Haarausfall: Welche Mittel helfen? Wie funktioniert eine Haartransplantation?

Eine Apothekerin und ein Haarchirurg erklären, welche Mittel gegen Haarausfall wirklich helfen, was man mit Blutplasma erreichen kann, wie transplantiert wird.

Haarausfall empfinden viele Menschen als störend.
Haarausfall empfinden viele Menschen als störend.Zentrum für moderne Haartransplantation

Bei den einen wird das Haar immer lichter, bei anderen bildet sich eine Platte. Richtig glücklich ist wohl kaum jemand, wenn die Kopfhaare ausfallen und sich abzeichnet, dass man eine Glatze bekommt. Es ist ein Schicksal, das kaum jemand kampflos hinnehmen möchte. Und das muss man auch nicht.

Es gibt heutzutage viele Möglichkeiten, den Haarausfall zu stoppen, das Wachstum wieder anzuregen oder aber die kahlen Stellen zumindest optisch so zu kaschieren, dass es niemandem auffällt.

Wann spricht man von Haarausfall?

Grundsätzlich verlieren wir alle jeden Tag unzählige Haare. Das ist Teil des natürlichen Erneuerungsprozesses. Ein Haar kann bis zu sieben Jahre alt werden. Fällt es aus, wächst rasch ein neues nach. Pro Tag verlieren wir bis zu 100 Haare – zählen Sie nach, wenn Sie unsicher sind. Wenn es mehr sind und das über Wochen anhält, spricht man von Haarausfall, medizinisch Effluvium.

„Bei Männern ist der Haarausfall häufig erblich bedingt, er kommt in der Familie also gehäuft vor“, weiß der Haarchirurg Reza Azar vom Zentrum für moderne Haartransplantation in Charlottenburg. „Zumeist wird diese Ursache des Haarausfalls vom Vater an den Sohn vererbt. Wenn also der Vater diese Form des Haarausfalls hat, wird der Sohn mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 60 bis 70 Prozent in ähnlicher Form und in ähnlichem Alter auch davon betroffen sein.“

Allerdings, so der Arzt, könne „der erblich bedingte Haarverlust auch mütterlicherseits vererbt werden. Hier sollte man insbesondere den Haarstatus des Opas, also des Vaters der Mutter, sowie des Onkels, des Bruder der Mutter, betrachten“.

Die zweithäufigste Form bei Männern ist der kreisrunde Haarausfall, bekannt als Alopecia areata. „Das ist eine Autoimmunerkrankung, von der etwa zwei bis drei Millionen Männer in Deutschland betroffen sind“, so Mediziner Reza Azar. Die Ursachen sind noch nicht genau geklärt. Fest steht nur, dass das Immunsystem die Zellen der Haarwurzel angreift, weshalb es zu Entzündungen kommt und die Haare nicht mehr wachsen. Hiervon können vor allem auch junge Menschen betroffen sein.

Hinzu kommen jene Formen, die etwa durch die Einnahme von Muskelaufbaupräparaten (Anabolika, Keratin) verursacht werden. Auch bestimmte Medikamente und Krankheiten können zu Haarausfall führen. „Darüber hinaus sehen wir seit einiger Zeit, dass Menschen nach einer Corona-Infektion oder der Impfung Haarausfall bekommen, Frauen häufiger als Männer“, sagt der Arzt. Bei Frauen kann es auch nach einer Entbindung und der damit verbundenen Hormonumstellung zum Haarausfall kommen.

Auch Frauen können unter erblich bedingtem Haarausfall leiden, wobei hormonell bedingte Erkrankungen eine größere Rolle spielen, sagt Reza Azar: „Häufig diagnostizieren wir eine Schilddrüsenunter- oder Überfunktion, die jeweils im engen Zusammenhang mit dem Haarausfall steht. Die Hormone sind bei Frauen der wichtigste Faktor, wenn es um Haarausfall geht.“ Bei den meisten Frauen ist der Haarausfall eher diffus, also nicht lokal beschränkt, sondern sozusagen gleichmäßig über den Kopf verteilt.

Viele Menschen bemerken den Haarausfall erst, wenn deutlich die Kopfhaut zu sehen ist. Dies kann man in der Regel zunächst zu Hause selbst therapieren oder sich von einem Hautarzt oder einer Hautärztin beraten lassen. Von speziellen Nahrungsergänzungsmitteln, die den Haarwuchs stimulieren sollen, rät Reza Azar ab: „Dass es in Europa einen diesbezüglichen Mangel gibt, der zum Haarausfall führt, ist extrem selten. Die meisten Patienten sind gut mit Vitaminen und Spurenelementen versorgt.“

Welche Mittel helfen wie bei Haarausfall?

Präparate mit dem Wirkstoff Minoxidil helfen bei anlagebedingtem Haarausfall. „Hier ist Durchhalten wichtig. Nur wenn die Mittel konsequent jeden Tag nach Vorschrift angewendet werden, zeigen sich nach zwei bis vier Monaten erste Resultate“, sagt Apothekerin Dr. Ursula Sellerberg, stellvertretende Sprecherin der Bundesapothekerkammer.

Minoxidilhaltige Mittel gibt es als Spray und Schaum, sie sind apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtig. „Tragen Sie das Produkt aber nicht unmittelbar vor dem Schlafengehen auf, weil Sie es sonst auf dem Kissen haben und möglicherweise ins Gesicht bekommen“, warnt die Expertin. „Darüber hinaus sollten Sie Ihre Haare auch nicht föhnen, weil der Wirkstoff sonst verdunstet.“

Bei leichtem, genetisch bedingtem Haarausfall können Sie auch Präparate mit dem Wirkstoff Alfatradiol kaufen. Die entsprechenden Mittel sind nicht verschreibungspflichtig, können aber nur in der Apotheke gekauft werden. „Ob dieses oder ein anderes Präparat passend ist, kann man im Beratungsgespräch in der Apotheke erörtern“, sagt Dr. Ursula Sellerberg.

Zudem gibt es Tabletten, die Finasterid enthalten. Diese bekämpfen gezielt den genetisch bedingten Haarausfall. Sie sind verschreibungspflichtig und nicht für Frauen im gebärfähigen Alter geeignet. „Finasterid blockiert ein Enzym, das das männliche Geschlechtshormon Testosteron in Dihydrotestosteron umwandelt, das sogenannte DHT. Darauf reagieren die Haarwurzeln empfindlich.

Allerdings sollte man die Einnahme von Finasterid-haltigen Tabletten gut abwägen, weil es zu Erektionsstörungen und Libidoverlust kommen kann. „Darüber hinaus lässt sich die Wirkung des Medikaments auch erst nach mehreren Monaten bewerten. Wer Resultate sehen möchte, braucht deshalb einen langen Atem“, erklärt Apothekerin Dr. Ursula Sellerberg. Sobald das Haar wieder wächst, darf man die Tabletten aber nicht absetzen, wie die Expertin weiß: „Ansonsten beginnt der Haarausfall binnen eines Jahres erneut.“

Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für keinerlei Haarwuchsmittel, weil Haarausfall nicht als Krankheit gilt, die Behandlung als medizinisch nicht notwendig eingestuft wird – unabhängig vom individuellen Leidensdruck.

Es gibt auch diverse Haarwuchsprodukte in Drogerien, die jedoch als Kosmetikum gelten und deren Wirksamkeit in der Regel nicht wissenschaftlich belegt ist. Koffein, Biotin, Kieselsäure und andere Wirkstoffe können das Haar stärken. Ob sie aber einen sicht- und messbaren Effekt auf den tatsächlichen Haarverlust haben, ist nicht eindeutig geklärt.

„Die Datenlage reicht nicht aus, um eine Empfehlung auszusprechen, aber versuchen kann man das sicher“, so die Apothekerin. „Wenn sich nach spätestens einem halben Jahr keine deutliche Besserung zeigt, sollte man das Produkt wechseln oder tatsächlich medizinischen Rat einholen.“

Was rät der Arzt?

Viele denken bei starkem Haarausfall schnell an eine Haartransplantation und scheuen sich vor hohen Kosten. Aber nicht immer muss es gleich eine OP sein, wie Reza Azar sagt: „Wir haben hervorragende Erfahrungen mit der Eigenplasma-Therapie gemacht. Auf diese Art kann man dem Haarausfall sehr effektiv entgegenwirken, das gesunde Wachstum erneut anregen und den gesunden Zustand langfristig halten.“

Manchmal ist die Therapie mit dem sogenannten plättchenreichen Plasma, kurz: PRP, die Vorstufe zur Transplantation, etwa wenn sich schon eine große Glatze gebildet hat. Häufig aber reicht die Maßnahme aus, um Betroffenen wieder neue Haarpracht und ein dichteres Wuchsbild zu bescheren. Dies gilt insbesondere bei erblich bedingtem Haarausfall, der ohne Behandlung unaufhaltsam weiter fortschreitet. „Hierfür ist die Therapie mit PRP sehr gut geeignet“, so Reza Azar.

„Sofern die Haarfollikel noch vital sind, kann man sie durch die PRP-Behandlung stärken, sodass sie wieder wachsen und langfristig gesunde Haare produzieren“, fasst Reza Azar zusammen. „Wenn aber die Glatze schon seit Jahren besteht und die Haarfollikel bereits abgestorben sind, dann kann auch die Eigenplasma-Therapie nicht mehr helfen.“

Der selbe Patient wie auf dem Foto ganz oben: Nach der PRP-Behandlung wachsen die Haare wieder.
Der selbe Patient wie auf dem Foto ganz oben: Nach der PRP-Behandlung wachsen die Haare wieder.Zentrum für moderne Haartransplantation

Um an das Blutplasma zu kommen, werden dem Patienten oder der Patientin etwas Blut abgenommen. „Daraus gewinnen wir das PRP, welches reich an Nährstoffen und Wachstumsfaktoren ist und die Haarfollikel wieder gesund und vital werden lässt“, erklärt der Ärztliche Leiter des Zentrums für moderne Haartransplantation.

Das Besondere: „Wir benutzen keine klassische Spritze, sondern eine spezielle Mesopistole, mit der wir genau die gewünschte Menge und Tiefe der Injektion festlegen können“, so Reza Azar weiter. Die etwa einstündige PRP-Behandlung kostet 360 Euro pro Sitzung und sollte möglichst für etwa ein halbes Jahr lang alle drei bis vier Wochen wiederholt werden. „Sobald der Haarstatus dann wieder stabil ist, können die zeitlichen Abstände zwischen den Behandlungen auf mehrere Monate ausgedehnt werden.“

Wie funktioniert eine Haartransplantation?

Je nachdem, an welches Haartransplantationszentrum man sich wendet, werde verschiedene Techniken angewandt. Sehr verbreitet ist es, dass ein kompletter Streifen versetzt wird: Es wird also eine kleine Stelle Kopf- oder Nackenhaut samt Haarwurzeln herausgeschnitten und an die kahle Stelle transplantiert (Follicular Unit Transplantation, FUT-Technik).

„Der Nachteil bei dieser Methode ist, dass eine große gegebenenfalls schmerzhafte Narbe am Hinterkopf zurückbleibt und dass die Haare zunächst ausfallen und erst nach etwa drei Monaten ins Wachstum gehen“, sagt Mediziner Reza Azar.

Er selbst wendet die sogenannte I-FUE-Technik an. Das Akronym steht für „Intermittend Follicular Unit Extraction“. Es bedeutet, dass der Experte einzelne Haarfollikel aus der Haut entnimmt und sofort dort einsetzt, wo sie fortan wachsen sollen. „Diese Haare haben eine starke Vitalität und gehen an neuer Position sofort ins Wachstum“, sagt Reza Azar, der diese sehr zeitaufwändige Methode weltweit als einziger praktiziert.

Allerdings müssen die Haare für diese Form der Transplantation raspelkurz rasiert sein (max. zwei Millimeter Länge). „Zum einen müssen wir genau sehen, wo und wie die Haare wachsen“, erklärt der Haarchirurg. „Und zum anderen nehmen wir eine Hohlnadel, stülpen diese übers Haar und stanzen es heraus.“ Mit langen Haaren geht das nicht. Wer sich beispielsweise seine Geheimratsecken wieder füllen lassen möchte, muss zwischen drei und zwölf Stunden einplanen – je nach Größe des Areals. „So etwas wird aber genau im Vorgespräch geklärt und dargelegt“, so Reza Azar.

Die I-FUE-Haartransplantation kommt gänzlich ohne Skalpell aus, weshalb man auch keine Vernarbungen fürchten muss. Zudem ist nur eine leichte lokale Betäubung notwendig, keine komplette Sedierung.

„Wir entnehmen bei Männern Haare aus dem Haarkranz, weil das die sogenannte safe zone ist“, sagt der Haarchirurg. „Der Haarkranz ist bei Männern in der Regel ein Areal, wo die Haare zuverlässig stark und bis ins hohe Alter gut wachsen. Diese positive Eigenschaft nehmen die Haare sozusagen mit. Anders ausgedrückt: Es ist nicht die Stelle auf dem Kopf, die den Haarausfall auslöst, sondern das Haar selbst. Und indem wir gesunde Haare verpflanzen, sorgen wir für ein dauerhaft gutes Ergebnis.“

Man nennt das Spenderdominanz. Bei diffusem Haarausfall, wie bei Frauen üblich, muss je nach Krankheitsbild geschaut werden, wo man wie viele Haare verpflanzen kann.

Was kostet eine Haartransplantation?

Wie teuer eine Haartransplantation ist, hängt natürlicherweise vom Ausmaß der kahlen Stelle(n) ab. Es gibt Kliniken, die Festpreise um die 2000 Euro anbieten. Das ist in Deutschland jedoch verboten. Auch im Ausland werden ähnliche Preise aufgerufen, teilweise sogar inklusive Flug.

Bei einer FUE-oder IFUE-Verpflanzung muss in Deutschland nach transplantierten Einheiten abgerechnet werden. Eine Einheit kann bis zu fünf Haare beinhalten, die gleichzeitig transplantiert werden können. Abgerechnet wird nach ärztlicher Gebührenordnung (GOÄ). Die Transplantation einer Einheit kostet ab 4,66 Euro.