Wie ein Profi: So klappt es bestimmt mit dem Sporttreiben und Fitwerden

In unserer Serie erklären Expertinnen und Experten, wie sie ihren Job privat umsetzen. Heute: So hält sich ein Sportwissenschaftler fit.

Joggen: Ein guter Anfang, um fit zu werden.
Joggen: Ein guter Anfang, um fit zu werden.Daniel Ingold v/imago

Mehr Sport zu treiben, fitter zu werden, etwas für die eigene Gesundheit zu tun – wohl kaum ein guter Vorsatz geht uns häufiger über die Lippen als die Erkenntnis, dass wir uns mehr bewegen sollten oder wollen. Leider währt die Motivation meistens nicht sehr lang.

Denn mit guten Vorsätzen ist es wie mit guten Ratschlägen: Sie klingen ach so einfach, lassen sich aber für die meisten von uns nicht so leicht in den Alltag integrieren. Wir wissen, dass wir uns gesünder ernähren und mehr Ordnung halten sollten – allein: Es ist so schwer! Wie kriegen echte Fachleute das hin? Wie motivieren die sich, welche Alltagstipps beherzigen sie wirklich? Wir haben nachgefragt.

In unserer fünfteiligen „Wie ein Profi“-Serie geht es darum, wie sich eine Ärztin ernährt und vor Erkältungen schützt, was eine Energieberaterin in puncto Stromsparen umsetzt, worauf ein Karriere-Coach im Job achtet und was eine Hauswirtschafterin tut, damit ihr Zuhause sauber und ordentlich bleibt. Heute soll es um den Sport gehen.

Prof. Dr. Ingo Froböse ist Leiter des Instituts für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation an der Sporthochschule Köln (DSHS). Er schreibt auch Bücher über Sport, Gesundheit und Ernährung. Früher war der heute 65-Jährige Leistungssportler: „Ich war 100-Meter-Sprinter und habe mein halbes Leben damit verbracht, meine Schnelligkeit und meine Leistung zu messen. Das ist vermutlich der Grund, weshalb ich das heute nicht mehr tue. Ich habe einfach nur so Spaß am Sport.“

Tipp: Sorgen Sie für das richtige Setting

Und das dürfte das größte Geheimnis sein, wenn es darum geht, dranzubleiben und durchzuhalten: Man muss Lust haben auf den Sport, und man sollte nicht krampfhaft ein Ziel verfolgen. „Wenn man es entspannt angeht, macht Sport manchmal viel mehr Spaß“, so Prof. Dr. Ingo Froböse. Er weiß aber auch: „Ich kann ohne Sport nicht leben, ich muss und möchte jeden Tag Sport treiben. Insofern entspreche ich sicher nicht dem Durchschnitt und diene auch nicht als Vorbild.“

Es ist gut, wenn man sich einen Sport sucht, der einem Spaß macht. Dann rafft man sich leichter auf. Für die einen ist das ein Spinning-Kurs, wo man sich auf einem Fahrrad-Ersatz auspowert, andere hingegen lieben es vielleicht eher, an Geräten zu trainieren, oder mögen die Bewegungen beim Pilates.

Je angenehmer Sie das Training gestalten, desto mehr werden Sie Lust verspüren, den Sport auch auszuüben. Womöglich fällt es Ihnen leichter, wenn Sie beim Joggen einen tollen Podcast hören? Oder Sie machen es wie Prof. Dr. Ingo Froböse und starten nicht allein: „Ich laufe immer mit meiner Frau zusammen, allerdings unter dem Aspekt der subjektiven Unterforderung. Unser Motto lautet: Laufen ohne schnaufen. Wir unterhalten uns nebenbei“, erzählt der Sportwissenschaftler. „Auch meine Frau war früher Spitzensportlerin, und wir beide haben keine Lust mehr, auf Zeit zu rennen. Wir joggen ganz entspannt.“

Der Vorteil dabei: Man verbringt Zeit mit einem lieben Menschen, was ja heute vielfach zu kurz kommt. Indem man einen festen Termin vereinbart, fällt es einem leichter, sich an die neue Routine zu halten. Und wenn man eine Sportart gefunden hat, die gefällt, muss man nicht 100 Prozent geben – es reicht, dass man überhaupt etwas macht. Lösen Sie sich von dem Gedanken, mit sich selbst oder anderen im Wettbewerb zu stehen.

Welcher Sport ist gut, um fit zu werden und zu bleiben?

Das Ehepaar Froböse joggt sechsmal pro Woche eine Stunde, bei jedem Wetter, meistens abends, wenn die tägliche Arbeit erledigt ist und bevor man zum gemütlichen Teil des Tages übergeht. „Ausdauertraining ist in jedem Alter eine gute Investition in die Gesundheit, mit steigendem Alter umso mehr. Das gilt auch fürs Muskeltraining und die Beweglichkeit“, fasst der Experte zusammen.

Jedoch war das lange Laufen auch für die Profis anfangs eine Überwindung, wie er erzählt: „Wir sind immer gegen die Uhr gelaufen, das war viele Jahre ein wichtiger Teil unseres Lebens. Das außen vor zu lassen und weder Zeit noch Puls zu messen, war nicht einfach. Aber wir haben den Nutzen für uns erkannt, nämlich unter anderem durch das gemächliche Joggen unser Leben zu entschleunigen.“

Tipp: Variieren Sie Ihre Laufstrecke, wenn Sie joggen. „Meine Frau und ich laufen nie den gleichen Weg. Wir laufen mal in die eine Richtung und danach in die andere, suchen uns neue Strecken, variieren durchaus auch mal das Tempo, bauen Sprints von Laterne zu Laterne ein. So wird es nie langweilig“, so Prof. Dr. Ingo Froböse. „Sonst langweilt sich das Gehirn ja.“

Sonntags gehen die Eheleute zwei bis drei Stunden wandern. Auch wenn Wandern immer ein bisschen altbacken klingt: Fachleute verschiedenster Richtungen sind sich einig, dass Wandern gesund ist und fit hält. Durch das Auf und Ab werden Muskelgruppen beansprucht, die im Alltag eher vernachlässigt werden. Zudem gilt Waldluft als besonders gesund und anregend. Das Orientieren in neuer Umgebung fordert zudem unser Hirn, das durch die zusätzliche Aufgabe ebenso im Training bleibt wie der Rest des Körpers. Wandern ist also eine Win-win-Situation.

Zweimal pro Woche gehen die Froböses ins Fitnessstudio: „Ich mache dann Muskeltraining für den ganzen Körper, trainiere einmal alle Muskelgruppen mit sehr hohen Belastungen. Das dauert gute 90 Minuten“, so der Sportwissenschaftler. „Um einen Effekt zu erzielen, muss man auch mal maximal trainieren. Nur so erhält man seine Schnelligkeit, die Kraft und Reaktionsfähigkeit. Gerade im Alter gehen die großen weißen Muskelfasern verloren. Erhalten kann man sie nur durch große Belastung.“

Sprich: Trainieren, bis die Muskeln brennen. Das kann man an Geräten machen, in einem Bauch-Beine-Po-Kurs oder mit entsprechendem Wissen sogar zu Hause. Das Training mit dem eigenen Körpergewicht kann, wenn man es richtig macht, wahnsinnig effektiv sein. Allerdings kann die Überwindung, Sport zu treiben, zu Hause größer sein als im Sportstudio. Oder fällt es Ihnen gar leichter, zu Hause ein paar Übungen zu machen und nicht extra irgendwohin fahren zu müssen?

Falls Sie keine Zeit haben, Sport zu machen, können Sie versuchen, ein paar Trainingseinheiten in Ihrem Alltag zu verstecken, was Prof. Dr. Ingo Froböse zusätzlich macht: „Ich nehme eigentlich immer die Treppe und den Fahrstuhl so gut wie nie. Wenn man die Alltagsaktivität sucht, tut man sich schon viel Gutes.“ Viele körperliche Vorgänge hängen maßgeblich mit der Bewegung zusammen, darunter auch unser Immunsystem. Versuchen Sie, häufiger zu Fuß zu gehen oder mit dem Rad zu fahren.

Nie vergessen: Dehnen Sie sich

Egal wo – eines sollten Sie keinesfalls vernachlässigen: Dehnübungen! „Gymnastik mache ich, machen wir tatsächlich jeden Tag. Das ist wichtig, um auch im Alter beweglich zu sein. Andernfalls werden Sie irgendwann nicht mehr oben aus dem Schrank etwas herausnehmen können“, weiß Prof. Dr. Ingo Froböse.

Ganz besonderes Augenmerk sollte man auf die Schultern und die Hüften legen, damit nicht irgendwann ein künstliches Gelenk nötig wird. Denn sofern unsere Gelenke nicht beansprucht, gedehnt und genutzt werden, geben sie irgendwann ihren Geist auf. Für die Schultergelenke gilt: Kreisen Sie sie langsam aus. Große Runden, kleinere, möglichst langsam, mal vorwärts, mal in die andere Richtung. Und die Hüften können Sie ebenso kreisen, im Liegen oder im Stehen, mal mit ausgestreckten, mal mit angewinkelten Beinen.

Geeignet ist auch ein Ausfallschritt (im Yoga: Krieger) oder wenn Sie die Beine anwinkeln und ganz dicht an Ihren Körper ziehen. Beim Dehnen gilt aber wie beim Sport allgemein: „Hören Sie auf Ihren Körper. Gehen Sie nicht über seine Grenzen, um keine Verletzungen zu riskieren“, rät der Experte.

Etwas, das die meisten Menschen vergessen oder vernachlässigen, ist die Gesundheit ihrer Füße. Dabei sind diese mit verantwortlich für unsere Stabilität, buchstäblich für unsere Standfestigkeit, denn auf ihnen ist alles aufgebaut. Fußfehlstellungen können dazu beitragen, auch an der Hüfte oder im Rücken Schmerzen zu bekommen. Deshalb empfiehlt Prof. Dr. Ingo Froböse eine tägliche Zehengymnastik.

„Ich ziehe jeden Zeh einzeln hoch Richtung Fußrücken und in die Länge. Das ist eine wunderbare Dehnung, man bekommt keine Plattfüße und das Fußgewölbe bleibt bestehen, die Zehen beweglich“, erklärt der Sportwissenschaftler. „Schuhe sind grundsätzlich Gefängnisse für unsere Füße. Deshalb achte ich auf gute Qualität und wechsele meine Laufschuhe auch nach spätestens 800 Kilometern aus.“

Wichtig: Achten Sie auf die richtigen Schuhe

Viele Menschen glauben, sie müssten sich teure Laufschuhe kaufen, die möglichst gut gedämpft sind, um die Gelenke zu schützen. Das sieht der Sportwissenschaftler anders: „Je stärker die Dämpfung im Schuh, desto instabiler ist das Laufen darin. Das weiche Gewebe gibt wenig Halt. Ich selbst achte zwar auch auf eine Dämpfung, aber die muss nicht besonders stark sein.“

Ein dick gedämpfter Schuh könnte demnach dafür sorgen, dass Sie leichter umknicken, weshalb der Fachmann zum weniger gedämpften Schuh rät. Denn: „Sofern unsere Muskeln intakt sind, sind auch unsere Gelenke ziemlich gut geschützt. Da braucht es keine spezielle Dämpfung.“

Insofern stehen die Schuhe sinnbildlich für unseren Umgang mit unserem Körper im Allgemeinen: Wir schonen uns viel zu sehr! Dabei sind es gerade die Herausforderungen, die unser Körper braucht, um bis ins Alter leistungsfähig zu bleiben. Kurzum: Wer fit und gesund bleiben will, kommt um Bewegung nicht herum. Und dafür muss niemand zum Leistungssportler werden. Es reicht, wenn man jeden Tag ein bisschen was macht – das aber konzentriert und zielgerichtet.