Berliner Forscher testen im Labor: So steigen Ihre Chancen, Krebs zu besiegen
Ob eine Chemotherapie wirkt oder nicht, kann niemand sicher sagen. Ein Pankower Labor jedoch kann individuelle Wahrscheinlichkeiten berechnen.

Eine der häufigsten Fragen, die Patientinnen und Patienten mit Krebsdiagnose stellen, ist wohl: Wie sind die Heilungschancen? Die Antwort fällt meist vage aus. Vieles ist ungewiss im Kampf gegen Krebs, auch wenn die Chancen rein statistisch heute so gut sind wie nie. Krebs bedeutet nicht zwangsläufig, dass man stirbt. Um eine Therapie kommt man jedoch nicht herum.
Um Krebs zu behandeln, gibt es verschiedene Verfahren, von denen die Chemotherapie das bekannteste ist. Betroffene fürchten sich vor den Nebenwirkungen wie Haarausfall, entzündete Schleimhäute, Erbrechen. Und es macht ihnen zu schaffen, dass niemand mit Sicherheit sagen kann, wie erfolgreich die Behandlung sein wird. Es gibt nur die Statistik, an der man sich festhalten kann.
Ein Forschungsteam um den Diplom-Biologen Dr. Christian Regenbrecht aus Berlin-Buch jedoch hat ein Verfahren entwickelt, mit dem man im Labor verschiedenste Therapien testen kann, bevor sie verabreicht werden. Ihr Motto lautet: „Vor Behandlungsbeginn die Optionen testen. Im Labor. Ohne Nebenwirkungen.“ Profitieren kann jeder davon, jetzt sofort und ohne langes Warten.
Seit gut 20 Jahren forscht Regenbrecht zur Wirksamkeit von Krebstherapien beziehungsweise deren Voraussagbarkeit anhand labortechnischer Mittel. „Seit 2019 sind mein Team und ich uns so sicher in dem, was wir machen, dass wir es Menschen mit Krebs anbieten“, sagt er.
Krebs in der Petrischale besiegen: Wie geht das?
Die Technik nennt sich Reverse Clinical Engineering und beschreibt ein Verfahren der Präzisionsmedizin: „Wir sind in der Lage, anhand von Tumorproben sehr sicher vorauszusagen, wie gut verschiedene Therapieformen einem an Krebs erkrankten Menschen helfen, und zwar ganz individuell“, sagt Regenbrecht. „Denn was für den einen Menschen gut funktioniert, kann bei dem anderen nicht den gleichen Erfolg haben.“
Das Prozedere funktioniert für alle Menschen, die einen tumorbildenden Krebs haben, also beispielsweise Brustkrebs, Prostatakrebs, Darmkrebs, Hautkrebs oder Lungenkrebs, aber auch seltene Tumoren wie Sarkome. Für Leukämie ist das Verfahren bislang noch nicht geeignet, „aber wir sind dran“, versichert der Biologe.
Um die Therapie vorab zu testen, wird der oder dem Betroffenen im Krankenhaus ein wenig Tumorgewebe entnommen, nur wenige Millimeter. „Das Gewebe wird vervielfältigt und auf 384 Reaktionsgefäße aufgeteilt“, erklärt Regenbrecht. „So können wir mehrere Medikamente gleichzeitig testen, ebenso verschiedene Konzentrationen. Und wir wiederholen die Tests auch, um Fehler auszuschließen.“
So findet das Team heraus, wie der Tumor in der Petrischale auf das jeweilige Medikament und die unterschiedlichen Gaben reagiert. „Anhand dessen können wir sagen, welche Therapieform für die Person, der die Tumorzellen entnommen wurden, funktionieren wird und welche nicht“, fasst der Forscher zusammen.
Seine Motivation war und ist: „Ich will nicht Mäuse mit Krebs anstecken, sondern Menschen von Krebs heilen. Und ich will auch nicht wissen, wie eine Therapie auf eine Maus wirkt, sondern wie ich Menschen schnell und effektiv helfen kann“, erzählt der Panketaler.
Wie sicher ist die Voraussage der Krebstherapie?
Das Testverfahren dauert im Schnitt 27 Tage. „Bei einer jungen Frau aus Magdeburg hat es einmal nur neun Tage gedauert“, erinnert sich der Forscher. „Es ging buchstäblich um Leben und Tod. Der Tumor wuchs ums Herz und hinderte es am Schlagen. Vier alternative Medikamente standen zur Auswahl, und es war klar, dass die Behandelnden nur einen Versuch haben würden. Mit unserer Versuchsreihe konnten wir sagen, welches Medikament die richtige Wahl ist.“
Bei der Voraussage, welches Medikament den Tumor besiegen wird, liegen die Bucher Forschenden zu 80 Prozent richtig. In nur 20 Prozent der Fälle tritt der Erfolg im wahren Leben nicht ein wie in der Petrischale. Das heißt aber nicht, dass die Therapie gar nicht wirkt.
„Bei der Prognose von nicht wirkenden Therapien sind wir knapp unter 100 Prozent“, erläutert der Biologe weiter. „Das heißt, dass wir wirklich sehr sicher sagen können, was nichts bringt.“ So können Patientinnen und Patienten Nebenwirkungen erspart bleiben, die lange Ungewissheit – es wird Zeit gespart, weil man sich auf erfolgversprechendere Therapien verlegen kann.
Überhaupt spielt die Psyche, der Durchhaltewillen in der Krebstherapie eine große Rolle. Zu wissen, dass die Mühen, die man mit einer Chemo auf sich nimmt, sehr wahrscheinlich zum Gesundwerden führen, lässt einen die Qual leichter ertragen – zumindest mehr, als wenn unklar ist, ob es tatsächlich hilft.
Aber auch umgekehrt kann die Prognose der Bucher helfen, wie Regenbrecht erklärt: „Wir hatten mal einen Berliner, der bei seiner Chemo gar keine Nebenwirkungen hatte. Keine Übelkeit, keine Schmerzen, die Haare fielen nicht aus. Deshalb zweifelte er an der Wirksamkeit der Therapie. Wir konnten zeigen, dass sie hervorragend wirkt und er einfach riesiges Glück hatte, keinerlei Beschwerden zu haben.“
In der Forschung ist es so, dass jede Krebstherapie immer auch in eine Statistik einfließt: Wie erfolgreich war sie? Welches Mittel hat bei wie vielen Menschen gut angeschlagen? „Manchmal muss man statistisch betrachtet 28 Menschen mit dem gleichen Medikament behandeln, damit ein Patient profitiert. Das ist für bestimmte Tumoren sogar ein guter Wert, heißt aber auch, dass ein Münzwurf wesentlich erfolgreicher ist“, sagt Regenbrecht.
Anders ausgedrückt: „Die Statistiken zur Krebstherapie machen gute Aussagen dazu, welches Medikament insgesamt die größten Heilungschancen verspricht, aber sie sagen nicht, ob es individuell gut wirkt“, so der Biologe. „Das ist bei unserem Verfahren anders. Ich kann jeder einzelnen Person sagen, was wahrscheinlich gut und was nicht wirken wird.“
Was kostet das Testen der Krebstherapien?
Im Schnitt fallen für das vorherige Testen der Krebsmedikamente um die 5700 Euro an. Je nach Verfahren und Aufwand kann es auch teurer werden. „So wie letztens bei einer Patientin aus Australien. Für sie hatten wir mehr als 50 Medikamente überprüft“, erinnert sich der Forscher.
Normalerweise muss man die Kosten selbst tragen. Aber: „Viele Privatversicherte bekommen die Auslagen zu fast 100 Prozent erstattet“, weiß Regenbrecht. „Und bei den gesetzlichen Kassen bekommen die Patienten zu etwa 70 Prozent positive Kostenübernahmebescheide.“
Aber auch für all jene, die sich das nicht leisten können und wo die Kasse nicht zahlt, gebe es Möglichkeiten, so der Biologe: „Wir haben die Cancer Rebels gegründet, einen Verein, der finanziell unterstützen kann. Oder wir gucken, dass wir die Person in ein Forschungsprojekt aufnehmen. Für uns ist klar, dass es für niemanden am Geld scheitern soll.“
Wie komme ich an das Testverfahren?
Um einen Krebstumor mit den verschiedenen Medikamenten testen zu lassen und seine eigenen Heilungschancen zu erhöhen, kann man sich an die von Regenbrecht gegründete Firma ASC Oncology in Buch wenden. „Wir testen als Erstes die Verfahren, die der Arzt oder die Ärztin der betroffenen Person verabreichen würde“, sagt der Biologe. „Wir können aber auch andere Medikamente testen. Eine Vermischung mit Interessen der Pharmaindustrie findet jedoch zu keinem Zeitpunkt statt.“
Melden kann sich jede Klinik, jeder Mensch, jede Praxis. Das Verfahren funktioniert zum jetzigen Zeitpunkt vorrangig für tumorbildende Krebsarten, nicht für Blut- oder Lymphdrüsenkrebs. Ob das Verfahren für Sie geeignet ist, wird in einem persönlichen Gespräch geklärt. Man kann online um einen Rückruf bitten. Hierfür gibt es buchbare Zeitfenster im Halbstunden-Rhythmus. Diese Vorab-Gespräche sind kostenfrei.