Seit einem Jahr versucht ZDFneo, die junge Zielgruppe erreichen. Doch das ist gar nicht so einfach: Zwei von tausend

Ausgerechnet während einer Taufe stürzt ein Mann vom Klosterturme zu Tode, die schöne Kommissarin Winter aus dem schönen Schleswig eilt herbei und versieht ihren Ermittlerdienst unter Nonnen. "Tod im Kloster" heißt ganz folgerichtig der fünfte Fall der ZDF-Krimi-Reihe "Unter anderen Umständen" mit Natalia Wörner, ausgestrahlt wird er kommenden Donnerstag. Aber nicht im ZDF, sondern auf dem digitalen Ableger ZDFneo. Im Hauptprogramm läuft der Krimi ein paar Tage später, als "Fernsehfilm der Woche" am darauffolgenden Montag.Seit einem Jahr ist ZDFneo auf Sendung, seitdem werden viele Serien und Filme zunächst in dem kleinen Digitalkanal ausgestrahlt, bevor sie ihren Weg ins große Zweite finden. Einige Serien, darunter hochgelobte und ausgezeichnete Sachen wie "30 Rock" oder "Mad Men", laufen sogar nur auf ZDFneo. Demnächst kommen ein Late-Night-Talk mit Benjamin Stuckrad-Barre und eine eigenproduzierte Comedy-Serie mit Christian Ulmen hinzu, die exklusiv im digitalen Spartensender zu sehen sind.Alternative zu den PrivatenEs ist ein gutes Programm mit vielen Erstausstrahlungen, das ZDFneo vor allem in der Hauptsendezeit am Abend anbietet. Das Problem ist nur, dass es unter Ausschluss der Öffentlichkeit läuft. 30000 bis 500000 Menschen schalten den Sender an einem durchschnittlichen Tag ein. Der Marktanteil beträgt 0,2 Prozent, das sind zwei von tausend Fernsehnutzern. Zum Vergleich: Den deutsch-französischen Kultursender Arte, auch nicht gerade ein Quotenmagnet, sehen etwa vier Mal so viele Leute. Norbert Himmler ist dennoch zufrieden. "Wir probieren viel aus, um vor allem jüngeren Zuschauern ein abwechslungsreiches Programm anzubieten", sagt der Senderchef.Diesen Erstkontakt zum jungen Publikum lässt sich das ZDF einiges kosten: 30 Millionen Euro beträgt der Jahresetat von ZDFneo, für die laufende Gebührenperiode bis 2013 sind 94 Millionen Euro veranschlagt. Der ZDF-Dokukanal, der zuvor elf Jahre lang auf dem Sendeplatz von ZDFneo vor sich hingesendet hat und damit auf einen Marktanteil von 0,1 Prozent kam, musste mit knapp fünf Millionen Euro auskommen. So gesehen, ist die Verdopplung des Marktanteils vom Dokukanal zu ZDFneo teuer erkauft. "Natürlich sollen sich die 30Millionen auszahlen", sagt Himmler, "dafür müssen wir wachsen." Wie das geschehen soll, weiß der Senderchef auch schon. Er sucht "eckige, mutige und innovative Formate, die eine echte Alternative zu den Angeboten der Privatsender sind". Comedy, Talk und eine tägliche Quizshow der etwas anderen Art sollen die Quoten im zweiten Senderjahr steigen lassen.Doch Zahlen sind nicht alles. Wichtig sind auch der Bekanntheitsgrad und das Image des Senders, sagt Himmler. Deshalb schiele er auch nicht jeden Morgen auf die Quoten. "Wir müssen einen langen Atem haben." Dafür weiß der ZDFneo-Chef dann aber doch ziemlich genau Bescheid, was am Vorabend gut gelaufen ist und was nicht. Den Wilsberg-Krimi am Mittwoch etwa haben 180000 Leute gesehen, Marktanteil 0,6 Prozent. Himmler ist zufrieden. Das ist die Zahl, die der ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut beim Start des neuen Senders bis Ende dieses Jahres vorgegeben hat. Allerdings als Durchschnitt, nicht als Spitzenwert. Die darauffolgende US-Serie "Mad Men", die vom Sender großflächig beworben und deren Erstausstrahlung auf ZDFneo in den Medien ausführlich thematisiert wurde, habendagegen nur 50000 Zuschauer gesehen. Marktanteil 0,2 Prozent. Das ist der aktuelle Senderdurchschnitt und ein Drittel von Belluts Zielvorgabe. Vor allem aber ist es viel zu wenig.Auch an der ZDF-Spitze scheint man damit nicht rundum zufrieden zu sein. Die Quoten seien "erfreulich, aber keineswegs ausreichend, um eine notwendige Anzahl jüngerer Zuschauer dauerhaft ans ZDF zu binden", befand der ZDF-Intendant Markus Schächter unlängst. Das ist allerdings auch gar nicht so einfach, jüngere Zuschauer beim ZDF sind ein antagonistischer Widerspruch.Um diesen aufzubrechen, kann sich der Digitalkanal beim ZDF-Programm bedienen und alles senden, was ein jüngeres Publikum ansprechen soll. Demnach sehen die 25- bis 49-Jährigen, die ZDFneo im Visier hat, gern skandinavische und britische Krimis sowie deutsche Krimireihen wie "Nachtschicht", "Das Duo" und ausgerechnet die "Wilsberg"-Filme. Dokumentationen laufen auch ganz gut, ab 13. November zeigt der ZDF-Jugendsender die zweite Staffel von Guido Knopps Doku-Reihe "Die Deutschen", drei Tage vor dem ZDF."Diese Erstausstrahlungen sind für ZDFneo sehr wichtig", sagt Senderchef Himmler. "Uns bringen sie Aufmerksamkeit, und dem ZDF-Hauptprogramm schaden sie nicht." Immerhin das.------------------------------Viele ErstausstrahlungenZDFneo ist am 1. November 2009gestartet. Vorher sendete dort derZDF-Dokukanal.Mit dem Digitalsender will das ZDFein jüngeres Publikum zwischen25 und 49 Jahren erreichen.Das Durchschnittsalter desZDF-Zuschauers beträgt 61 Jahre.ZDFneo zeigt US-Serien wie"Mad Men" und "30 Rocks" sowie ZDF-Eigenproduktionen in deutscher Erstausstrahlung. Der Marktanteil des Senders beträgt 0,2 Prozent.------------------------------Grafik: Zuschauerzahlen der US-Serie "Mad Men"Foto: Gut fürs Image, nicht für die Quoten: Die US-Serie "Mad Men" läuft auf ZDFneo.