich der Mitte leidet unter den Folgen des russischen Angriffskrieges. So haben Diplomaten und Staatsbeamte in Peking durchblicken lassen, dass der Krieg in der Ukraine für chinesische Interessen unkonstruktiv sei. Stichwort unterbrochene Lieferketten und steigende Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt. Auch vor dem Einsatz nuklearer Waffen warnt das politische Peking immer wieder.
Die gestärkte Moskau-Peking-Achse
„Spätestens seit Anfang des Jahres beobachten wir, wie China wieder verstärkt an der Seite Russlands steht“, sagt China-Expertin Angela Stanzel von der Stiftung Wissenschaft und Politik. „China kauft weiterhin vergünstigtes Öl und Gas aus Russland, was Putin finanziell weiter am Leben hält“, sagt Stanzel. Sie vermute, dass Xi Jinping mit seinem Moskau-Besuch die strategischen Beziehungen zu Russland verstärkt pflegen möchte und Putin weiterhin Unterstützung anbiete. Aber auch Gespräche zum möglichen Kriegsende werde es in Moskau höchstwahrscheinlich geben.
Dabei vermeldeten erst kürzlich mehrere Medien, dass chinesische Unternehmen Waffen an Russland liefern. Das US-Medium Politico berichtete über eine Lieferung von 1000 Sturmgewehren. Dabei beruft sich die Tageszeitung in ihren Recherchen auf Zoll- und Handelsdaten. Demnach seien die Waffen für den zivilen Gebrauch deklariert, könnten in der Theorie aber auch im Kriegseinsatz verwendet werden.
Fährt Xi auch nach Kiew?
Auch 900 Kilometer südwestlich von Moskau – in Kiew – schaut man gespannt auf das Treffen zwischen Putin und Xi. „Für die ukrainische Führung ist es wichtig, dass sich China nicht vollständig auf die Seite Russlands stellt“, sagt Politik-Professor Mangott. So habe die ukrainische Führung das Positionspapier Chinas zum Krieg – im Gegensatz zu den westlichen Partnern – nicht sofort als irrelevant und untauglich bezeichnet. Gerüchten zufolge könnte Xi Jinping nach seinem Moskau-Besuch nach Kiew reisen oder zumindest eine Videokonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj abhalten.

Zudem haben erst am Donnerstag die ukrainischen und chinesischen Außenminister miteinander telefoniert. Es war das erste Telefonat zwischen Dmytro Kuleba und Qin Gang. So habe China auch in der Ukraine Interessen geopolitischer und ökonomischer Natur. „Ein Anschlussbesuch von Xi mit Selenskyj würde in das Image Chinas passen, da es versucht, sich als Friedensvermittler zu positionieren“, sagt China-Expertin Stanzel. Schon die Vermittlerrolle zwischen dem Iran und Saudi-Arabien habe China wohlwollend angenommen. Nun versuche Xi das Narrativ des Schlichters international zu verfestigen.
Den vage formulierten Friedensplan kritisiert Stanzel jedoch als substanzlos. Es gebe keinerlei Details darüber, wie man beide Seiten tatsächlich an einen Tisch bekommen würde. Stattdessen fordert Stanzel eine Konkretisierung des Friedensplans und Aussicht auf Zusagen seitens Wladimir Putins. Auch Russland-Experte Mangott vermutet, dass „die USA den Chinesen mit ihren Friedensversuchen nicht trauen werden“. Für Washington sei das Verhältnis zwischen Xi und Putin zu eng, und man erwarte daher nicht, dass China ein objektiver Makler zwischen der Ukraine und Russland sein werde.
Fest steht, dass Xi Jinpings Besuch in Moskau zeigen soll: Der vom Westen erhoffte Bruch zwischen Peking und Moskau ist nicht eingetreten. China teilt in vielerlei Hinsicht weiterhin die Interessen Russlands und hat auch kein Interesse daran, dass Putin als Verlierer aus diesem Krieg hervorgeht.
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