Zeitreise im Museum: Wohnungen zeigen, wie man früher in Berlin lebte
Biedermeier, Gründerzeit, DDR: In Berlin ist viel erhalten geblieben. Besichtigen kann man das auch in Wohn-Museen, wo ganze Einrichtungen präsentiert werden.

Berlin erzählt gefühlt an jeder Ecke Geschichte. Die unterschiedlichen Baustile, Mahnmale und Gedenkorte, Tausende von Stolpersteinen, Museen. Gerade Letztere beherbergen einen Schatz an Wissen, den man kaum fassen kann und der sicherstellt, dass einem in Berlin einfach niemals langweilig sein muss.
Wer beim Museum an verstaubte Exponate und Glasvitrinen denkt, war vermutlich schon länger nicht mehr in einem. Wir möchten Ihnen an dieser Stelle einige von Berlins Alltagsmuseen ans Herz legen: Orte also, die davon erzählen, wie es damals im echten Leben war, wo man sozusagen durch das Leben anderer Menschen spaziert. Und was wäre wohl persönlicher als die Wohnung von Menschen?
Bestaunen Sie beispielsweise Grammofone, samtbezogene Sofas, schwere Teppiche und Kronleuchter. Natürlich konnte sich schon damals nicht jeder derart gemütliches Wohnen leisten. Anders eine Plattenbauwohnung in der DDR, die ebenso wie die Einrichtung dafür konzipiert war, für alle erschwinglich zu sein.
Wo Sie was angucken können, was es kostet und wie die Öffnungszeiten sind, haben wir für Sie zusammengetragen.
Das Gründerzeitmuseum der Charlotte von Mahlsdorf
Sie hat alles allein gemacht: Charlotte von Mahlsdorf hatte sich als Kind in den Stil der Gründerzeit verliebt und als Erwachsene angefangen, Möbel aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert zu sammeln. Bis zu ihrem Tod im April 2002 hatte sie ein ganzes Museum zusammen, das sie in einem alten Gutshaus mit herrlichem Anwesen unterbrachte.
Das Gründerzeitmuseum ist eine Villa, die in 17 Räumen vom bürgerlichen Wohnen berichtet, aber auch das Drumherum nicht ausspart: Im Keller gibt es eine komplett erhaltene Zillekneipe sowie ein sogenanntes Hurenzimmer und eine vollständig eingerichtete Küche. Zudem werden die beengten Verhältnisse dargestellt, in denen jene wohnten, die nicht genug Geld für ein behagliches Leben hatten.

Von jenem schönen Leben jedoch kann man viel, sehr viel sogar sehen (und hören), hier im Erdgeschoss des Gutshauses. Originalgetreu bemalte Wände, Kinderspielzeug, Musikmaschinen, Herrenzimmer, Wohnstube, Schlafgemach, alte Spiegel, Kristalllüster. In jeder Ecke, in jedem Winkel gibt es etwas zu entdecken, und alles hat eine Geschichte, die bei den Rundgängen gern von den Mitarbeiterinnen erzählt werden.
Adresse: Gründerzeitmuseum, Hultschiner Damm 333, 12623 Berlin
Öffnungszeiten: Mittwochs bis sonntags von 10 bis 18 Uhr
Eintritt: 4,50 Euro pro Person, Kinder ab vier Jahren 2 Euro, ab 12 Jahren 3,50 Euro (gilt auch für Studierende)
Biedermeier im Knoblauchhaus
Das Bettgestell Alexander von Humboldts, der 1859 starb; eine Bibliothek mit Ohrensessel und Büste neben dem Lesetisch; Stuck, Parkett, geschwungene Holztreppen, Kassettentüren. Im Knoblauchhaus im Nikolaiviertel kann man sich anschauen, wie das bürgerliche Leben im Biedermeier zwischen 1815 und 1848 aussah, also grob gesagt jene Epoche vor der Gründerzeit.
Es ist eines der wenigen in Berlin erhaltenen Bürgerhäuser aus dem 18. Jahrhundert. Gezeigt wird, wie vor rund 200 Jahren die Kaufmannsfamilie Knoblauch hier lebte. 170 Jahre war das Haus in Familienbesitz, bevor sie es 1929 an die Stadt Berlin verkaufte. Den Zweiten Weltkrieg überstanden nur vier Häuser im Nikolaiviertel, eines davon ist das Knoblauchhaus, das heute zum Märkischen Museum gehört.
„Die Errichtung des Hauses kostete den Bauherrn Johann Christian Knoblauch 10.044 Taler, 23 Groschen und 8 Pfennige“, heißt es in dem sehr ausführlichen Wikipedia-Artikel zur Familie Knoblauch. „12.000 Dachziegel und 212.000 Mauersteine wurden zwischen 1759 und 1761 verbaut.“
Adresse: Museum Knoblauchhaus, Poststraße 23, 10178 Berlin
Öffnungszeiten: Dienstags bis donnerstags von 12 bis 18 Uhr, freitags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr
Eintritt: kostenlos
Wohnen wie früher im DDR-Plattenbau
„Wenn ich ehrlich bin, geht es mir beim Verweilen so, als ob ich in meinem ‚alten‘ Leben wühlte. Zu einer Zeit, als ich mich in solchen vier Wänden glücklich gefühlt habe wie Krösus …“, zitiert das Wohnungsunternehmen Stadt und Land eine der ersten Besucherinnen, die sich 2004 ins Gästebuch der Museums-Plattenbauwohnung eingetragen haben.
Drei Räume, 61 Quadratmeter, Parterre rechts, ein schmaler Flur geradezu, seitlich und am Ende abgehend Küche, Bad, Wohnstube, Schlaf- und Kinderzimmer. Die Museumswohnung ist vom Lichtschalter über die Kloschüssel bis hin zum Colormat-Fernseher originalgetreu eingerichtet, so, wie es seinerzeit üblich war.

„Der beim RFT Staßfurt vom Band laufende Farbfernseher war seinerzeit 4200 Mark teuer – ein kleines Vermögen angesichts eines durchschnittlichen Bruttogehaltes von 1322 Mark (1989). Die Miete für diese 3-Zimmer-Wohnung, die einer Familie mit ein oder zwei Kindern Platz zum Wohnen und Leben bot, betrug dagegen nur 109 Mark im Monat“, schreibt Stadt und Land.
Fertiggestellt wurde die Wohnung 1986 vom VEB Wohnungsbaukombinat Cottbus. Die Museumswohnung gehört zum Typ WBS 70, eine von mehr als 40.000, wie sie in Hellersdorf errichtet wurden. Der Ausbau einer solchen Plattenbauwohnung soll nur 18 Stunden gedauert haben.
Adresse: Museumswohnung WBS 70, Hellersdorfer Str. 179, 12627 Berlin
Öffnungszeiten: Sonntags von 14 bis 16 Uhr sowie nach Absprache unter 0151-16 11 44 47
Eintritt: kostenlos
DDR-Museum zeigt authentische Wohnung
Nicht original im echten Plattenbau, dafür mit Special Effects und zum Auskundschaften: Das DDR-Museum versteht sich ausdrücklich als Museum zum Anfassen. So auch in der eigens hergerichteten Plattenbauwohnung, die aus drei Räumen sowie Küche und Bad besteht. Beim Blick in die Sprelacart-Küchenschränke entdeckt man nicht nur Hühnereierbecher, sondern kann sich auch Rezepte ausdrucken.
Im Fernseher in der Stube läuft das Programm vom Montag, dem 5. März 1984 mit dem „Schwarzen Kanal“, aber man kann auch Westfernsehen gucken. Überall darf angefasst und ausprobiert werden, beispielsweise am Kleiderschrank, wo man sich virtuell einkleiden kann. Dort hängt beispielsweise Muttis Kittelschürze, die einem per digitalem Spiegel auf den Leib projiziert wird. Beim Blick aus dem Fenster hat man das Gefühl, im fünften Stock zu sein. Unten viel Beton und ein paar Trabis. Und auch die Stasi versteckt sich in der Nähe der Wohnung mit einem Abhörstützpunkt.
Achtung: Wegen des geplatzten Aquadoms ist das DDR-Museum derzeit geschlossen. Die Wiedereröffnung ist für den 1. April 2023 geplant.
Adresse: DDR-Museum, Vera-Brittain-Ufer, Karl-Liebknecht-Str. 1, 10178 Berlin
Öffnungszeiten: nach der Wiedereröffnung täglich von 9 bis 21 Uhr
Eintritt: 12,50 Euro, ermäßigt 7 Euro
So lebte man um 1900 in Pankow
In Pankow kann man gleich an zwei Orten die Wohnkultur der Gründerzeit besichtigen, einmal in Prenzlauer Berg und einmal im Pankower Florakiez. Gezeigt werden zwei Wohnungen, wie sie um 1900 möbliert waren und genutzt wurden.
Am Standort Dunckerstraße, unweit vom Helmholtzplatz, sind Stube, Kammer und Küche zu sehen: Dielenboden, Waschgeschirr, Vertiko, Teekessel. Eine typische Arbeiterwohnung. Inhaltlich werden in der Schau „Zimmermeister Brunzel baut ein Mietshaus“ unter anderem die unterschiedlichen Lebens- und Wohnverhältnisse von Vorder- und Hinterhaus erklärt.
Wer den Gegensatz zur kleinen Arbeitsbehausung sehen möchte, dem sei das Museum in der Pankower Heynstraße empfohlen, wo das Zuhause des damaligen Stuhlrohrfabrikanten Fritz Heyn zu besichtigen ist. Die repräsentative Beletage ist reich mit Stuck verziert und vornehm eingerichtet. Hier gibt es zum Beispiel keine einfache Sitzwanne, sondern eine richtige, fest verbaute Badewanne.
Adresse: Museum Pankow, Heynstr. 8, 13187 Berlin. Museum Pankow, Standort Prenzlauer Berg, Dunckerstr. 77, 10437 Berlin
Öffnungszeiten: Der Standort Heynstraße ist dienstags, donnerstags sowie am Wochenende jeweils von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Standort Prenzlauer Berg ist donnerstags bis dienstags von 11 bis 16.30 Uhr geöffnet, mittwochs geschlossen.
Eintritt: In der Heynstraße ist der Eintritt kostenlos, in der Dunckerstraße zahlen Erwachsene 3 Euro, Kinder und Jugendliche 1,50 Euro.
Repräsentative Wohnkultur im Schloss Britz
Schwere, geraffte Vorhänge. Poliertes Parkett mit reich verzierten Teppichen. Dunkles, glänzendes Holz. Üppige Polstermöbel. Die gründerzeitliche Einrichtung im Schloss Britz zeigt, wie man sich vor mehr als 100 Jahren einrichtete, wenn man repräsentieren wollte.
Vieles, wenn auch nicht alles, ist original erhalten oder wurde stilecht rekonstruiert: Böden, Fenster, Decken, Wandverkleidungen. Das Inventar wurde in den 1990ern in mühsamer Kleinarbeit nachgekauft und zusammengetragen. Anhand von alten Fotos hat man sich am Geschmack der Industriellenfamilie Wrede orientiert, die hier zum Ende des 19. Jahrhunderts lebte. Man wollte mit der Ausstellung deren Alltag veranschaulichen, erklärt das Schloss Britz.
Adresse: Schloss Britz, Alt-Britz 73, 12359 Berlin
Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags von 12 bis 18 Uhr
Eintritt: 3 Euro, ermäßigt 2 Euro. Kinder bis 12 Jahre haben freien Eintritt.