Milder Winter: Droht uns jetzt eine Mückenplage?
Sie sirren und stechen schon wieder! Überall Mücken. Kein Wunder, denkt man sich, der Winter war auch viel zu mild. Daran liegt’s aber nicht, sagt die Expertin.

Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) war der letzte Winter – also Ende 2021, Anfang 2022 – schon wieder viel zu mild. Es sei, so die Wetter-Fachleute, der elfte zu warme Winter in Folge und insgesamt der siebtwärmste seit der Wetteraufzeichnung im Jahr 1881. Immerhin: Die Niederschlagsmenge war okay.
Wer das liest und sich über Mücken(stiche) ärgert, denkt sich sofort: Na klar, wenn es nicht knackig kalt ist, sterben die Biester ja auch nicht! Doch so funktionieren die Insekten gar nicht, wie Dr. Doreen Werner vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg (MOL) weiß. Die Diplom-Biologin hat sich unter anderem auf blutsaugende Insekten spezialisiert und sagt: „Kalte Winter sind für Mücken weniger gefährlich als milde.“
Und trotzdem gibt es so viele Mücken im Moment. Wie kann das sein? „Insekten haben ein eigenes Frostschutzsystem“, erklärt Dr. Doreen Werner. „Sie können einfrieren und wieder auftauen. Das ist für die Arten, die als flugfähige erwachsene Mücke diese Zeit überstehen müssen, kein Problem.“ Mücken können in Ritzen, Kellern oder Verschlägen überwintern. Sie suchen sich ein geschütztes Plätzchen, verfallen in eine Starre und warten sozusagen, bis es wieder wärmer wird und die Natur ihnen wieder die Möglichkeit zur Fortpflanzung und Nahrung bietet: Nektar und Pollen. Unser Blut brauchen die Weibchen nur zu ihrer eigenen Eierproduktion.
Ein milder Winter ist nicht gut für Mücken
„Das Einfrieren und Auftauen in sehr kalten Wintern kriegen die Mücken gut hin, das ist ein für sie natürlicher und weitgehend unbedenklicher Prozess“, so die Biologin. „Was sie hingegen nicht gut kompensieren können, sind Temperaturen um die null Grad, vor allem wenn es viel schwankt. Denn dadurch sind die einem permanenten Hin und Her ausgesetzt, was Energie kostet.“
Im Winter finden Insekten keine Nahrung, haben also keine Energiequelle, um das viele Einfrieren und Auftauen auszugleichen. Das schwächt sie oder führt sogar bis zum Absterben. Hinzu kommt: „Pilze haben um den Nullpunkt leichtes Spiel. Sie können die erstarrten und daher flugträgen Mücken überwuchern, sodass diese dann sterben“, so Dr. Doreen Werner.
Da der letzte Winter die meiste Zeit ein null-Grad-Winter war – Durchschnittstemperatur laut DWD 3,3 Grad –, dürften es eigentlich nicht besonders viele Mücken überlebt haben. Dennoch fliegen sie derzeit in Scharen. Ein einzelnes überwinterndes Mückenweibchen legt circa 300 Eier. Der Verlust ist daher schnell aufgeholt.
Zu viele Mücken? Meistens sind wir selbst schuld
Und wir tragen vielerorts fleißig dazu bei, dass sich Mücken im Frühjahr wieder gut entwickeln können! „Die Gemeine Stechmücke, die uns nachts den Schlaf raubt, legt ihre Eier gern in stehende Wasseransammlungen“, sagt die Expertin. „Das kann eine verstopfte Dachrinne sein, ebenso wie die Regentonne im Garten, eine Insektentränke oder ein Spielzeugeimerchen, in dem sich Regenwasser sammelt.“
Deshalb rät die Mücken-Fachfrau: „Gehen Sie mit wachem Blick durch den Garten und den Hof, schütten Sie Wasseransammlungen weg. So verhindern Sie, dass ständig neue Mückengenerationen heranwachsen.“ Jedes Weibchen kann in ihrem Leben mehrere Hundert Eier legen.
Binnen weniger Wochen – es dauert etwa anderthalb Monate – sind aus den Mückeneiern echte Mücken herangewachsen, die sich dann auf Nahrungssuche begeben und, im Falle der Weibchen, Blut brauchen, um ihre Eier für die nächste Generation produzieren zu können.
Kurzum: Nicht der milde Winter ist schuld, dass die Mücken uns heimsuchen, sondern viele Wasserstellen, die die Mücken zur Vermehrung brauchen.