Seit 100 Jahren haben Nonnen an der Pappelallee ein Refugium: Sie führen dort ein Altenheim: Die Oase der Schwestern vom Karmeliterorden

Eine rote Ziegelfassade an der Pappelallee, darin eingelassen eine unscheinbare Pforte. Dahinter verbirgt sich Besonderes: 5 000 Quadratmeter mit einem weitläufigen, baumbestandenen Park, einem Altenheim für 74 Menschen, einer Kirche, einem kleinen Gründerhaus und zwei Mietshäusern. "Eine Oase" nennen die Bewohner des Altenheims den abgeschiedenen Ort nicht nur wegen der Ruhe inmitten des turbulenten Bezirks Prenzlauer Berg. Sie finden, hier herrsche auch ein besonderer Geist. Nonnen aus dem Orden der Karmelitinnen leiten die Einrichtung. "Wir wollen Bedürftigen eine Heimat geben", formuliert die Oberin, Schwester Gabriela, ihr Ziel.Die hohen Räume des Altbaus strahlen Ruhe aus. Ordensschwestern rascheln betriebsam, aber ohne Hektik die Gänge entlang. Dass sie Karmelitinnen sind, zeigt die Ordenstracht mit der Skapolia, einem über dem langen Kleid getragenen Tuch. Den Schwestern ist der Gedanke fremd, dass Menschen in einem Heim nur verwahrt werden.Die Pflege von hilfsbedürftigen Menschen ist eine der Hauptaufgaben der Karmelitinnen. Ihr widmen sich die Schwestern, seitdem der Orden und das Josefsheim bestehen, seit dem Jahr 1891. Gegründet wurde beides von Anna Maria Tauscher. Die Pastorentochter hatte in der Zeitung gelesen, wie Kinder angeboten wurden: ob jemand sie aufnehmen, beherbergen und verpflegen möchte. Dafür würden die Kinder auch arbeiten. Die 35-Jährige war von dieser Armut so berührt, dass sie drei Waisen aufnahm und mit ihnen an die Pappelallee zog. Wenig später gründete die gläubige Frau den Orden der Karmelitinnen vom Göttlichen Herzen Jesu (Carmel D.C.J.), wurde zu Mutter Maria Teresa vom Heiligen Josef. Und aus der Wohnung an der Pappelallee erwuchs das Josefsheim.Weder Faschismus noch Sozialismus vermochten es, den Karmelitinnen ihr Heim zu entreißen. "Elternlose Kinder nahm in der DDR der Staat selbst unter seine Obhut", sagt Schwester Gabriela. Deshalb entstand dort ein bischöfliches Bildungsheim, das nach der Wende modernisiert wurde und seitdem als Altenheim geführt wird.Die Oberin läuft geschäftig durchs Haus. Es scheint, als wisse sie Bescheid über jeden einzelnen der Bewohner, die vor allem aus der Nachbarschaft stammen. Die 89-jährige Helena Georgis ist mit ihrer Gehhilfe auf dem Weg zum Essen in einem der kleinen Gemeinschaftsräume. "Na, ist der neue Sessel schon da?" fragt Schwester Gabriela. Helena Georgis schüttelt den Kopf: "Morgen soll er kommen." Die 75-jährige Oberin weiß, dass sich für den nächsten Tag die Freundin von Bewohnerin Ingrid Staschel angekündigt hat samt Hund. Und dass der mitkommt, bringt Frau Staschels Augen zum Leuchten.Noch tun hier zehn Schwestern Dienst. Die meisten haben ihren 60. Geburtstag bereits hinter sich. Es fehlt an Nachwuchs, in ganz Berlin gibt es nur noch 17 Karmelitinnen. Doch das Heim werde der Orden nicht aufgeben, sagt die Oberin: "Es gibt in Deutschland und den Niederlanden noch genug Schwestern. Sie werden unser Werk fortführen."