Eiserne Personalpolitik: Die aktuelle Transferphase verändert bei Union alles
Es ist noch nicht lange her, da fahndete der 1. FC Union Berlin vor allem nach ablösefreien Spielern aus der Bundesliga. Das hat sich in diesem Winter geändert.

Was haben Robin Knoche, Rani Khedira und Janik Haberer gemeinsam? Abgesehen von der Tatsache natürlich, dass sie unumstrittene Stammspieler des 1. FC Union Berlin sind. Stimmt: Sie alle kamen in den vergangenen Jahren von Bundesliga-Konkurrenten. Und das ablösefrei. Man könnte in diese Reihe auch noch Spieler wie Niko Gießelmann, Paul Seguin oder Genki Haraguchi aufnehmen, die bei den Köpenickern regelmäßig auf dem Platz stehen. Alle mit Erfahrung in Deutschlands höchster Spielklasse, alle kosteten keinen Cent.
Oliver Ruhnert, Geschäftsführer Profifußball, und Trainer Urs Fischer schafften es in schöner Regelmäßigkeit, gestandene Profis zum Nulltarif nach Köpenick zu locken. Die Geschichte, dass fast alle dieser Spieler auch auf Anhieb funktionierten, ist in der Vergangenheit schon mehrfach erzählt worden.
Doch dieser Winter ist anders. Um das Stadion An der Alten Försterei geisterten in den letzten Wochen Namen, die viele Fans zumindest aus der Bundesliga nicht kannten. Josip Juranovic beispielsweise, kroatischer WM-Teilnehmer. Aissa Laidouni, der beim Turnier in Katar Stammspieler in der tunesischen Mannschaft war. Oder Isco, mehrfacher Champions-League-Sieger mit Real Madrid, dessen Karriere in den vergangenen Jahren ein wenig an Fahrt verloren hat.
Die beiden Erstgenannten sind schon da, in diesem Winter für Millionen-Ablösen von Celtic Glasgow und Ferencváros Budapest geholt. Letzterer wird wohl nicht kommen, aber allein das Gerücht zeigt, dass sich die Transferpolitik geändert, erweitert hat. Plötzlich scheint es nicht mehr völlig unmöglich, dass ein ehemaliger Star von einem der besten Fußballklubs der Welt zukünftig auch an der Alten Försterei aufdribbeln könnte. Und zwar nicht im Trikot des Gegners, sondern in dem der Eisernen.
Klar ist aber auch, dass die Ankunft der hochkarätigen Zugänge den Konkurrenzkampf im Kader noch einmal erhöhen wird. Zumal mit Jérôme Roussillon vor zwei Wochen noch ein weiterer Neuer zum Kader gestoßen ist. Beim Berliner Derby im Olympiastadion (2:0) kam das am Sonnabend wie folgt zum Ausdruck: Fischer veränderte seine Startelf gleich auf drei Positionen, obwohl es nach dem überzeugenden Sieg in Bremen unter der Woche (2:1) sportlich eigentlich keinen großen Grund zur Rotation gegeben hätte.
Plötzlich saß beispielsweise Juranovic 90 Minuten auf der Bank, Kapitän Christopher Trimmel durfte wieder ran. Hinten links verteidigte statt Gießelmann der Ex-Wolfsburger Roussillon – und das richtig gut. Es gilt fast als sicher, dass Fischer sich für das anstehende Spiel im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen den VfL Wolfsburg (Dienstag, 20.45 Uhr) wieder etwas einfallen lassen wird, mit dem der Großteil der Beobachter nicht rechnet.
Unions Derbysieg bei Hertha: Keine Höchstleistung, aber Effizienz
Es kommt nun nicht nur auf Fischer, sondern auch auf die Leader im Team, Khedira, Trimmel und Knoche an, diesen neu entfachten Konkurrenzkampf in der Kabine zu moderieren. Schon bei der Verpflichtung von Juranovic hatte der Schweizer Erfolgstrainer beispielsweise zu Protokoll gegeben, dass es bei dessen Verpflichtung natürlich nicht nur darauf ankäme, Trimmel zu entlasten. Nein, man solle sich gegenseitig zu neuen Höchstleistungen pushen.
Am Sonnabend war zwar von Höchstleistungen nicht viel zu sehen, dafür aber von gnadenloser Effizienz. „Die glücklichere Mannschaft“, hatte laut Fischer das Derby gewonnen, nicht die bessere. Die, die sich mal wieder auf die eigene Stärke bei Standardsituationen verlassen konnte, als Danilho Doekhi kurz vor der Pause einen Trimmel-Freistoß einschädelte. Und die, die im zweiten Durchgang nach einem Konter durch Seguin nachlegte (67.), dem Gegner damit die Hoffnung auf das dringend benötigte Erfolgserlebnis raubte.
„Eine Spitzenmannschaft habe ich nicht gesehen“, sagte Fischer noch auf die Frage, ob seine Mannschaft eben genau das sei. Die Tabelle spricht aktuell eine andere Sprache.