11 Tipps für Union-Fans für die Europa-Reise nach Brüssel

Der 1. FC Union Berlin reist zum Europa-League-Achtelfinale nach Brüssel. Hier finden Fans alles Wissenswerte für den Trip nach Belgien.

Die Fans des 1. FC Union Berlin sind auch in dieser Woche wieder reisefreudig. Diesmal geht’s nach Belgien zu Saint-Gilloise.
Die Fans des 1. FC Union Berlin sind auch in dieser Woche wieder reisefreudig. Diesmal geht’s nach Belgien zu Saint-Gilloise.Matthias Koch/imago

Union-Trainer Urs Fischer schätzt nach einem Sieg gerne mal Hochprozentiges in der Trainerkabine. So berichtet es 11Freunde-Autor Christoph Biermann in seinem fulminanten Union-Insider-Buch „Wir werden ewig leben“. Und was machen die Fans des 1. FC Union Berlin? Halten sich an den Rat des Weltstürmers Gerd Müller („Trinkt in Maßen“) und unterstützen ihr Team. In Köpenick, in der Bundesrepublik. Und längst auch europaweit. Am Donnerstag geht’s zum Rückspiel bei Royale Union St.-Gilles nach Brüssel. 90 Minuten (mindestens) des Trips sind verplant. 11 kleine Hinweise – nicht nur rund um Pommes und Bier.

1. Nicht zu übersehen – schon im Zug zum Endbahnhof Gare du Midi – ist der mächtige Justizpalast über der Stadt. Seit 40 Jahren wird das Gerichtsgebäude saniert und ist eingerüstet. Mittlerweile gibt es ein zweites Gerüst, um das erste Gerüst abzubauen. Im Herbst soll der Rückbau beginnen. Angeblich. Das ist typisch für Belgien. Hier wird gern mal improvisiert. Der junge Staat löste sich erst 1830 von den Niederlanden (Familie König stammt übrigens vom deutschen Adelsgeschlecht Sachsen-Coburg und Gotha ab). Das neue Land wollte mit dem wuchtigen Gebäude über der Hauptstadt seine Größe unterstreichen.

Ist gelungen: Architekt Joseph Poulaert wurde über den Bau verrückt, gab aber auch dem schönen Platz davor seinen Namen: Vom Poulaertplein (Metro 2 und 6 Louise/Luiza. Am besten Zehnertickets lösen. Carnet à dix - sprach Karneh a dizz) hat man den schönsten Blick über die Stadt. Und noch dazu gratis. Pralinen, die edleren und teureren, gibt es um die Ecke an der Place Sablon. Ansonsten am Bahnhof.

Wichtiger Hinweis: Die Deutsche Bahn bedient die Zugstrecke zwischen Brüssel und Köln verlässlich unzuverlässig. Unbedingt vor Abfahrt checken, ob der Zug überhaupt fährt. Ersatzweise den französischen Thalys nehmen. Der fährt immer. Zusatztickets werden erstattet. Was immer das meist überforderte Personal am Bahnhof auch sagt. (Ticket kann auch im Zug gelöst werden, die französischen Schaffner wollen aber vor Fahrt informiert werden.)

2. Wer schon an der Place Sablon ist, kann weiter abwärts Richtung Innenstadt laufen zur Grand-Place, wie sie in Brüssel sagen, Hauptattraktion der Stadt. (Metro 1 und 5, Station Bourse/Beurs). Und da neben Spiel- auch Sprachkultur zählt, ein kleiner Hinweis. La Place ist im Französischen weiblich, weshalb das gerne auch in der deutschen Übersetzung übernommen wird: die Grand-Place. Auf Flämisch ist es einfacher: Grote Markt. Und der Fußballfan weiß ohnehin: Wichtig ist auf dem Platz, am Donnerstagabend. (Cafés am Platz eher meiden, überteuert.)

3. Gleich um die Ecke vom Grote Markt residiert der kleinste der berühmten Bewohner der belgischen Hauptstadt: Manneken Pis, was nun wirklich keiner Übersetzung bedarf. Der Mann steht seit mehr als 400 Jahren in der Rue de Grands Carmes. Und das nackt. Nur bei festlichen Anlässen wird er mitunter mit einem passenden Trikot geschmückt. Das von Union fehlt noch. Eigeninitiative verbietet sich aber. Belgiens Polizei gilt als streng.

4. Um die Ecke der stehpinkelnden Figur liegt die Place St. Cathèrine (Linien 1 und 5, St. Cathèrine) mit zahlreichen, eher teuren, Restaurants. Moules Frites – Muscheln mit Pommes – sind aber ein echtes Brüsseler Muss, zum Beispiel im Pré Salé, Rue de Flandre, einer Parallelstraße zum Platz. Wer auf einen Sitzplatz im Restaurant warten muss: Um die Ecke in derselben Straße ist die Kneipe Au Laboureur – frei übersetzt: Zum Pflug. Passt auch zu Schlosserjungs. Zweites Brüsseler Stammgericht ist übrigens (Bier-)Gulasch mit Fritten, kommt aus dem flämischen Landesteil und wird Stoofvlees genannt.

Auf der anderen Seite des nahen Kanals liegt das alte Mühlenviertel Molenbeek. Kennt man jetzt. Weniger bekannt: Auch Jacques Brel kommt von dort, die Eltern hatten dort eine Kartonagenfabrik. Der Sohn machte als Chansonnier in Paris Karriere. So ist das in Belgien. Anerkennung gibt’s oft nur außerhalb der Landesgrenzen. Siehe Kevin de Bruyne.

5. Brüssel ist auch Hauptstadt Europas. Die Metro-Station Schuman – benannt nach dem französischen Außenminister Robert Schuman – liegt mitten im Europaviertel (Metro-Linien 1 und 5). Gleich um die Ecke ist die Place Jourdan und mittendrin Maison Antoine, die berühmteste Fritten-Bude der Stadt. Selbst Angela Merkel schaute hier in einer Gipfel-Pause mal vorbei. Die Fritten – don’t call it Pommes – wandern zweimal ins Fett (nur Rinderfett). Auch deshalb schmecken sie so gut.

Und auch deshalb ist die Schlange so lang. Kleines Brüsseler Grundgesetz: Mit den Fritten kann man sich in einer der Bars am Platz niederlassen und dort sein Getränk ordern. Angeblich wird extra kräftig gesalzen, damit auch die Kneipen auf ihre Kosten kommen.

Es gibt viel Bier – und etliche Fußball-Kneipen

6. Womit das zweite Thema ansteht. Brüssel und das Bier. Oder besser gesagt: die Biere. Denn es gibt Weißbier (Hoegarden), Sauerbier (Zinneke), Pils (Estaminet, Jupiler, letztere Marke ist Namensgeberin der belgischen Liga). Und – ja, ja – auch Kirschbier. Viele kleine Kneipen haben ihr Bier des Monats. Und in Belgien wollen sie sich über ihr Bier dann auch gern unterhalten wie sonst nur in Weingegenden wie der Pfalz, Baden oder Saale-Unstrut über Rebensaft. Dabei gilt: Nur keine Scheu vor schlechtem Englisch. Das spricht in Brüssel jeder und wird als Globish bezeichnet. Brüssel selbst bevorzugt indes Französisch.

Weil aber auch Flämisch Amtssprache in Belgien ist, sind alle Straßen der Stadt stets in beiden Landessprachen ausgeschildert.

7. Fußball-Kneipen gibt’s viele. Der Donnerstagabend ist mit Stadionbesuch verplant. Aber auch im Mittwoch rollt in Europa der Ball.

Gute Locations sind an der Place Luxembourg (hinter dem Europaparlament, Politiker sind nicht zu fürchten, die tagen diese Woche in Straßburg), der Place Londres (fünf Minuten vom Parlament) oder rund um Grand-Place/Börse. Typische Eckkneipen werden in Brüssel wegen ihres dunklen Mobiliars Café Brun (sprich brün) genannt. Eines dieser dieser Café Brun ist die alte Vereinskneipe von St.-Gilles – kurz Union – am Parvis St. Gilles (Metro 2 und 6 Hôtel des Monnaies / Munthof oder Tramlinien 3 und 4). Ausweichmöglichkeiten am Platz reichlich vorhanden.

(Und noch ein Hinweis: Schwarzfahren lohnt nicht. Im Gegensatz zu Berliner Kontrolletis ähnelt eine Ticketkontrolle in Brüssel gern mal einem SEK-Einsatz.)

8. Um die Ecke des Parvis St. Gilles, an der Place du Jeu de Balle, findet regelmäßig ein Flohmarkt statt. Leider nur wochenends. Am Nationalfeiertag schunkelt hier selbst der König. Oder wird von seiner Frau dazu gedrängt. Am Platz und in den Parallelstraßen, den sogenannten Marollen, (zum Beispiel der Kneipe „Rénard“ in der Rue des Rénards – Fuchsstraße) wird auch Boudin Noir gereicht – eine weitere Brüsseler Spezialität: Blutwurst mit Apfelmus, im Rheinland als Himmel und Ärd bekannt.

Atomium, Heysel-Stadion und viele Museen

9. Wenn’s einmal etwas rausgehen soll aus der Stadt. Vom Poulaertplein funkelt am Stadtrand das Atomium in der Sonne. Der Bau stellt ein Eisen-Atomgerüst dar, wurde für die Weltausstellung 1958 errichtet und lässt sich auch innen besichtigen (Metro 6 Roi Baudouin/Baudewijn).

Gleich um die Ecke liegt das Stadion, das ebenfalls nach König Baudouin benannt ist. Der Monarch erlangte eine gewisse Berühmtheit, weil der gläubige Katholik für einen Tag dem Thron entsagte, nur um das Abtreibungsgesetz des Landes nicht unterschreiben zu müssen. Auch das Stadion, das seinen Namen trägt, schaffte es in die Geschichtsbücher.

Die Spielstätte ist besser bekannt als Heysel-Stadion. Am 29. Mai 1985 ereignete sich dort beim Finale des Cups der Landesmeister – heute Champions League – eine der größten Fan-Katastrophen des europäischen Fußballs. 39 Menschen kamen im Gedränge ums Leben. Das Stadion wurde danach umgebaut und wird heute von Belgiens Nationalelf genutzt.

10. Noch ein Kulturtipp. Noch mal etwas außerhalb. Belgiens König Leopold II. (1835–1905) führte im Kongo eine grauenvolle Gewaltherrschaft.

Teilweise war das Land sogar in seinem Privatbesitz. Joseph Conrad machte die Verbrechen mit seinem immer noch lesenswerten Buch „Herz der Finsternis“ (1899) öffentlich. Im Museum für Zentralafrika im Vorort Tervuren (Metro 1 bis Montgomery, von dort Tram 44 bis Tervuren Station) wird an die Schreckensherrschaft erinnert. Die Ausstellung wurde mehrmals umgestaltet – und bietet immer noch Anlass zur Kritik. Mit all ihren Schwächen dennoch sehenswert. Weitere Museen im Innenstadtbereich: das Bozar-Kunstmuseum, das Comic-Museum und das Trambahn-Museum.

11. Das wundervolle Stadion Joseph Marien ist seit 1919 Spielstätte von Royale Union St.-Gilles, aber nicht fein genug für europäische Abende. So weicht Union ins Stadion Lotto Park des Lokalrivalen RSC Anderlecht aus (Metro 5 Sint-Guido). Die Berliner Gäste kennen das Fernweh-Heimspiel-Gefühl. Ein Vorteil gibt es freilich: Rund ums Stadion im alten Arbeiterviertel Anderlecht gibt es viele kleine Bars und Kneipen. Neben klassischen Stadiongerichten wie Bratwurst werden auch Austern gereicht. Man spielt ja in Europa.