Kachelöfen wieder in Betrieb nehmen, Kamin neu installieren: Ist das sinnvoll?

Die Gaspreise steigen, Elektroheizgeräte werden gehamstert: Sind Kachel- und Kaminöfen eine gute Alternative für den Winter? Drei Experten geben Rat.

Ein Ofenfeuer ist behaglich und sorgt für schnelle Wärme.
Ein Ofenfeuer ist behaglich und sorgt für schnelle Wärme.imago/Thomas Trutschel

Steigende Gaspreise, ein ungewisser Winter, Putins Gas, die Klimakrise – momentan dreht sich irgendwie alles um die bevorstehende Heizperiode. Und auch wenn es noch ein paar Monate dauert, bis der Herbst uns frieren lässt, wollen viele Deutsche jetzt schon vorsorgen.

Baumärkte und Online-Händler berichten von einem ungewöhnlichen Run auf Ölradiatoren, elektrische Heizlüfter und andere Heizungsersatzsysteme. Die Lager leeren sich, es gibt teils lange Wartezeiten, Kaminbauer haben volle Auftragsbücher. Es scheint, dass alle sich wappnen wollen für den Fall, dass Gas knapp oder unbezahlbar wird.

Bei der Verbraucherzentrale stehen Beratungen zum Einbau einer Wärmepumpe gerade hoch im Kurs. Auch Solarthermie ist derzeit ein großes Thema. Beides empfiehlt auch das Umweltbundesamt (UBA). Zugleich ist es aber so, dass Mieterinnen und Mieter solche Maßnahmen, die sowohl zeitaufwendig als auch kostenintensiv sind, nicht eigenständig umsetzen können: Das ist Aufgabe der Vermieter.

Was also tun? Wer zur Miete wohnt, sucht nach einfachen und schnellen Lösungen, nach niedrigschwelligen Angeboten. Deshalb erleben Alternativ-Heizungen jetzt so einen Boom. Eine weitere Überlegung wäre, alte Kachelöfen wieder in Betrieb zu nehmen.

In Berlin gibt es unzählige Altbauwohnungen, in denen noch immer Kachelöfen aus DDR-Zeiten (oder noch älter) stehen. Vielfach wurden diese außer Betrieb genommen, wären aber unter Umständen noch funktionstüchtig. „Zu Zeiten des Kalten Krieges gab es in West-Berlin eine Vorschrift, nach der jede Wohnung eine Notfeuerstätte haben musste“, erklärt der Kreuzberger Schornsteinfeger Alain Rappsilber von der Berliner Schornsteinfeger-Innung. Und im Osten der Stadt wurde sowieso viel mit Öfen geheizt, doch nicht alle haben die Sanierungen der Nachwendezeit überstanden.

Aber ist es überhaupt sinnvoll, einen alten Kachelofen wieder anzufeuern? Was muss man dabei beachten? Und wie schnell ‚rechnet‘ sich die Anschaffung eines Kaminofens? Belastet der entstehende Feinstaub die Luft übermäßig? Die Berliner Zeitung hat mit drei ausgewiesenen Experten gesprochen.

Kachelofen oder Kamin? Das rät die Verbraucherzentrale

Harald Lacher aus Bad Belzig (Potsdam-Mittelmark) ist Diplom-Ingenieur der Chemietechnik und selbstständiger Energieberater. Er arbeitet seit vielen Jahren im Auftrag der Verbraucherzentrale Brandenburg und sagt: „Alte Öfen sind nicht die besten Verbrenner. Ihr Wirkungsgrad liegt im Schnitt bei etwa 50 Prozent, das heißt, dass rund die Hälfte der Wärme aus dem Schornstein hinausgeht. Deshalb muss man folglich häufiger Holz nachlegen.“

Zugleich sei Holz eine erneuerbare Ressource: „Daher wird bei Erdgas das Fünffache an CO2 im Vergleich zum Holz freigesetzt. Holz hat bereits beim Wachsen CO2 aus der Luft entnommen. Gewinnung, Transport und fossiler CO2-Ausstoß von Erdgas – all das belastet die Umwelt, beim Holz allerdings deutlich weniger als beim Gas“, weiß Harald Lacher.

Um einen vorhanden Kaminofen wieder in Betrieb zu nehmen, sollte man beim Vermieter nachfragen, wann und weshalb der Ofen stillgelegt wurde. Sollte nichts gegen eine erneute Inbetriebnahme sprechen, sollten Sie Ihren Bezirksschornsteinfeger kontaktieren (siehe unten).

Beim Kauf eines neuen Kamins oder Kaminofens sollte man vorher die Betriebsanleitung genau lesen, sich schlaumachen, welchen Brennstoff (Pellets, Holzscheite, Briketts) man benötigt und was dieser kostet, wo man ihn lagern muss, wie die Handhabung des Ofens ist, welche Wartungsarbeiten empfohlen werden. Zudem sollte man sich auch mit den technischen Details beschäftigen: Welcher Feinstaubfilter ist verbaut? Gibt es Katalysatoren? Werfen Sie auch einen gesonderten Blick auf die technischen Daten: „Ein Wirkungsgrad von mehr als 90 Prozent sollte ein Ofen schon erreichen“, sagt Harald Lacher.

Die Verbraucherzentrale empfiehlt in diesem Zusammenhang Kaminöfen, die mit dem Blauen Engel zertifiziert sind. Diese verbrennen besonders gut und sorgen somit für eine geringstmögliche Umweltbelastung. Allerdings kosten diese Geräte mehrere Tausend Euro. Nun lässt sich anhand der schwankenden Gaspreise nicht sicher sagen, wie schnell sich derartige Ausgaben amortisieren, aber der Energieberater rät: „Betrachten Sie das als eine Investition in die Zukunft.“

Holz ist immer noch deutlich billiger als Gas, auch wenn es zuletzt teurer geworden ist. Darüber hinaus sorgen sauber verbrennende Öfen für weniger Feinstaub und Kohlendioxidbelastung als Geräte, die mit weniger guten Filtern und innovativer Technik ausgestattet sind.

„Es gibt ja auch preiswertere Öfen“, sagt der Experte. „Allerdings sollte man diese dann nicht im Dauerbetrieb laufen lassen, weil sie beispielsweise die Tür verziehen könnten. Und dann zieht der Ofen Luft und verbrennt dadurch schlechter, was die Umwelt stärker belastet. Kaminöfen sind per se nicht dazu da, sie tagtäglich anzuschmeißen.“

Und noch etwas gilt es zu bedenken: Die meisten Öfen haben ordentlich Power, können einen Raum von etwa 30 Quadratmetern bei Außentemperaturen um die 0 Grad schnell auf 40 Grad heizen. „Wenn man dann das Fenster öffnet, um die Raumtemperatur zu regulieren, ist das aus vielerlei Gründen nicht sinnvoll“, so Harald Lacher. Bei modernen Kaminöfen kann man die Brenngeschwindigkeit steuern, beispielsweise über eine automatisierte Sauerstoffzufuhr oder Raumthermostate.

Ganz wichtig: „Wenn Sie einen Ofen betreiben und in der Küche eine Dunstabzugshaube haben, die die Luft nach draußen ableitet und nicht nur umwälzt, dürfen Sie Ofen und Abzugshaube nicht gleichzeitig betreiben“, warnt Harald Lacher. „Ansonsten zieht der ganze Rauch aus dem Ofen in die Küche. Und dann wird es schnell gefährlich.“

Heizen mit Holz, Feinstaub, Wartungsintervalle: Das sagt der Schornsteinfeger

Bevor Sie einen alten Kachelofen wieder befeuern oder einen neuen Kamin(-ofen) in Betrieb nehmen, muss der Schornsteinfeger informiert werden. Dieser wird dann die Anlage überprüfen und begutachten. Niemand darf Ein- oder Umbauten an einem Kamin oder Schornstein vornehmen, ohne dass der Schornsteinfeger diese bestätigt hat! Dabei hat die Betriebs- und Brandsicherheit oberste Priorität. Ein Schornsteinfeger kennt die Risiken und Gefahrenstellen, prüft die Feuerbeständigkeit, die notwendigen Sicherheitsabstände und informiert über die erforderlichen Schutzmaßnahmen.

Der Sprecher der Schornsteinfeger-Innung in Berlin, Alain Rappsilber, gibt zu bedenken: „Egal, ob Kachel- oder Kaminofen: Setzen Sie sich vor einer Anschaffung oder Wiederinbetriebnahme eines Ofens zuerst mit Ihrem Vermieter in Verbindung und fragen diesen nach seinem Einverständnis.“

Der Schornsteinfeger wird Sie bei Ihrem Kaminwunsch unterstützen. Dazu muss er Sie üblicherweise zweimal besuchen. Einmal, um vorab eine sogenannte Feuerstättenbegehung durchzuführen und die Tauglichkeit vorhandener Schornsteinschächte zu bescheinigen sowie ein weiteres Mal, um die sichere Benutzbarkeit der Feuerungsanlage zu überprüfen und diese damit zu Nutzung freigeben. Hierfür fallen Kosten in Form von Gebühren an. In Berlin werden je Anfahrt pauschal 20 Euro berechnet.

Hinzu kommen 40 Euro je angefangene halbe Stunde vor Ort und im Büro. Ein Termin kostet im Schnitt zwischen 160 und 230 Euro. Beratungen am Telefon seien nicht sinnvoll und nicht verbindlich, weil es zu viele mögliche Einbausituationen und Fragen gäbe, die von den jeweiligen örtlichen Begebenheiten abhingen. „Daher prüfen wir den Zustand bestehender Schornsteine und Ofenrohre. Eventuell muss hier auch einmal etwas ausgetauscht werden, was aufgrund der derzeit hohen Nachfrage zum Problem werden kann“, so Alain Rappsilber.

Solange ein Ofen regelmäßig und vorschriftsmäßig von einem Schornsteinfeger gekehrt und überprüft werde, sieht Alain Rappsilber kein großes Problem in den Feinstaubemissionen. Er argumentiert: „Der Bundesverband der Schornsteinfeger führt regelmäßig Messungen durch und hat im letzten Jahr festgestellt, dass der bundesweite Anteil der gesamten Feinstaubbelastungen aus den Kaminöfen lediglich 8,1 Prozent beträgt. Der Rest stammt aus Industrie und Verkehr, innerstädtisch aber auch von Pizzabacköfen, Shisha-Bars, Grillanlagen und Café-Röstereien.“

Das größte Problem sei in der Regel eine falsche Handhabung, so der Kreuzberger. „Holz müsse einen Restfeuchtegehalt von etwa 15 Prozent oder weniger aufweisen. Andernfalls verbrenne es schlechter und es entstünden Gerüche und Feinstaub. Gleiches gelte, wenn man Holzscheite nachlege, aber nur noch wenig Glut im Ofen sei. Dann könne das Holz nicht heiß genug verbrennen, um möglichst wenig Schadstoffe zu produzieren.“

Aus Sicht des Schornsteinfegers ist der Holzofen die einzige Möglichkeit, das Gas- und Stromnetz tatsächlich zu entlasten. Allerdings rät auch er, herkömmliche Kamin- und Kachelöfen nicht im Dauerbetrieb zu heizen und permanent zu befeuern. „Dafür gibt es spezielle Dauerbrandöfen, die dann eine Heizung komplett ersetzen können“, so seine Meinung.

Aktuell verzeichnen Berlins Schornsteinfeger eine sehr stark gestiegen Nachfragen in Bezug auf Holzöfen. Der Beratungsbedarf ist groß: „Wir erklären auch genau, wie man richtig heizt“, so Alain Rappsilber.

Sobald der Ofen betrieben werden darf, muss ein- bis dreimal pro Jahr gekehrt werden. Das hängt vom jeweiligen Heizverhalten ab und muss mit dem zuständigen Schornsteinfeger besprochen werden. Zusätzlich wird der Ofen regelmäßig im Rahmen einer Feuerstättenschau geprüft.

Umweltbundesamt warnt: Wägen Sie gut ab

„Gas- und Ölfeuerungen stoßen bei gleichem Energiebedarf sehr viel weniger Feinstaub aus als Festbrennstoffkessel“, stellt das UBA auf seiner Website fest. Festbrennstoffe sind zum Beispiel Holzscheite. Diese werden beispielsweise in sogenannte Einzelraumfeuerungsanlagen – Behördendeutsch für Öfen – verbrannt.

„Einzelraumfeuerungsanlagen verbrennen entweder Scheitholz, das von Hand in die Feuerungsanlage eingebracht werden muss, oder Holzpellets, die mechanisch in die Feuerungsanlage eingebracht werden. Bei Festbrennstofffeuerungen gibt es neben Pellet- und Scheitholzkesseln auch noch automatisch betriebene Hackschnitzelkessel, dabei werden die Holzhackschnitzel mechanisch dem Brennraum zugeführt“, so die Behörde.

Und weiter: „Ein besonderes Problem stellen die – zumeist älteren – Einzelraumfeuerungen dar. Sie verursachen bei gleichem (Primär-)Energieeinsatz um ein Vielfaches höhere Feinstaub-Emissionen als moderne Festbrennstoffkessel. Wie hoch diese Emissionen tatsächlich sind, hängt nicht nur von Art und Alter der Anlage ab. Auch die Art der Brennstoffzufuhr (automatisch oder manuell), der Wartungszustand der Anlagen sowie die Auswahl und Qualität des genutzten Holzes spielen eine Rolle.“

Hinzu käme, teilt das UBA auf Anfrage mit, „dass Öfen nur mit den Brennstoffen betrieben werden dürfen, für deren Einsatz sie nach Angaben des Herstellers geeignet sind. Das heißt: Öfen, die nur für Kohle zugelassen sind, dürfen nicht mit Holz befeuert werden und umgekehrt.“ Bevor man einen alten Kachelofen also in Betrieb nimmt, sollte man auch das in Erfahrung bringen. In diesem Zusammenhang weist die UBA-Expertin darauf hin, dass „stillgelegte Kaminöfen (…) nur unter der Voraussetzung wieder in Betrieb genommen werden (dürfen), dass die geltenden Emissionsgrenzwerte eingehalten werden“.

Das UBA rät ganz klar „wegen der Feinstaubbelastung von der Verbrennung von Holz in kleinen Feuerungsanlagen ab, da die begrenzte Ressource Holz möglichst in langlebigen Gebrauchsgütern (z. B. Häuser, Möbel) stofflich genutzt werden sollte und klima- und umweltfreundlichere Alternativen zur Raumheizung zur Verfügung stehen (z. B. Wärmepumpen und Solarthermie). Vor der Entscheidung für ein Heizsystem sollte der Energiebedarf gesenkt werden, beispielsweise durch Wärmedämmungsmaßnahmen.“

Fazit: Sollte man im Winter mit einem Ofen heizen?

Unter dem Strich ist es eine Gewissensfrage, die jede und jeder für sich selbst entscheiden muss. Unabhängig von den notwendigen Investitionen (u. a. Anschaffung, Holzeinkauf, Schornsteinfeger) sollte man sich selbst fragen, was einem wichtig ist.

Nutzt man weiter seine Gasheizung und heizt mit einer begrenzten Ressource, einem fossilen Brennstoff, und vertraut darauf, dass Privathaushalte prioritär beliefert werden? Oder möchte man ein Stück weit unabhängig sein und mit Holz heizen, einem zwar nachwachsenden, aber auch nicht unendlich vorhandenen Rohstoff. Und kann man damit leben, zusätzlichen Feinstaub zu produzieren? Andererseits: Will man wirklich Putins Gas?

Und was wird am Ende teurer sein? Die steigenden Gaspreise oder der neu errichtete Kaminofen? Wenn Sie unsicher sind, können Sie sich bei der Verbraucherzentrale dazu beraten lassen.

Aber auch der beste Ofen kann zur „Dreckschleuder“ werden, wenn die Person, welche ihn beheizt, falsche oder ungeeignete Brennstoffe wie zum Beispiel Zeitungen, Taschentücher oder unzureichend trockenes Holz verwendet. Dies schadet man der Umwelt sehr, weil durch die falsche Handhabung unnötig Schadstoffe freigesetzt werden, welche wir dann wieder einatmen.