Ostberliner Geschichte: Acht Orte, an denen man DDR-Geschichte entdecken kann
Stasi-Zentrale, Mauerreste, Auffanglager: In (Ost-)Berlin gibt es viele Orte, die sich in unterschiedlichen Facetten mit der DDR auseinandersetzen.

Vor mehr als 30 Jahren fiel die Mauer, das Ende der DDR kam schnell und wurde von vielen Menschen herbeigesehnt. Niemand wollte mehr mit Alu-Chips bezahlen, man freute sich über cremigen Westjoghurt und staunte angesichts übervoller Regale, begann zu reisen und entdeckte eine neue Welt.
Schon 1989 machten sich die berühmten Mauerspechte an der Berliner Mauer zu schaffen, meißelten sich Erinnerungsklumpen heraus. Die innerdeutsche Grenze wurde alsbald abmontiert, verschrottet, künstlerisch in Beschlag genommen. Die Ernüchterung ließ jedoch nicht lange auf sich warten – Stichwort Treuhand, Arbeitslosigkeit, Jammer-Ossi.
Die DDR verschwand immer mehr aus dem Berliner Stadtbild, letzter Höhepunkt: der Abriss des Palastes der Republik. Dennoch lebt der alte Ost-Staat an vielen Orten Berlins weiter, in Form von Erinnerungsstätten. Mal wird die Alltagskultur gezeigt, an anderer Stelle werden die Repressalien der Diktatur erlebbar gemacht oder Fluchtgeschichten aufbereitet. In Friedrichshain gibt es sogar ein echtes DDR-Restaurant mit Honni-Bild an der Wand, Würzfleisch und Broiler. Welche DDR-Erinnerungsorte es in Ostberlin und anderswo in der Stadt gibt, verraten wir Ihnen hier.
1. DDR-Museum
Es ist eines der meistbesuchten Museen der Stadt. Und das könnte daran liegen, dass das DDR-Museum nicht nur zum Angucken da ist, sondern zum aktiven Erleben, zum Berühren und Ausprobieren einlädt. „Wir zeigen den Alltag eines vergangenen Staates zum Anfassen. Dabei wird Geschichte lebendig, interaktiv und trotzdem wissenschaftlich fundiert vermittelt“, schreiben die Macher auf der Website.
So kann der Besuch für Ältere eine Zeitreise sein, und für Jüngere fühlt es sich an wie 3D-Geschichtsunterricht – das DDR-Museum positioniert sich als Familienmuseum. Sie können sich in einen Trabi setzen, eine komplette, originalgetreu hergerichtete Plattenbauwohnung erkunden, Kinderspielzeug von damals testen.
Tipp für Ostalgiker: Im Museumsshop gibt’s die Hühner-Eierbecher (2,50 Euro). In der Ausstellung selbst werden Sie viele Alltagsgegenstände finden, aber eben auch mit Überwachungsinstrumenten und Verhörmethoden konfrontiert.
Adresse: Karl-Liebknecht-Straße 1, 10178 Mitte. Vom Alexanderplatz sind es zu Fuß etwa zehn bis 15 Minuten.
Öffnungszeiten: täglich 9 bis 21 Uhr.
Eintritt: Erwachsene 12,50 Euro, ermäßigt 7,00 Euro. Kinder unter 6 Jahre haben freien Eintritt.
2. Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen
Verhörzimmer, Haftzellen, Isolierräume. Im Stasi-Gefängnis wird das kalte Grauen der DDR-Diktatur spürbar, die ganzen perfiden Details. Dass etwa in den Räumen, in denen Gefangene vernommen wurden, jene Gardinen, Tapeten und Bodenbeläge zu sehen sein sollten, die Teil einer jeden durchschnittlichen Wohnung waren. Die Idee dahinter: Auch nach der Entlassung sollte man sich an die Zeit der Verhöre erinnern.
Oder dass der Gefangenentransporter als Fisch-Auto getarnt war oder mit einem Obst&Gemüse-Aufdruck, sodass niemand ahnte, was Auftrag und Ziel des Gefährts wäre. Mehr als 11.000 Menschen waren in Hohenschönhausen inhaftiert. Das, was sie hier erlebten, wird plastisch und eindrücklich gezeigt, erzählt und vermittelt. Die Führungen finden teilweise durch Zeitzeugen statt.
Man verlässt die Gedenkstätte mit einem beklemmenden Gefühl, aber auch mit einer gewissen Dankbarkeit – dass man einfach so wieder gehen darf. Dass man jederzeit seine Meinung sagen kann, ohne von irgendwem einfach so abgeholt und grundlos weggesperrt zu werden.
Adresse: Genslerstraße 66, 13055 Hohenschönhausen; Straßenbahnhaltestelle Genslerstraße (Tram 6 oder 16).
Öffnungszeiten: Die Dauerausstellung ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Die Führungen finden täglich zwischen 10 und 16 Uhr zu jeder vollen Stunde statt.
Eintritt: Der Besuch der Dauerausstellung ist kostenlos. Führungen kosten 6 Euro für Erwachsene, ermäßigt 3 Euro, Schülerinnen und Schüler zahlen 1 Euro.
3. East Side Gallery
Steht in jedem Touri-Führer, sind aber aufgrund der massiven Bebauung rundherum nicht mehr so beeindruckend und furchteinflößend, wie sie mal waren: die Reste der Berliner Mauer zwischen Friedrichshain und Kreuzberg, 1,3 Kilometer entlang der Spree. Der längste noch zusammenhängende Abschnitt ist als East Side Gallery bekannt. Nach dem Mauerfall wurden die Segmente von Künstlern aus aller Welt bemalt, dienen heute vorrangig als Foto-Kulisse.
Noch zu Beginn der Nullerjahre war es zu beiden Seiten der Gallery fast schon abweisend trostlos, alles lag brach, es war unwirtlich. Man bekam ein Gefühl dafür, was diese Mauer Berlin angetan hat. Es war ein Mahnmal, hoch und irgendwie unüberwindlich. Heute wirkt sie inmitten der riesigen Neubauten, des hübschen Rasens und der vielen gastronomischen Angebote eher wie eine Requisite.
Dennoch: Die East Side Gallery ist ein wichtiges Stück Berliner Geschichte. Genau wie die Stadt ständig im Umbruch ist, ist eben auch dieser Mauerabschnitt Teil eines permanenten Sich-Neuerfindens, einer Umdeutung von Orten und einer Rückeroberung von Flächen. Und auch das ist ein Wert für sich, typisch Berlin eben: bloß kein Stillstand.
Adresse: Mühlenstraße 3–100, 10243 Berlin; direkt am Ostbahnhof oder unweit vom U-Bahnhof Warschauer Straße (U1).
Öffnungszeiten: rund um die Uhr.
Eintritt: frei.
4. Stasi-Museum in der MfS-Zentrale
Normannenstraße. Wer die DDR als Berliner erlebte, wird noch heute Gänsehaut bekommen, wenn er den Namen der Straße hört. Dabei grenzte die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) nur zu einer Seite an die Normannenstraße, zu den anderen an die Frankfurter Allee sowie Rusche- und Magdalenenstraße. Ein riesiger, unübersichtlicher Komplex.
Nach der Wende wurde die Stasi-Zentrale, in der rund um den Mauerfall noch nächtelang Akten geschreddert wurden, zum Museum: „Das Herzstück des Museums bilden die historischen Diensträume Erich Mielkes, des letzten Ministers für Staatssicherheit der DDR, die seit 1990 weitestgehend in ihrem Originalzustand erhalten und zu besichtigen sind“, steht auf der Website.
In der Dauerausstellung wird deutlich, wie das MfS arbeitete, wie präsent es in buchstäblich allen Lebensbereichen war, wie man sich strukturierte und aufstellte, welche Repressalien und Überwachungsmethoden man anwandte.
Adresse: Normannenstraße 20, Haus 1, 10365 Lichtenberg (Eingang über die Ruschestraße). Vom U-Bahnhof Magdalenenstraße (U5) sind es nur wenige Minuten zu Fuß.
Öffnungszeiten: Montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr, Wochenende und feiertags 11 bis 18 Uhr.
Eintritt: 8 Euro für Erwachsene, ermäßigt 6 Euro, für Schüler ab 12 Jahre 4 Euro. Führungen immer montags, mittwochs, freitags, sonnabends um 13 Uhr, pro Person 4 Euro.
5. Mauermuseum am Checkpoint Charlie
Noch immer wirkt das Mauermuseum an der Kochstraße in Kreuzberg, direkt am Checkpoint Charlie, ein wenig unaufgeräumt und beengt. Das liegt aber nicht daran, dass lieblos kuratiert wurde, sondern dass einfach so viele spannende Geschichten erzählt und Exponate gezeigt werden. Die Masse an Eindrücken ist unfassbar und macht die Verzweiflung, die Menschen aus der DDR zu waghalsigen, lebensgefährlichen Fluchten trieb, deutlich.
Der Checkpoint Charlie ist Berlins, vielleicht sogar Deutschlands berühmtester innerdeutscher Grenzübergang. Dessen Geschichte und alles rund ums Thema Flucht aus der DDR finden Sie im dreistöckigen Mauermuseum auf 2000 Quadratmetern: historische Fotos, Zeitzeugenberichte, echte Fluchtobjekte (u. a. Heißluftballon, Sessellift, Kajak).
Adresse: Friedrichstraße 43–45, 10969 Kreuzberg; U-Bahnhof Kochstraße/Checkpoint Charlie (U6).
Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 18 Uhr.
Eintritt: Erwachsene 17,50 Euro, Studierende 11,50 Euro, Schüler 9,50 Euro, Kinder bis sechs Jahre haben freien Eintritt. Garderobe und Wertschließfächer sind kostenlos.
6. Notaufnahmelager Marienfelde
Wer hier landete, hatte es geschafft: Das Notaufnahmelager in Marienfelde war eine von insgesamt drei bundesdeutschen Anlaufstellen für Geflüchtete aus der DDR (die anderen beiden Lager befanden sich in Westdeutschland). Im April 1953 wurde der erste Abschnitt mit zehn Wohnblocks für 2000 Personen in Marienfelde eingeweiht – ab 1952 entstand hier, unweit von Ringbahn und Flughafen Tempelhof, ein großes Flüchtlingszentrum für Menschen aus Ostdeutschland.
Im September 1956 wurde der millionste Flüchtling im Notaufnahmelager Marienfelde aufgenommen, allein im August 1958 kamen 16.000 Menschen – durch den Mauerbau riss der Strom der Ost-Flüchtlinge ab. Heute sind Teile des früheren Lagers eine moderne Gedenkstätte, die originale Stockbetten, Koffer, Fluchtgeschichten, Amtsstempel und vieles mehr zeigt. Darüber hinaus gibt es künstlerische Auseinandersetzungen mit dem Thema Migration.
Tipp: Buchen Sie die Familientour in der Dauerausstellung (beides kostenfrei). Spielerisch kann man sich alles selbst erschließen, wird mit einem Tourenbeutel ausgestattet – und mit Audioaufnahmen von Kindern, die seinerzeit mit ihren Eltern in Marienfelde gelandet sind. Das Ganze dauert etwa 60 bis 90 Minuten, Ihr (Enkel-)Kind sollte mindestens acht Jahre alt sein.
Adresse: Marienfelder Allee 66–80, 12277 Marienfelde. Vom S-Bahnhof Marienfelde (S2) braucht man keine zwei Minuten.
Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags 10 bis 18 Uhr.
Eintritt: frei.
7. Gedenkstätte Bernauer Straße
Die Bilder vom Mauerbau an der Bernauer Straße gingen um die Welt: Wie Fenster zugemauert wurden, Menschen aus dem Obergeschoss in den Wedding sprangen, atemlos ihr Hab und Gut schnappten und losrannten. Heute ist das Geschichte, festgehalten in Büchern, für viele weit weg und unvorstellbar.
Damit nichts vergessen wird, zeigt das Besucherzentrum der Gedenkstätte Bernauer Straße, wie der Mauerbau Familien auseinanderriss, den Alltag vieler Berliner zerstörte, eine brutale Schneise durch die Innenstadt schlug. Von heute auf morgen war an der Bernauer Straße nichts wie zuvor. Verzweifelte Sprünge aus Fenstern endeten gar mit dem Tod, wer überlebte, ließ quasi alles zurück.
An der Bernauer Straße ist darüber hinaus ein authentisches Stück Mauer samt Todesstreifen und Wachturm erhalten. Von einer Aussichtsplattform auf der anderen Straßenseite aus kann man sich die Grenzanlage, wie sie in den 1980ern war, anschauen und bekommt einen Eindruck davon, wie viel Mühe sich die DDR-Oberen machten, um die Menschen einzusperren – und was sie in Kauf nahmen, um sie von der Flucht abzuhalten.
Insgesamt sind auf dem Gelände der Gedenkstätte 1,4 Kilometer Mauerverlauf, teils nachempfunden, weil die originalen Segmente nach 1989 entfernt wurden.
Adresse: Bernauer Straße 111, 13355 Wedding; S-Bahnhof Nordbahnhof (S1, S2, S25, S26).
Öffnungszeiten: Das Dokumentationszentrum (Besucherzentrum) ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Die Außenanlagen können täglich von 8 bis 22 Uhr besichtigt werden.
Eintritt: frei. Führungen kosten 3,50 Euro, ermäßigt 2,50 Euro, kostenlos für Schülerinnen und Schüler.
8. The Wall Museum mit Original-Wachturm
Falls Sie einen chronologischen Überblick über die Entstehung der Berliner Mauer bekommen wollen, wenn es Sie interessiert, wie das Leben in der geteilten Stadt war und wie die Meilensteine der Wiedervereinigung ausgestaltet waren, sollten Sie zum Leipziger Platz fahren. Hier sehen Sie weitgehend unbekannte Archivaufnahmen, Grenzer-Gewehr und -Uniformen, eine Rolle Stacheldraht, Dokumente und vieles mehr.
Zum Wall Expo Museum gehört eigentlich auch ein Wachturm am Potsdamer Platz (Erna-Berger-Straße, 10117 Mitte). Dieser findet sich in jedem Touri-Guide und konnte jahrelang bestiegen und besichtigt werden: Wie viel Platz hatte ein DDR-Grenzer dort oben? Welche Blickwinkel gab es?
Doch der Original-DDR-Wachturm des Typs BT-6, unten rund, oben achteckig mit Fensterluken und Schießscharten, steht derzeit hinter einem stacheldrahtbewehrten hohen Bauzaun. Kein Scherz! Museumschef Jörg Moser-Metius sagt der Berliner Zeitung auf Nachfrage, dass der Bund auf dem Areal einen Verwaltungsbau errichte. Dafür müsste und sollte der Wachturm versetzt werden, wogegen sich jedoch das Denkmalamt sperre. Nun steht der Turm inmitten der Baustelle, umgeben von schwerem Gerät, später unmittelbar an der Fassade des Gebäudes – und ist nicht zu besichtigen.
Dabei ist der sogenannte Rundblickbeobachtungsturm der einzig erhaltene seiner Art. Er wurde 1971 errichtet, war rund um die Uhr von zwei Soldaten besetzt (mit Schießbefehl!) und diente unter anderem der Überwachung des Hauses der Ministerien. 1989 gab es an der Berliner Mauer ungefähr 200 BT-6-Wachtürme.
Adresse: The Wall Expo befindet sich am Leipziger Platz 11 in 10117 Mitte; S- und U-Bahnhof Potsdamer Platz.
Öffnungszeiten: Montags bis samstags 10 bis 18 Uhr, sonntags bis 16 Uhr.
Eintritt: 10 Euro, ermäßigt 8 Euro, Kinder unter 6 Jahre haben freien Eintritt. Der Audioguide ist kostenlos.