Sadomaso und Bondage: Wie kann man BDSM lernen?

Wer Lust hat, im Bett mal etwas Neues zu probieren, weiß oftmals nicht, wie das gelingen kann. Eine Berlinerin bietet entsprechende Online-Coachings an.

Darf es ein bisschen Sadomaso sein?
Darf es ein bisschen Sadomaso sein?YAY Images/Imago

Vielleicht ist es die Lust am Verruchten, vermeintlich Verbotenen, die Freude am Schmerz oder an der Dominanz, der Nervenkitzel des Neuen: BDSM fristet zwar im allgemeinen Sexdiskurs ein Nischendasein, doch tatsächlich sind viele Menschen davon fasziniert, sich fesseln zu lassen, mit Peitschen zu hantieren oder sich in Rollenspielen zu verlieren.

Die Friedrichshainerin Dee, die ihren vollständigen Namen nicht veröffentlichen lassen möchte, bietet sogenannte Kink-Coachings an. Das sind Online-Beratungen, bei denen man lernt, was man als Anfängerin oder Anfänger über BDSM wissen sollte. „Kink“ bedeutet in der Szene im weitesten Sinne alles, was ein Fetisch sein kann.

Dass so eine Einführung wichtig ist, hat Dee am eigenen Leib erfahren: „Als ich anfing, mich dafür zu interessieren, wusste ich nicht, wie das geht, wie man sich anzieht, wenn man auf irgendwelche Partys geht oder wie man sich verhalten muss. Da hab ich anfangs Blut und Wasser geschwitzt.“

Im Laufe der Zeit hat Dee festgestellt, dass es noch viel mehr Unsicherheiten und Fragen gibt, wenn man sich in der BDSM-Szene bewegt oder hinein möchte. Daraus hat die einstige Entwicklungshelferin einen Job gemacht. „Aber ich bringe niemandem bei, wie man die Peitsche richtig schwingen muss“, stellt sie gleich zu Beginn des Interviews klar.

Wie nähert man sich dem BDSM an?

„Kink ist auch eine Art der Kommunikation, bei der man viel über sich selbst lernt“, sagt Dee. „Insofern ist es wichtig, sich zunächst darüber klar zu werden, was man will und was nicht. Es geht ums Grenzensetzen, um Achtsamkeit und auch um gegenseitiges Verstehen.“

Natürlich, so die Expertin, nutzen viele Menschen BDSM auch nur, um ihr Sexleben aufzupeppen. Das sei vollkommen legitim. Aber es gehe eben auch darüber hinaus. Auf all die Fragen drumherum hat Dee eine Antwort. „Bei mir geht es vor allem um all jene Fragen, auf die man im Netz keine Antworten findet“, erklärt sie.

Wichtig vorab zu wissen: In der Szene spricht man häufig vom Spielen. Man hat Spielpartner und -partnerinnen. Und so spricht man andere auch an, fragt, ob sie oder er Lust hätten, zu spielen. „Allein die Ansprache fällt ja besonders am Anfang schwer“, so Dee. „Deshalb rate ich dazu, zunächst zu einem Stammtisch zu gehen.“ Das klingt sehr altbacken, ist es aber gar nicht.

In der Kink-Szene werden die Stammtische „Munches“ genannt, ein geselliges Beisammensein für Menschen, die an BDSM interessiert sind. „Diese Treffen finden in ganz normalen Cafés und Bars statt. Man kommt in seiner Alltagskleidung und wird herzlich empfangen“, so Dee. „Es ist nur ratsam, sich vorher beim Organisator anzumelden, das erleichtert den Einstieg.“ Der Organisator oder die Organisatorin kann einen dann sozusagen an die Hand nehmen und alles erklären.

Wann es wo und welche Munches gibt, wird zum Beispiel auf der Plattform Fetlife (kurz für: Fetisch Life) bekannt gegeben. Dort muss man sich anmelden, kann allerdings einen Fantasienamen verwenden und muss nicht seinen richtigen Namen nennen. „Bei Fetlife kann man städtebezogen nach Events suchen und kriegt einen guten Überblick, was los ist“, sagt die Fachfrau.

Außerdem könne man, so Dee, spezielle Kurse besuchen, Bondage-Kurse etwa. Hierfür kann man sich beispielsweise an das Friedrichshainer Institut für Körperforschung und sexuelle Kultur (IKSK), das Karada House in Neukölln, ebenso an den Verein Quälgeist aus Mariendorf oder im Studio Lux in Tempelhof BDSM-Workshops besuchen. 

Wie läuft das Kink-Coaching ab?

Das Coaching ist eine Online-Beratung, die man alleine oder als Paar nutzen kann. Anmelden kann man sich, wenn man älter als 18 Jahre ist. Eine Sitzung dauert 50 Minuten und kostet 120 Euro. Dee bietet sie auf Deutsch und Englisch an. Man kann die Kamera am Computer auch aus lassen, wenn einem das angenehmer ist.

Während der ersten Sitzung kann man erst einmal alle Fragen los werden, die man rund ums Thema BDSM beantwortet haben möchte. Dabei lautet Dees Motto: Peinlich gibt’s nicht. „Wenn sich dann herausstellt, dass das Interesse nach wie vor da oder sogar größer geworden ist, vereinbaren wir weitere Termine.“

Häufig sind es die Basics, die die Leute wissen wollen: Muss ich bei einem Treffen nackt sein? Nein. Darf jeder jeden anfassen? Nein, auf keinen Fall. Darf ich „Nein“ sagen, wenn ich etwas nicht will? Ja, unbedingt. Kann ich mit einem Spielpartner auch eine echte Beziehung eingehen? Natürlich.

In der Regel bucht man dann ein Set, das aus fünf Stunden besteht. Wie oft und was man mit Dee bespricht, hängt von der persönlichen Entwicklung und den Schritten ab, die man in die Szene hinein wagt. „Jeder macht seine Erfahrungen, und wir besprechen dann, was gut lief, was hätte besser sein können, wie es weitergeht“, so die Expertin. „Manch einer möchte einmal pro Woche mit mir sprechen, aber die meisten Menschen brauchen mehr Zeit zwischen den Sessions.“

In der ersten Sitzung des Fünfersets geht es meistens sehr konkret um die Fragen, wie man eine Spielpartnerin oder -partner findet beziehungsweise wie man den Fetisch in seine bereits bestehende Beziehung integrieren kann. „Ich gebe auf Nachfrage auch Kauftipps zu speziellen Produkten, aber dafür braucht man mich eigentlich nicht“, findet Dee.

Auch für fortgeschrittene BDSMler hat die Expertin noch Tipps auf Lager. „Manch einem fehlt etwas oder er möchte tiefer einsteigen, weiß aber nicht, wie. Da helfe ich und kann zeigen, wie man das in die Realität umsetzt. Dabei geht es aber weniger um konkrete Techniken, sondern vielmehr um die persönliche Entwicklung und Einstellung.“

Denn viele Fetische können – müssen aber nicht – mit der eigenen Psyche, mit der Vergangenheit zu tun haben. „Manchmal wird dann etwas hochgespült, was besprochen werden sollte, um zu verstehen, was in der Situation und in einem selbst passiert ist“, so Dee. „Kink ist immer auch eine Reise zu sich selbst, ein Entfaltungsprozess, der meiner Erfahrung nach besser gelingt, wenn man von vornherein weiß, worauf man sich einlässt, was es mit einem macht und vor allem, wenn man nicht ewig suchen muss, bis man die richtigen Leute gefunden hat.“