Kräutergel, Zwiebel, Spucke, Stichheiler: Was hilft wirklich gegen Mückenstiche?

Mückenstiche jucken und nerven. Was verschafft Linderung? Was tun bei Kriebelmückenstichen? Eine Apothekerin und eine Mückenexpertin klären auf.

Mission accomplished: Dieses Mückenweibchen hat erfolgreich Blut gesaugt und kann nun Eier produzieren.
Mission accomplished: Dieses Mückenweibchen hat erfolgreich Blut gesaugt und kann nun Eier produzieren.imago

Meistens bemerkt man es zu spät: Noch bevor man den Mückenstich spürt, ist es passiert. Dann juckt es, man möchte permanent kratzen – und macht es dadurch nur noch schlimmer. Im Handel gibt es unzählige Produkte, die schnelle Linderung versprechen, und der Volksmund kennt ebenso viele Hausmittelchen. Aber was bringt wirklich was? Womit hört das lästige Jucken nach dem Mückenstich auf?

Überhaupt: Warum jucken Mückenstiche eigentlich? „Die Gemeine Hausmücke injiziert einen Proteincocktail, der unsere Nervenendigungen etwas betäubt, das Gewebe lähmt und die Blutgerinnung herabsetzt, sodass die Mücke das Blut einsaugen kann“, erklärt Dr. Doreen Werner, Mücken-Expertin vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg (MOL). „Erst wenn die Mücke mit der Aufnahme ihrer Blutmahlzeit fertig ist, lässt die Wirkung des Cocktails nach, und wir spüren ein Jucken an der Einstichstelle.“

Das ist besonders bei Kriebelmücken fies, weil die nicht eine Rein-raus-weg-Taktik fliegen wie die herkömmliche Mücke, die uns nachts den Schlaf raubt. „Die Gemeine Hausmücke ist wie alle Stechmücken ein Kapillarsauger. Sie saugt etwas Blut aus der Vene ab, zieht es nach oben wie bei einer Spritze. Die Kriebelmücke jedoch hat nicht so einen Stechrüssel. Sie ist ein Poolsauger, reißt die Haut mit ihren Mundwerkzeugen auf und muss warten, bis sich ein dicker Blutstropfen gebildet hat, den sie dann aufleckt“, erklärt die Expertin.

Das Prozedere dauert meistens zwei Minuten, in denen wir aufgrund des zuvor injizierten Proteingemisches nichts spüren. „Unser Immunsystem reagiert dann aber auf den Cocktail und wir spüren einen Schmerz beziehungsweise das klassische Jucken. Bei Kriebelmückenstichen intensiver, weil der Cocktail für unser Immunsystem meist unbekannt ist“, so Dr. Doreen Werner.

Die Wissenschaftlerin forscht seit Jahrzehnten zu Mücken, hat unter anderem das Projekt „Mücken-Atlas“ ins Leben gerufen. Hierbei können Menschen aus ganz Deutschland Stechmücken unversehrt einfangen (also nicht erschlagen!) und einschicken. Als Dank erfährt man, welche Mücke da ihr Unwesen getrieben hat, und zugleich lernt Dr. Doreen Werner mehr über die Verbreitungsgebiete der verschiedenen Mückenarten hierzulande.

Was hilft gegen das Jucken nach einem Mückenstich?

Kratzen bringt durchaus Erleichterung, das stimmt. Aber erstens hält das nur kurzzeitig an, und zweitens ist es kontraproduktiv, wie die Expertin sagt: „In der Regel vergrößern wir so die Wunde und bringen dadurch Keime und Dreckpartikel hinein, weshalb sich der eigentlich schnell abheilende Stich dann entzünden kann. Zudem wird das injizierte Protein weiter eingerieben.“

Deshalb bringt es auch nichts, ein Kreuz in die Stichstelle zu drücken. „Damit öffnen Sie auch Tür und Tor für Bakterien, die zu einer Entzündung führen können“, so Dr. Doreen Werner. „Es ist ein Aberglaube, dass das Eindrücken eines Kreuzes mit dem Fingernagel den Juckreiz mindert. Ähnlich wie beim Kratzen kann der Druck das Jucken kurz lindern, aber am Ende bringt es wirklich gar nichts.“

„Wenn Sie nicht kratzen, bildet sich bei einem Kriebelmückenstich innerhalb von 24 Stunden eine klassische Quaddel, also eine mit Flüssigkeit gefüllte Blase“. Diese sollte man abtrocknen lassen und nicht aufkratzen, auch wenn sie höllisch juckt. „Der Körper reguliert das von allein. Wenn Sie die Blase öffnen, kann wiederum Dreck an die Wunde gelangen“, erklärt die Forscherin. „Deshalb sollte man Kindern beispielsweise nachts Handschuhe anziehen, damit sie die Stiche und Quaddeln nicht aufkratzen können.“

Bringt eine aufgeschnittene Zwiebel etwas bei Mückenstichen?

Eine halbierte Zwiebel auf die Einstichstelle zu legen kann helfen, den Juckreiz zu lindern. Die in der Zwiebel enthaltenen Schwefelverbindungen wirken zudem entzündungshemmend und kühlend.

Überhaupt ist Kühlung eine gute Maßnahme, um das Jucken zu unterdrücken. Apothekerin Dr. Ursula Sellerberg, stellvertretende Sprecherin der Bundesapothekerkammer, weiß: „Kälte aktiviert die entsprechenden Rezeptoren in der Haut, weshalb das juckende Gefühl nachlässt. Zum Kühlen können Sie kaltes Wasser nutzen, aber natürlich auch Kühlpads oder Eiswürfel. Letztere aber bitte nicht direkt auf die Haut legen, sondern in ein Tuch wickeln, um lokale Erfrierungen zu vermeiden.“

Übrigens: Dass Spucke hilft, um den Juckreiz zu minimieren, stimmt nicht. Die Flüssigkeit kann lediglich kühlen. Schmerzlindernde oder gar antibakterielle Wirkung hat unsere Spucke nicht.

Helfen Gels und Salben bei Mückenstichen?

Nach einem Mückenstich schüttet unser Körper Histamin aus, das ist Teil der Immunabwehr, um den injizierten Proteincocktail wieder abzubauen. Das Histamin sorgt aber auch dafür, dass es uns juckt – Allergiker kennen das. Darum gibt es sogenannte Antihistaminika, die Heuschnupfengeplagte regelmäßig nutzen. „Es gibt auch Gels und Salben, die Antihistaminika enthalten und speziell für Mückenstiche zugelassen sind. Diese gibt es rezeptfrei in der Apotheke“, so Dr. Ursula Sellerberg.

Die Wirkstoffe, auf die Sie achten sollten, heißen Bamipin, Dimetinden, Clemastin und Chlorphenoxamin. Sie sind in verschiedenen namhaften Produkten enthalten und wirken allesamt antiallergisch. Für Kinder gibt es spezielle Kräutergels, die man auch in Drogerien kaufen kann. Sie wirken hautberuhigend und entzündungshemmend. Wichtig: Keine der Cremes darf in die Augen gelangen. Kleben Sie Ihrem Kind im Zweifel ein Pflaster auf den Stich.

Einige Hersteller bieten auch Rollersticks, sogenannte Roll-ons, an. Diese wirken genau wie Gels und Salben, sofern die entsprechenden Wirkstoffe enthalten sind. Tipp: „Lagern Sie diese im Kühlschrank, sodass der Mückenstich schon beim Auftragen gekühlt wird“, so Dr. Ursula Sellerberg. Falls Sie unterwegs sind, kann es helfen, die aufgetragene Creme ein wenig trocken zu pusten. Das kühlt auch etwas.

Bringen Hitze-Stichheiler etwas?

Auch wenn der Wirkmechanismus wissenschaftlich noch nicht ganz geklärt ist, funktionieren sogenannte Stichheiler, die punktuell Hitze erzeugen und auf den Mückenstich gedrückt werden, sehr gut. Beide Expertinnen bestätigen das und empfehlen entsprechende Produkte, um das Jucken schnell zu unterbinden. „Die lokale Hitze zwackt kurz, aber danach hört das Jucken fast sofort auf“, resümiert Dr. Doreen Werner. „Der Hitzeschock an der Einstichstelle reduziert die Ausschüttung von Histamin. Dadurch wird der unerwünschte Juckreiz gelindert.“

In der Folge werde „die Reizweiterleitung gestört und das Jucksignal nicht weitergeleitet“, ergänzt Dr. Ursula Sellerberg. Stichheiler gibt es in Stiftform, die mit Batterie betrieben werden, aber auch als Smartphone-Gadget. Eine Metallspitze wird auf etwa 50 Grad erhitzt und diese muss dann für wenige Sekunden auf die Stichstelle gesetzt werden.

Für (kleine) Kinder sind die Stichheiler (ca. 10 bis 30 Euro pro Stück, je nach Anbieter) nicht geeignet. Da hilft dann nur: kühlen, ablenken, vom Kratzen abhalten.

Wann muss ich zum Arzt?

Ärztlichen Rat sollten Sie sich holen, wenn sich der Stich an einer sensiblen Stelle (z. B. am Augenlid) befindet oder nicht nach zwei Tagen abgeheilt ist, sich vielleicht sogar vergrößert hat und anschwillt.

Es gibt diverse, auch frei verkäufliche, antiseptische Lösungen (Wirkstoffe: Ethacridin, Hydroxychinolin, Octenidin), die man auf die Haut gibt und die den Stich schnell heilen lassen. Je nach Größe der Wunde macht man drei Umschläge pro Tag und fixiert diese mit einer dünnen Binde.