Ein weiteres Erfolgsgeheimnis des 1. FC Union: Jeder im Team kann Tore erzielen
Nach langer Zeit hat Jordan Siebatcheu wieder getroffen, dafür sind in der Zwischenzeit andere in die Bresche gesprungen.

Bei einem Torjäger, sollte er eine Ladehemmung haben, werden in der Öffentlichkeit nur zu gern die erfolglosen Minuten gezählt. Damit müssen die Knipser auf dieser Welt leben. Das ist für den, der gerade seinen Torriecher verloren hat, nicht schön und fördert vor allem eines nicht: sein Selbstvertrauen. Womöglich, Psychologen können das viel besser erklären, sind diejenigen, die für die Buden zuständig sind, deshalb oftmals ziemlich extrovertierte, um nicht zu sagen durchgeknallte Typen. Aus Selbstschutz und um beim nächsten Tor, das sowieso kommt, zu triumphieren: Das ist für euch, ihr Erbsenzähler!
Jordan Siebatcheu kam mit der Empfehlung von 22 Toren zum 1. FC Union
So oder so ähnlich muss sich Jordan Siebatcheu gefühlt haben, weil der Stürmer, der in der vorigen Saison 22 Tore für den Schweizer Meister Young Boys Bern erzielt hat, für den 1. FC Union seit Monaten selbst bei Elfmetern ohne Fortune blieb. Zur Beruhigung sei angemerkt, dass es dann doch nicht so viele Minuten sind, die zwischen seinem Saisontor Nummer drei und dem siegbringenden 2:1 jüngst gegen Mainz liegen, weil er zwischendurch nur einmal die volle Spielzeit dabei war. Trotzdem nagt das durchaus am Nervenkostüm – vor allem bei einem, der in der Schweiz im Durchschnitt in jedem zweiten und bei Stade Reims in Frankreich in genau jedem dritten Spiel getroffen hatte, zumal sein Sturmpartner Sheraldo Becker zu Beginn noch spektakulärer zu Toren und auf Touren gekommen war.
Jeder Trainer und auch jeder seriöse Anhänger aber weiß, dass eine Mannschaft nicht allein aus jenen besteht, die mit Toren glänzen, selbst wenn sie, neben den Torhütern, am meisten im Fokus stehen. Klar doch, bei den einen sind es die Tore, bei den anderen die Gegentore. Damit ist ein Spiel am ehesten auszumachen, und allein das zählt am Ende. Was aber ist, wenn der eine nicht mehr trifft und dem anderen das Zielwasser gleichfalls ein wenig eingetrocknet ist?
Dann muss das Team ran, und zwar mit allen, die Beine haben und darüber hinaus über ein exzellentes Kopfballspiel verfügen. Womöglich ist ja auch das ein Geheimnis des 1. FC Union, dass (fast) jeder Tore kann.
Genau das ist nämlich passiert, und genau das macht die Eisernen so stark und für ziemlich viele Gegner unberechenbar. Plötzlich hat auch Janik Haberer den Zug zum Tor gefunden. Bevor der Mittelfeldmann im vorigen Sommer in die Alte Försterei gekommen war, hatte er in 158 Bundesligaspielen ganze zwölf Mal getroffen. Ob das viel ist oder wenig, hängt auch von den eigenen Ansprüchen ab und von der Rolle im Team, völlig logisch. Nun aber sind es in 17 Saisoneinsätzen vier Treffer. Na, bitte.
Danilho Doekhi ist einer der treffsichersten Abwehrspieler der Bundesliga
Von Haberer ist es nach hinten zu Danilho Doekhi nicht mehr gar so weit. Als Abwehrmann, der er ist, lautet das Kerngeschäft: hinten muss, vorne kann. Manches Mal aber war es beim Niederländer genau umgekehrt, dann nämlich, wenn vorn Not am Mann war. Da musste er auch vorne ran und erledigte das ganz und gar spektakulär. Mit vier Treffern bei lediglich zehn Einsätzen ist der 24-Jährige als torgefährlicher Verteidiger Spitze in der Liga. Lediglich zwei andere Abwehrspieler kommen bislang auf mehr Treffer. Mönchengladbachs Ramy Bensabaini und Leverkusens Jeremie Frimpong bringen es auf je fünf Tore. Nur hat Bensebaini bereits 18 Saisonspiele bestritten und Frimpong sogar alle 19.
Andererseits ist bemerkenswert, dass es bislang zwölf Spieler der Eisernen in die Liste der Torschützen geschafft haben. Manche haben mehr, na gut, Wolfsburg, Leverkusen und Leipzig, am Sonnabend der nächste Gegner der Eisernen, ist mit 15 Leuten notiert, Dortmund mit 14 sowie Frankfurt und die Bayern mit 13. Trotzdem halten sich die Rot-Weißen auch in dieser Hinsicht im Vorderfeld und zeigen, dass sie nicht von einem einzigen Knipser abhängig sind, sondern dass jeder weiß, wo die Kiste des Gegners steht, selbst wenn er das wie Siebatcheu mal für ein paar Spiele vergessen zu haben scheint.