Pressestimmen zu Angela Merkel: Die Staatsfrau des Jahres

In diesem Jahr der internationalen Krisen haben sich die Augen der Welt mehr als je zuvor auf Angela Merkel gerichtet. Magazine in England, Frankreich oder den USA haben der Kanzlerin große Geschichten gewidmet und erzählen stets staunend davon, wie sie zur mächtigsten Frau der Welt geworden ist. Immer wieder rekapitulieren sie ihre Biografie im Osten, bewundern ihre naturwissenschaftliche Art des Denkens, loben ihren Geist und Witz, wundern sich über ihre Fähigkeit, politische Gegner zu vernichten – selbst die im eigenen politischen Lager. Konsens scheint allerorten: Wer in Europa etwas erreichen will, ruft heute nicht mehr in Paris oder London an, sondern im Kanzlerinnenamt in Berlin. Vor allem, wenn es um den Ukraine-Konflikt geht.

Sie habe öfter mit Putin gesprochen als Obama, Hollande oder Cameron, notierte der Reporter George Packer in seinem großen Merkel-Stück im New Yorker kürzlich und zitiert einen Berater der Kanzlerin: „Sie hat eine Art mit ihm zu sprechen, die sonst keiner beherrscht. Cameron und Hollande rufen ihn an, damit sie sagen können, dass sie wichtige Weltpolitiker sind und mit ihm gesprochen haben.“ Merkel redet mit Putin, bis es richtig unangenehm wird und bietet ihm dennoch einen Ausweg an. Vor allen Dingen versucht sie zu verstehen, wie er denkt. ‚So wie Russland heute agiert, kann man wirklich zornig werden, doch ich zwinge mich zum Dialog, unabhängig von meinen Gefühlen‘, sagt die Kanzlerin.“

Der Unterschied zwischen zwei Politikern könne nicht größer sein als der zwischen Merkel und Putin, schreibt der britische Historiker Timothy Garton Ash in einer Hommage an die Kanzlerin, die nun im Guardian erschien. „Hier der russische Mann: Macho, Militarist, Lügner sowjetischen Stils, ein gekränkter postimperialer Nationalist, der Russland mit einem kampfbereiten Bären vergleicht. Dort die deutsche Frau: eine Politikerin der kleinen Schritte, ruhig und offen, konsensorientiert, auf wirtschaftliche Stärke setzend, geduldig beobachtend, wie sich die multikulturelle, Souveränität teilende europäische Schildkröte langsam voranbewegt. Methoden des 19. Jahrhunderts treffen auf die des 21. Jahrhunderts. Mars, der Gott des Kriegs, trifft auf Merkur, den Gott des Handels, Gewehre auf Butter.“ Anfangs habe der Bär das Rennen gemacht, aber nun mit dem allmählichen Zusammenbruch der russischen Wirtschaft, sehe es so aus, als ob die Schildkröte am Ende die Nase vorn habe.

Ash kritisiert zwar weiterhin – und auch zu Recht – Merkels Politik in der Eurokrise, doch er „kann nur bewundern, wie sie der Rückkehr des Kriegs nach Europa begegnet ist, ziemlich genau 100 Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs. (…) Wir leben in gefährlichen Zeiten, und 2015 bringt gewiss noch größere Herausforderungen. Doch am Ende dieses Jahres zögere ich nicht mit der Schlussfolgerung: Angela Merkel ist die Staatsfrau des Jahres.“ Was für ein hübsches Weihnachtsgeschenk für die Kanzlerin.