Prostitution in Deutschland: Die Ware Sex
Bevor Sie weiterlesen, sollten Sie wissen, dass dieser Text nicht ganz jugendfrei ist. Wenn man die Situation der Prostituierten in Deutschland ehrlich beschreiben will, kommt man um hässliche Schilderungen nicht herum. Dann muss man die Huren erwähnen, die in Laufhäusern täglich 13 Stunden am Stück Freier bedienen müssen. Die in „Geiz macht geil“-Flatrate-Bordellen arbeiten, in denen der Mann für 49 Euro Sex haben kann, bis er nicht mehr kann. Man muss die Puffs nennen, die mit Gangbang-Partys werben, in denen Männer Vergewaltigung spielen können und die Prostituierten es angeblich nicht erwarten können, mit so vielen Freiern wie möglich gleichzeitig Sex zu haben, bis sie wund sind. Und man muss von den Huren sprechen, die sich auf dem Straßenstrich für 20 Euro verkaufen, oder von den Sextouristen, die Pufftouren durch das Erotikparadies Deutschland buchen.
Prostitution in Deutschland bedeutet für viele Frauen harte Arbeit für wenig Geld. Das heißt nicht, dass es keine selbstbestimmten und selbstbewussten Huren gibt, die kein Problem damit haben, ihren Körper zu verkaufen. Natürlich gibt es auch diese Frauen, und man kann ihre Empörung verstehen, wenn Alice Schwarzer sie alle pauschal zu Opfern degradiert. Für die Emma-Herausgeberin ist es schlechterdings unvorstellbar, dass sich jemand aus freien Stücken prostituiert. Damit bestätigt ausgerechnet die Feministin nicht nur das Klischee vom schwachen Geschlecht. Sie verharmlost mit der Gleichsetzung von Armuts- und Zwangsprostitution auch den verbrecherischen Missbrauch von Menschen. Es ist sehr wohl ein Unterschied, ob eine junge Frau aus Osteuropa in Deutschland auf den Strich geht, weil sie hofft, damit mehr Geld als in ihrer Heimat zu verdienen. Oder weil sie von Menschenhändlern dazu gezwungen wird. Dies alles prangert Schwarzer zudem auf der Basis unbekannter Zahlen an, denn niemand weiß, wie viele Frauen in der Branche zufrieden mit ihrer Arbeit sind, lieber heute als morgen aussteigen würden oder gar mit Gewalt und psychischem Druck gezwungen werden.
Ein bisschen kann man Schwarzers Furor dagegen verstehen, wenn man sich mit dem Milliardengeschäft Prostitution beschäftigt und sich fragt, wer eigentlich daran verdient? Es sind offenbar nicht diejenigen, die das Geld anschaffen.
Rot-Grün wollte die Situation von Prostituierten per Legalisierung 2002 verbessern. Das ist, so viel kann man sicher sagen, gescheitert. Von dem Recht, in die Sozialkassen einzuzahlen, machen derzeit nur 44 Prostituierte Gebrauch. Prostitution ist zwar nicht mehr sittenwidrig, mit dem Schmuddelimage müssen die Frauen trotzdem weiter leben. Zugleich verkauft sich die Ware Sex besser denn je. Und da sind es vor allem die Bordellbetreiber, die von der Liberalisierung profitiert haben. Sie konnten in den vergangenen Jahren ungehindert von behördlichen Auflagen und Kontrollen ein Etablissement nach dem anderen eröffnen und sogar großflächig für ihre Edelpuffs werben, als wären es Spaßbäder.
Muss man Prostitution also verbieten, wie die Schweden oder die Franzosen, die in der Nationalversammlung am Mittwoch für ein solches Verbot stimmen wollten? Lässt sich das angeblich älteste Gewerbe der Welt damit abschaffen, wie Alice Schwarzer hofft? Müssten Pornos dann nicht genauso verboten werden? Schauen wir kurz nach Schweden. Dort riskieren Freier Geldstrafen und sogar Haft. Prostitution sei so gut wie verschwunden, feiern die Befürworter. Na ja. Dass man daran Zweifel haben kann, zeigen schon die vielen einschlägigen Treffer, wenn man bei Google Stockholm und Escort eingibt. Man könnte auch in den baltischen Nachbarländern nachfragen, was sie davon halten, dass schwedische Männer bevorzugt als Sextouristen zu ihnen kommen.
Es ist deshalb wohltuend, dass selbst konservative Unionspolitiker in Deutschland nichts von einem Verbot halten, weil es die Prostitution nur in die Illegalität drängen würde. Unbestritten ist aber auch, dass es so, wie es jetzt ist, nicht bleiben kann. Es ist unerträglich, dass Zuhälter Prostituierte anweisen dürfen, nackt zu arbeiten, keinen Freier abzulehnen und für jede sexuelle Praxis zur Verfügung zu stehen. Unverständlich ist auch, dass bislang niemand geschaut hat, ob ein Betreiber, der ein Bordell eröffnen will, vorbestraft ist. Es ist geradezu absurd, dass es keiner Erlaubnis bedurfte, ein Bordell zu eröffnen. Jede Würstchenbude wird strenger kontrolliert. Das alles wollen Union und SPD zum Glück nun ändern. Es kann sein, dass die Arbeit durch die Auflagen für manche Prostituierte schwieriger wird. Das Gros der Frauen sollte davon profitieren.