Schwerer Alltag: Warum ist die Job-Rückkehr nach dem Winterurlaub so hart?

Leiden Sie unter dem Post-Holiday-Syndrom? Haben Sie Beschwerden, die nur nach dem Urlaub auftreten? Ein Psychiater erklärt, was es damit auf sich hat.

Nach dem Urlaub kann die Rückkehr in den Job sehr zehrend sein.
Nach dem Urlaub kann die Rückkehr in den Job sehr zehrend sein.Panther Media/Wen Hui Wang

Ferien zu Ende, Urlaub vorbei! Es fühlt sich an, als würde man eine Vollbremsung machen: Rumms, zurück in den alten Trott. Verpflichtungen, Termine, Stress. Nach dem Urlaub ist die Erholung für die meisten von uns schnell wieder weg und man hat das Gefühl, man müsste eigentlich sofort erneut ausspannen. Doch bei manchen steckt mehr dahinter als ein bisschen Fernweh und Alltagsmüdigkeit.

In Fachkreisen gibt es mittlerweile einen Namen für das Phänomen: Post-Holiday-Syndrom, umgangssprachlich auch Urlaubsdepression genannt. „Damit wird das vielfältige Auftreten von Beschwerden bezeichnet, die unmittelbar nach dem Urlaub auftreten“, erklärt Dr. Alexander Brümmerhoff, Arzt und Psychotherapeut aus Zehlendorf.

Anzeige | Zum Weiterlesen scrollen

„Vorrangige Symptome sind Trägheit, Appetitlosigkeit, Interesselosigkeit, ein Gefühl von Leere und Sinnlosigkeit und Konzentrationsstörungen“, so der Experte. Gerade nach einem langen Urlaub und einer kurzen Übergangszeit zur Rückkehr in den Job könne es zu immensen Stimmungsschwankungen kommen. Das ist anstrengend – für einen selbst, aber auch für die Mitmenschen.

Woher kommt es, dass man sich nach dem Urlaub so schlecht fühlt?

Wie es zur Entstehung des Post-Holiday-Syndroms kommt, ist unklar. „Es gibt relativ wenig Forschung zu diesem Thema, aber wahrscheinlich ist, dass hormonelle Veränderungen nach einem Urlaub dafür verantwortlich sind“, erklärt Dr. Alexander Brümmerhoff.

Vergleichbar sei diese Veränderung des Hormonhaushaltes mit einem emotional bedeutsamen Ereignis: Da passiert auch etwas in uns, auf das wir keinen Einfluss haben, das uns jedoch spürbar beeinflusst. Und das ist nicht eingebildet. Oftmals werden psychologische Beschwerden ja vom Umfeld abgetan, nicht ernst genommen.

„Das abrupte Absenken von Hormonen, die im Gehirn durch das Erleben von positiven Emotionen ausgeschüttet werden, kann tiefgreifende Auswirkungen auf unser biologisches und psychologisches Wohlbefinden haben“, so der Psychotherapeut. „Die entstandene positive Energie geht bei der Rückkehr in den Joballtag schnell verloren, da die positive Stimulation fehlt. So kann die Stimmung für einige Tage in den Keller rauschen, was insbesondere nach langen Urlauben und kurzen Übergangszeiten zwischen Urlaub und Arbeitsrückkehr zutage tritt.“

Und noch eine weitere Komponente kommt hinzu, die die Rückkehr in den Alltag erschwert: Das Gehirn versuche Ordnung herzustellen zwischen deutlich verschiedenen Erfahrungen und den damit verbundenen stark unterschiedlichen emotionalen Bewertungen. Anders ausgedrückt: eben noch ausschlafen und was Tolles erleben, plötzlich jedoch Weckerklingeln und Stress im Job.

„Menschen mit einem Post-Holiday-Syndrom nehmen durch diesen neurokognitiven Kontrasteffekt den Alltag nach einem Urlaub gedanklich verzerrt war, bewerten alltägliche Situationen, denen sie im Privatleben und oder bei der Arbeit ausgesetzt waren, negativer, als wenn sie nicht im Urlaub gewesen wären. Das führt zu emotionaler Erschöpfung“, weiß Dr. Alexander Brümmerhoff.

Wie unterscheidet sich das Post-Holiday-Syndrom von einer normalen Depression?

Viele Symptome des Post Holiday Syndroms ähneln denen einer depressiven Störung: Schlaflosigkeit, Energielosigkeit, Reizbarkeit, Gefühl von Leere, Antriebsmangel, Konzentrationsschwierigkeiten und Ängstlichkeit.

„Aber im Gegensatz zu einer klinischen Depression ist die Belastung bei einem Post-Holiday-Syndrom eher von kurzer als von langer Dauer und weniger stark ausgeprägt als bei einer Depression“, so der Mediziner, der unter anderem bei depressiven Erkrankungen die sogenannte Walk&Talk-Therapie anbietet, bei der man während des therapeutischen Gesprächs spazieren geht.

Kann man etwas tun, um keine Urlaubsdepression zu bekommen?

Damit der Übergang vom Urlaub zum Arbeitsalltag gelingt, sollten Sie ein paar zusätzliche Tage einplanen, bevor Sie wieder anfangen zu arbeiten, rät Dr. Alexander Brümmerhoff: „So können Sie Ihre Energie aus der Urlaubsstimmung langsam bewusst ausklingen lassen, während Sie in gemäßigten Schritten im Alltag ankommen – und dies noch bevor der erste Arbeitstag nach dem Urlaub ansteht.“

Mit diesen wenigen Zusatztagen bleibt auch der Erholungseffekt aus dem Urlaub länger erhalten. Unterstützen können Sie das, indem Sie die ersten Arbeitstage möglichst entspannt planen. „Lassen Sie sich von der To-do-Liste nicht beeindrucken, sondern nutzen Sie Organisationshilfen, um die Arbeit in überschaubare Einheiten zu unterteilen“, so der Experte. „Sie müssen nicht alles aufarbeiten, was in Ihrer Abwesenheit liegen blieb. Im Gegenteil, achten Sie auf eine innere positive Grundeinstellung, richten Sie beispielsweise Ihre Antennen auf das, was durch Ihre Kollegen während Ihrer Abwesenheit erledigt wurde.“

Außerdem sollten Sie bewusst Pausen planen und einhalten, weil die Erholung zwischendurch wichtig ist – für Ihre Leistungsfähigkeit ebenso wie für Ihre emotionale Gesundheit. Denken Sie ruhig regelmäßig an schöne Momente aus dem Urlaub, erzählen Sie davon. Vielleicht möchten Sie zu Hause ja auch etwas aus dem Urlaubsland nachkochen, das Ihnen vor Ort gut geschmeckt hat.

Wie wird man wieder gesund?

Wenn Sie spüren, dass Ihnen die Rückkehr in den Alltag schwerfällt, sollten Sie zunächst auf eine gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf achten. Verzichten Sie möglichst auf Alkohol, denn dieser „ist durchaus ein depressionsstimulierender Faktor“, weiß Dr. Alexander Brümmerhoff.

Wichtig ist auch, dass Sie sich regelmäßig bewegen, beispielsweise joggen gehen oder mit jemandem zusammen durch einen Park spazieren. „So etwas ist enorm hilfreich, um depressiven Stimmungsanteilen nach dem Urlaub entgegenzuwirken. Öffnen Sie sich dabei jemand Vertrautem mit Ihren Umstellungsschwierigkeiten“, rät der Psychotherapeut. Möglicherweise kennt Ihre Begleitung das ja, kann Sie verstehen, Ihnen Mut zusprechen.

„Im Gedankenschweifenlassen während des Gehens liegt eine große Kraft. Der Kopf wird wieder freier, die linke und rechte Hirnhälfte kommunizieren durch die Schrittfolge besser miteinander, und wir entdecken Lösungen in niedergestimmten Phasen, auf die wir im Sitzen sonst nicht gekommen wären“, weiß der Fachmann aus seiner praktischen Erfahrung.

Die gute Nachricht ist, dass „das Gehirn beziehungsweise der Hirnstoffwechsel in der Lage ist, sich über die Zeit von neurokognitiven Verzerrungen zu lösen und ein Ungleichgewicht von hormonellen Zuständen selbstständig wieder auszugleichen“, so Dr. Alexander Brümmerhoff. Das ist ein Anpassungsprozess, wie unser Hirn ihn ständig, ein Leben lang, immer wieder leisten muss.

Sollten die Symptome, „vor allem die depressive Stimmungslage, jedoch länger als zwei Wochen nach dem Urlaubsende noch immer präsent sein, sollten Sie professionelle, erfahrene therapeutische Unterstützung in Erwägung ziehen“, rät der Psychotherapeut.