Fake-Anrufe, falsche SMS und Chatnachrichten: So schützen Sie sich vor Betrügern

Die Bundesnetzagentur klärt auf: Wie gehen Betrüger vor? Wo haben die meine Handynummer her? Warum ruft die 110 mich an? Wieso kriege ich WhatsApp-Nachrichten?

Betrüger nehmen vielfach Kontakt übers Handy auf, neuerdings sogar mittels WhatsApp.
Betrüger nehmen vielfach Kontakt übers Handy auf, neuerdings sogar mittels WhatsApp.dpa/Fabian Sommer

Wenn ominöse Anrufe sich häufen, man ungebetene Werbe-SMS oder Enkeltrick-Chatnachrichten bekommt, wenn Menschen sich durch unerwünschte Kontaktaufnahme durch mutmaßliche Betrüger gestört fühlen, können sie sich an die Bundesnetzagentur wenden. Sie ist unter anderem für den Kampf gegen Missbrauch von Rufnummern zuständig.

Die Strafverfolgung liegt jedoch in den Händen von Polizei und Justiz – Anzeige muss man also bei der örtlichen Polizei erstatten, selbst dann, wenn es zu keinem monetären Schaden gekommen ist.

Die Bundesnetzagentur sorgt dafür, „dass Verbraucherrechte gewahrt werden“, heißt es auf deren Website. Die Expertinnen und Experten kennen die Tricks und Maschen, mit denen gutgläubige Menschen um ihr Geld gebracht werden sollen. Immer wieder gibt es Berichte, wonach man von der 110 angerufen wird oder eine WhatsApp-Nachricht von der angeblich neuen Nummer seines Kindes erhält, das von dringenden Geldsorgen berichtet.

Im Gespräch mit der Berliner Zeitung erklären Fachleute der Bonner Behörde alles, was Sie wissen müssen, wie Sie sich am besten verhalten, wie Sie den Missbrauch Ihrer Daten verhindern können.


Wie kommen Fremde an meine Telefonnummer?

Heutzutage ist es üblich, dass im Netz Daten und eben auch Telefonnummer abgefragt werden – um sich auszuweisen, für Nachfragen, bei Bezahlvorgängen, um einen Auftrag bestätigen zu können. Viele Firmen haben unsere Kontaktdaten gespeichert. „Wie Täter nun an Ihre Nummer kommen, ist nicht leicht zu sagen. Hier sind unzählige Wege denkbar“, sagt Jan Kreutzberg, zuständig für Grundsatzfragen der Verfolgung von Rufnummernmissbrauch.

Möglich, dass es bei Unternehmen Datenlecks gibt oder sie Opfer einer Cyberattacke geworden sind. So fischen Kriminelle Daten, darunter eben auch Telefonnummern, ab. Diese werden dann auch weiterverkauft. „Darüber hinaus werden auch alte Telefonbücher genutzt, um Menschen zu kontaktieren. Oftmals trifft es dann jene, deren Namen so klingen, als wären sie schon älter“, weiß Jan Kreutzberg. „Zugleich probieren Täter es nach dem Zufallsprinzip und rufen wahllos Nummern an.“ Die Trefferquote ist im Zweifel nicht hoch, aber immer noch hoch genug, dass es sich lohnt.


Woran erkenne ich, ob ich einen Fake-Anruf erhalte?

Die meisten Ämter, Behörden, Firmen und Banken kommunizieren in erster Linie ganz klassisch auf dem Postweg, vor allem, wenn es um wichtige Angelegenheiten geht. „Häufig hat man auch einen regionalen Ansprechpartner“, sagt Jan Kreutzberg. Falls Sie nicht wissen, wer Ihr jeweiliger Ansprechpartner ist, schauen Sie in Ihrer Korrespondenz oder auf Ihrem privaten Online-Profil des Unternehmens nach.

Falls Sie unsicher sind: „Beenden Sie das Gespräch und rufen eigeninitiativ bei der Firma an, die Sie angeblich kontaktiert hat“, rät der Bundesnetzagentur-Experte. Drücken Sie aber nicht den Rückruf, sondern suchen Sie sich die richtige Nummer im Internet, auf der Homepage des Unternehmens, oder eben in den Ihnen vorliegenden Schreiben heraus.

Unabhängig davon gilt: „Wenn Sie von einer unbekannten Nummer angerufen werden, seien Sie misstrauisch. Achten Sie vor allem auf die Vorwahl“, so Jan Kreutzberg weiter. „Auch bei SMS und Chatnachrichten unter unbekannten Nummern ist Vorsicht geboten.“ Wenn bei einem Anruf die Vorwahl aus einem Gebiet kommt, wo Sie niemanden kennen, ist Vorsicht geboten.

Unseriöse Kontaktaufnahme erkennen Sie an Nachfragen: Kennt der Anrufer oder die Anruferin Ihren Namen, werden Sie persönlich angesprochen? Wird nach vertraulichen Daten, etwa Ihrer Adresse, Ihrem Geburtsdatum, Passwörtern, PINs oder anderen Zugangsdaten gefragt? „Das sollte stutzig machen. Vor allem Banken fragen so etwas nicht ab, ebenso wenig wie den Kontostand, und auch andere Firmen wollen Ihre Kennwörter nicht wissen“, so der Fachmann.

Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen man selbst einen Vertragspartner kontaktiert, zum Beispiel seine Bank oder den Telefonanbieter. In diesen Fällen kann es durchaus üblich sein, bestimmte Daten wie etwa die Adresse oder das Geburtsdatum abzufragen, um Identität des Kunden oder der Kundin zu überprüfen.


Wie verhalte ich mich, wenn ich merke, dass ein Anruf unseriös ist?

Grundsätzlich kann es sinnvoll sein, sich bei unbekannten Nummern nicht namentlich zu melden, sondern mit einem einfachen „Hallo“ ranzugehen. Falls Ihnen die Frage gestellt wird, wer Sie seien beziehungsweise mit wem man sprechen würde, geben Sie die Frage zurück: „Wen wollten Sie denn sprechen? Sie haben mich doch angerufen.“

Falls Sie SMS oder Chatnachrichten bekommen, in denen Sie zu irgendetwas aufgefordert werden, sollten Sie nicht darauf antworten, sondern sich über Ihnen bekannte Telefonnummern oder eine Kontakt-Mailadresse bei der Firma melden, um nachzufragen.

Was Sie nämlich immer im Hinterkopf behalten sollten: Je mehr Sie von sich preisgeben, umso mehr wissen potenzielle Betrüger über Sie – und wenn es zunächst nur der Fakt ist, dass Ihr Name zu dieser Telefonnummer gehört. So erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Sie erneut kontaktiert werden, weil man weiß, dass die Telefonnummer nicht ins Leere führt.

Tipp: Wenn Sie einen verpassten Anruf von einer Ihnen unbekannten Rufnummer sehen, rufen Sie nicht zurück. Das kann mit teils hohen Kosten verbunden sein. „Wenn es wichtig ist, wird man sich erneut bei Ihnen melden oder eine Nachricht hinterlassen“, so Jan Kreutzberg. „Außerdem sollten Sie keine Tasten drücken, wenn Sie einen automatisierten Anruf erhalten, weil Sie dadurch möglicherweise zu einer kostenpflichtigen Nummer umgeleitet werden.“

Sollte Ihnen bei einem Anruf eine Bandstimme also sagen, dass Sie eine Ziffer drücken sollen, um ein Anliegen zu klären oder Ähnliches, legen Sie am besten auf. Anders ist es natürlich, wenn Sie selbst ein Unternehmen gezielt kontaktieren und Ihr Anliegen über ein Auswahlmenü spezifizieren sollen. Hier sind Aufforderungen zum Tastendruck zur Anrufsteuerung absolut üblich.


Was, wenn die 110 mich anruft?

„Die Polizei ruft nie mit der Notrufnummer an“, weiß Margaret Glöckner von der Bundesnetzagentur. „Die 110 ist als abgehende Nummer gar nicht geschaltet. Wenn diese in Ihrem Display erscheint, können Sie sicher sein, dass es sich um eine betrügerische Kontaktaufnahme handelt.“ Die Polizei ruft immer unter der örtlichen Nummer an. In Berlin beginnt diese mit 030/4664 – und dann folgt die Durchwahl.

Allerdings sollen Anrufe dieser Art ab dem 1. Dezember 2022 technisch nicht mehr möglich sein. „Anrufe von bestimmten Rufnummern wie der nationalen Notrufnummer 110 oder teure Sonderrufnummern müssen abgebrochen werden und dürfen nicht mehr durchgestellt werden. Vorgeblich deutsche Nummern, die bei Anrufen aus dem Ausland als Absenderrufnummern signalisiert werden, dürfen beim Angerufenen nicht mehr angezeigt werden“, so Margaret Glöckner. „Ausgenommen sind Handynummern im internationalen Roaming, weil man ja beispielsweise auch aus dem Urlaub weiterhin in Deutschland anrufen möchte.“

Die Bundesnetzagentur kann unter Umständen ermitteln, aus welchem Land die betrügerischen Anrufe in das deutsche Telefonnetz angeliefert werden. Doch das allein hilft nicht, weil „die Hintermänner überall auf der Welt sitzen können“, sagt die Expertin. So kann es sein, dass die Kriminellen von den USA aus operieren, die Anrufe aber über weitere Netzgrenzen, beispielsweise über Indien und Montenegro, routen. Technisch ist das kein Problem. Ob bestimmte Länder als Hotspot für derartige Maschen fungieren, kann die Bundesnetzagentur nicht erkennen.

Generell sollen solche manipulierten Rufnummern, sogenanntes Call-ID Spoofing, Vertrauen erzeugen, weil die Anrufnummer eben nicht erkennbar aus dem Ausland kommt.


Vorsicht bei angeblichen Interpol- oder Europol-Anrufen

Aktuell häufen sich die Anrufe von vorgeblichen Polizeibehörden – vom BKA über Interpol und Europol bis hin zum FBI. Das soll einschüchtern, denn wenn die Polizei anruft, hegen die meisten Menschen zunächst keinen Verdacht. „Aber auch das sind manipulierte Anrufe, die aus ausländischen Netzen nach Deutschland kommen und in deren Verlauf Druck aufgebaut wird, damit der oder die Angerufene Geld herausgibt“, weiß Jan Kreutzberg.

Gehen Sie auf keinen Fall darauf ein! Keine Polizeibehörde wird Sie derart kontaktieren, schon gar keine internationale oder ausländische Behörde. Und natürlich würde auch kein Amt Geld von Ihnen verlangen.


Wie reagiert man bei vertraulich geschriebenen WhatsApp-Nachrichten?

Seit einiger Zeit kursieren Chatnachrichten, in denen sich angeblich das Kind meldet und davon berichtet, dass dies seine neue Handynummer sei und es dringend Geld benötige. „Das ist eine neue Variante des Enkeltricks, auf den man nicht reagieren sollte“, sagt Jan Kreutzberg. Täter suchen sich immer wieder neue Wege und Mittel, um Menschen Geld abzunehmen.

Nachrichten wie diese werden von Kriminellen verschickt. Das Ziel: Dem Opfer Geld abnehmen.
Nachrichten wie diese werden von Kriminellen verschickt. Das Ziel: Dem Opfer Geld abnehmen.dpa/Zacharie Scheurer

„Der Unterschied bei diesen WhatsApp-Nachrichten ist jedoch, dass die Rufnummern nicht manipuliert, sondern echt sind“, erklärt der Fachmann. Wichtig: Rufen Sie diese Ihnen unbekannte Nummer nicht an, sondern nehmen Sie zu Ihrem Kind Kontakt über die Ihnen bekannte Nummer auf.

In Deutschland ist es so, dass man sich ausweisen muss, wenn man einen Mobilfunkvertrag abschließen möchte. Hierfür braucht man beispielsweise einen amtlichen Lichtbildausweis und muss nachweisen, dass man selbst die Person ist, deren Ausweis man vorzeigt. Dokumente sind aber nie hundertprozentig fälschungssicher. Das ist der eine Weg, wie Täter an eine Handynummer kommen: Sie fälschen einen Personalausweis, etwa indem sie ihr eigenes Foto einfügen, die persönlichen Daten einer anderen Person (Name, Geburtsdatum) aber dafür nutzen. Das geht zum Beispiel, wenn man seinen Personalausweis mal verloren hat.

Die Pflicht zur Überprüfung der Identität ist jedoch nur für den Prepaid-Bereich gesetzlich vorgeschrieben. Um sich gemäß den Vorschriften gegenüber dem Mobilfunkanbieter auszuweisen, reicht hierfür auch ein Aufenthaltstitel.

Alternativ nutzen Betrüger auch Strohmänner, die eine Rufnummer aufsetzen lassen und dann zur Nutzung weitergeben. Nach den gleichen Prinzipien funktioniert die Eröffnung eines Bankkontos. Auch hierfür muss man sich eindeutig identifizieren können. „Hier ist denkbar, dass die Gehilfen das sogar im guten Glauben tun, weil sie um einen Gefallen gebeten werden oder in Geldnot sind und einen Obolus dafür bekommen, ohne auch nur eine Ahnung zu haben, wofür das Konto oder die Handynummer dann genutzt werden sollen“, so Jan Kreutzberg weiter.

Soweit die Bundesnetzagentur informiert ist, werden sowohl Kontoverbindung als auch Handynummer dann in der Regel nicht lange genutzt, sondern alsbald gekündigt. Bei Kontonummern wird zunächst das ergaunerte Geld auf ein ausländisches Konto überwiesen – danach ist es weg. Sodann wird das deutsche Konto aufgelöst. Selbst wenn die Strafverfolgungsbehörden die Person ausfindig machen, die für das Konto (oder die Handynummer) unterschrieben hat, finden sie nur selten die eigentlichen Hintermänner oder gar die Beute.


Wie schütze ich mich vor ungebetenen Kontaktaufnahmen?

„Überlegen Sie immer, ob es wirklich nötig ist, die Telefonnummer anzugeben und seien Sie auch sonst sparsam mit der Weitergabe Ihrer Daten“, empfiehlt Jan Kreutzberg von der Bundesnetzagentur. „Wenn Angaben optional, also nicht verpflichtend, sind, geben Sie sie am besten nicht an, insbesondere nicht ohne Not.“

Es ist übrigens egal, ob Sie Formulare per Handy oder am Rechner ausfüllen. Aber auch bei handschriftlichen Angaben, etwa bei Gewinnspielen, sollten Sie sich genau überlegen, ob und welche Daten Sie preisgeben. Je weniger Angaben von Ihnen bekannt sind und in der Welt kursieren, desto unwahrscheinlicher ist es in der Regel, dass Kriminelle versuchen, Sie zu kontaktieren. Das gilt auch für analog vorhandene Daten.