Rot-Rot erhöht die Mieten

Berlin - Während SPD und Linke in Berlin auf den Wahlplakaten vorgeben, die Mieter schützen zu wollen, versenden ausgerechnet die landeseigenen Wohnungsunternehmen in diesen Tagen Tausende Mieterhöhungsschreiben.

Nach Angaben des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) wurden bislang auf Grundlage des neuen Mietspiegels für rund 17.000 Wohnungen der städtischen Gesellschaften Mieterhöhungen versandt.





Allein die Gewobag erhöht bei rund 6000 Wohnungen zum 1. Oktober die Mieten, wie das Unternehmen gegenüber der Berliner Zeitung erklärte. Die betroffenen Mieter sollen im Schnitt 13,74 Euro monatlich mehr bezahlen. Die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften vermieten rund 270.000 der 1,9 Millionen Wohnungen in Berlin. Bei wie vielen weiteren Wohnungen der städtischen Unternehmen die Mieten noch angehoben werden, konnte oder wollte der BBU am Donnerstag nicht sagen.

Die Mieterhöhungen bei den landeseigenen Unternehmen gelten als besonders sensibel, weil die Gesellschaften eigentlich preisdämpfend wirken sollen. Nun gehören sie jedoch zu den ersten, die nach Erscheinen des neuen Mietspiegels die Preise heraufsetzen.

An der Börse kam die Ankündigung gut an

Besonders betroffen von den Mietsteigerungen sind darüber hinaus die Mieter der ehemals landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GSW. Die börsennotierte GSW erklärte, dass sich durch den neuen Mietspiegel für zirka 15.000 ihrer Wohnungen "ein Mieterhöhungspotenzial von zirka 6,8 Prozent in den nächsten zwei Jahren" ergebe. 10.000 Mieterhöhungen seien bereits verschickt worden, sagte GSW-Sprecher Thomas Rücker am Donnerstag. An der Börse kam die Ankündigung gut an. Der Kurs der GSW-Aktie stieg von Mittwoch auf Donnerstag laut Rücker um 4,3 Prozent.

Der rot-rote Senat hatte die GSW im Jahr 2004 an ein Konsortium privater Eigentümer verkauft. Im vergangenen Jahr gab die Koalition von SPD und Linken für 30 Millionen Euro die Zustimmung zum vorzeitigen Börsengang der GSW.

Der Mieterverein bezeichnet die steigenden Wohnkosten als "problematisch, weil die Einkommen nicht adäquat gestiegen sind". Zugleich kritisiert er den Senat. Er habe es versäumt, preisdämpfend auf die Mieten einzuwirken.

Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) bekräftigte am Donnerstag, dass die landeseigenen Unternehmen gehalten seien, bei Mieterhöhungen maßvoll zu bleiben. Sie sollten Rücksicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bewohner nehmen. Weder bei laufenden noch bei neuen Mietverträgen sollten die Unternehmen die am Markt erzielbaren Mieten verlangen. (mit tr.)

Berliner Zeitung, 02.09.2011