Papas aufgepasst: So werden Sie für Ihren Sohn ein richtig guter Vater

Was wünschen Söhne sich von ihren Vätern? Welche Fehler sollte man vermeiden, wie die Beziehung stärken? Ein Experte hat’s herausgefunden.

Kleiner Held, großes Vorbild: Väter und Söhne haben eine besondere Beziehung.
Kleiner Held, großes Vorbild: Väter und Söhne haben eine besondere Beziehung.Zeljko Dangubic/imago

„Jungs und Mädchen ticken anders“, weiß Anton Wieser aus eigener Erfahrung. Der diplomierte Kinder- und Jugendcoach hat eine Tochter (14) und einen Sohn (13), ist Erlebnispädagoge, Mentalcoach und Buchautor*. Aus privater und beruflicher Erfahrung weiß er, wie wichtig Väter für Kinder sind, aber dass es an vielen Stellen auch Nachholbedarf gibt.

Darüber, was eine gute Mutter ausmacht, wurde bereits viel geforscht, geschrieben und erzählt. Väter kamen bislang ein wenig zu kurz. „Dabei sind sie in ihrer Vorbildfunktion so wichtig“, sagt Anton Wieser. Jedoch sind Männer in der kindlichen Welt der Jungen unterrepräsentiert. Sowohl in Kitas als auch in den Grundschulen gibt es mehr Erzieherinnen und Lehrerinnen als männliche Fachkräfte.

Und das ist nur einer der Gründe, weshalb der Pädagoge sich der Unterstützung von Jungs und deren Vätern verschrieben hat. „Kinder beiden Geschlechts haben in den ersten Jahren naturgemäß viel mit ihrer Mutter zu tun. Aber mit drei, vier Jahren bildet sich dann die Geschlechtszugehörigkeit heraus, und der Junge stellt fest: Ich bin dem Papa ja viel näher als der Mama“, so Wieser. „Das erkennt man daran, dass sie die Mimik oder das Verhalten ihres Vaters nachahmen, beispielsweise so gehen wie er.“

Wie Väter ihre Söhne unterstützen können, was sie tun und lassen sollten, verrät der Autor im Gespräch mit der Berliner Zeitung. Für sein aktuelles Buch hat er 150  Interviews geführt. Die Erkenntnisse und Tipps sind hier zusammengefasst.

1. Bleiben Sie in Ihrer Rolle

Grundsätzlich gilt: „Sie sind der Vater, nicht der beste Freund Ihres Sohnes“, stellt Anton Wieser klar. „Und Sie sind auch kein Mutter-Ersatz. Das muss man sich tatsächlich manchmal erst klarmachen, denn viele Väter versuchen, die bessere Mutter zu sein. Das ist unnötig.“

In vielen Familien bestimmen die Mütter, wo es langgeht. Sie organisieren, entscheiden und kümmern sich. „Männer haben dann oft Angst, etwas falsch zu machen“, weiß der Experte. „Dabei bringen sie Diversität in die Familie. Deshalb rate ich: Bleiben Sie bei sich!“

Konkret heißt das, dass man authentisch bleiben sollte. Man muss als Eltern nicht immer einer Meinung sein – auch nicht vor dem Kind. „Wenn Mama A sagt und Papa B, kann beides richtig sein, weil Mama und Papa unterschiedliche Menschen sind. Und Kinder verstehen das. Sie können das aushalten. Gerade für Jungs ist es wichtig, auch mal die männliche Perspektive gespiegelt zu bekommen“, so der Fachmann.

So sind Frauen oftmals weniger wild beim Toben. Väter hingegen sind in der Regel körperlicher, haben weniger Angst vor Verletzungen – eine herrliche Erfahrung. Zumal sich insbesondere Jungen „mehr Kontakt zum Vater wünschen, nicht nur körperlich, sondern auch mental. Sie sehnen sich nach Zuwendung, wollen kuscheln und quatschen. Das geht mit Papa anders als mit Mama, und das ist vollkommen okay“, erzählt der Coach.

Ein weiterer Punkt, der beim Rollenverständnis nicht vergessen werden darf, ist die eigene Kindheit des Vaters: „Versuchen Sie nicht, Ihre eigenen Erfahrungen und Wünsche auf Ihren Sohn zu übertragen. Bloß weil Sie Fußball liebten, muss sich Ihr Sohn nicht automatisch auch dafür interessieren.

Oder umgekehrt: Wenn Ihre Fußballkarriere nicht geklappt hat, sollten Sie Ihrem Sohn nicht suggerieren, dass er das stellvertretend für Sie schaffen könnte. So etwas tut Ihrer Beziehung nicht gut“, sagt Wieser. „Als Vater sind Sie liebevoller und nachsichtiger Begleiter, ein Unterstützer und Aufpasser, aber kein großes Kind.“

2. Wagen Sie mehr Absichtslosigkeit

Ein Problem, das es in vielen Familien gibt, ist die Tatsache, dass Dinge mit Absicht geschehen, beispielsweise Gespräche. Man fragt, wie der Tag des Kindes war – und will in Wahrheit wissen, ob es Probleme gab, die es zu lösen gilt. „Man ist als Erwachsener immer ganz schnell dabei, Tipps zu geben, aber das wollen die Söhne meistens gar nicht hören. Sie wollen kommunizieren, etwas erzählen, ohne dafür bewertet zu werden oder einen Ratschlag zu hören“, so Anton Wieser.

Deshalb rät der Pädagoge dringend davon ab, ungefragt Lösungen zu formulieren. Vielmehr solle man durch Nachfragen Interesse signalisieren. So könnte man fragen: Wie hast du dich dabei gefühlt? „Und dann sollte man die Größe haben, etwas auch einfach mal so stehen zu lassen, mal Ruhe auszuhalten, das Schweigen“, empfiehlt der Experte.

In Einzelfällen können Sie auch mal von Ihren Erfahrungen berichten. „Sie können erzählen, wie Sie sich in einer ähnlichen Situation gefühlt haben, um Ihrem Sohn das Gefühl zu vermitteln, dass er damit nicht alleine ist“, so Wieser. „Widerstehen Sie aber dem Impuls, Ihre Schilderungen mit einem Ratschlag zu verbinden. Jungen können das dann schnell als Handlungsanweisung missverstehen und sich zurückziehen.“

Wenn Sie also nicht wollen, dass Ihr Sohn sich verschließt, gehen Sie ohne Erwartungen und ohne Ziel an die Sache. „Ein Ratschlag hat auch immer die Botschaft, dass das Gegenüber etwas nicht richtig gemacht oder besser hätte machen können. Das hat Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl“, resümiert der Fachmann.

Ein anderes Beispiel: Wenn das Kind etwas gebaut, gemalt oder erreicht hat, neigen Väter mitunter dazu, Verbesserungsvorschläge zu machen. Das sieht Anton Wieser kritisch: „Es reicht zu sagen, dass man das cool findet. Aber eine weitergehende Bewertung kommt beim Kind nicht gut an. Verkneifen Sie sich zu sagen, dass man das Gebaute hier und da noch erweitern könnte. Bleiben Sie ganz absichtslos in dem Moment. Das schweißt Sie zusammen.“

3. Suchen Sie den Kontakt

Wenn Jungs verstummen und kaum noch etwas erzählen wollen, liegt es der Erfahrung Anton Wiesers nach häufig an zu viel gut gemeinten Ratschlägen. „Ebenso kann es sein, dass Ihr Sohn einfach erschöpft ist vom langen Kita- oder Schultag. Die Kinder müssen dort so viele Kompromisse aushandeln und so viel leisten, dass es völlig normal ist, wenn sie einfach nur platt sind.“

In solchen Momenten können Sie anbieten, Ihren Sohn in den Arm zu nehmen. Oder fragen Sie ihn, was er gerade braucht, was ihm gut tun würde. Die Idee dahinter sollte sein: Wie erfahre ich, welche Unterstützung mein Sohn gerade braucht? Hierbei sollten Sie sich selbst zurücknehmen und auch auf eine Zurückweisung nicht gekränkt reagieren.

Machen Sie Angebote: Willst du eine Runde Fahrrad fahren? Wollen wir zum Kinderbauernhof gehen? Worauf hast du Lust? Körperliche Nähe, und sei es nur ein kurzes Streicheln über den Rücken, sind positive Signale, die bindend wirken.

Der Autor hat mit seinen Kindern das Ritual etabliert, abends im Bett noch eine Runde zu kuscheln und sie vom Tag berichten zu lassen, wie er erzählt: „Dann höre ich zu und bin einfach nur da, da zählt einfach nur die Nähe zwischen uns …“

*Anton Wieser: „Boys Up! Das Eltern-Buch: Wie Jungs ticken und was sie sich von ihren Eltern wünschen“, 240 Seiten, MVG-Verlag, 17 Euro