Erneuter Sieg im Stadtderby: Union Berlin ist einfach zu gut für Hertha BSC
Die Eisernen kommen im Olympiastadion dank einer konzentrierten Leistung nach Treffern von Danilho Doekhi und Paul Seguin zu einem verdienten 2:0.

Bei entsprechender Gelegenheit wird immer wieder mal gern darauf hingewiesen, dass der Pokal seine eigenen Gesetze hat. Soll heißen, dass der hoch motivierte Außenseiter bei so einem Pokalspiel über sich hinauswachsen und den nicht ganz so hoch motivierten Favoriten aus dem Wettbewerb kegeln kann. Und manch einer ist auch der Überzeugung, es gebe auch für Stadtduelle eine eigene Gesetzmäßigkeit, was schließlich zur Konsequenz habe, dass sich aus Tabelle und Formbarometer keine Schlüsse auf den Ausgang der Partie ableiten ließen.

Nun gut, für die Begegnung zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Union Berlin, das am Sonnabendnachmittag im ausverkauften Olympiastadion ausgetragen wurde und durchaus ansprechende Unterhaltung (mehr aber auch nicht) bot, darf Folgendes festgehalten werden: Der Favorit aus Köpenick trug auch bei dem fünften direkten Aufeinandertreffen in Folge dank der Treffer von Danilho Doekhi (44.) und Paul Seguin (67.) den Sieg davon, bleibt mit nunmehr 36 Punkten dran an den Bayern (37 Punkte nach dem 1:1 gegen Eintracht Frankfurt), während der Außenseiter aus Berlin Charlottenburg mit 14 Punkten Tabellenvorletzter bleibt.
Und es war letztlich ein verdienter Erfolg der Eisernen, einer, der die Machtverhältnisse in Berlin untermauert. Kurzum: Union ist einfach zu gut für die Hertha, bewegt sich in jedweder Hinsicht auf einem anderen Niveau, darf erneut auf Europa hoffen, während die Alte Dame wieder mal den Sturz in die Zweite Liga fürchten muss. Aber der Reihe nach.
Nach einer hektischen Anfangsphase, in der die Akteure beider Mannschaften vor allen Dingen damit beschäftigt waren, mit der eigenen Aufregung klarzukommen, hatte sich vor 74.000 Zuschauern für die Blau-Weißen in der 32. Spielminute so etwas wie eine erste Torchance ergeben, nämlich für Marco Richter nach einem Konterangriff über Dodi Lukabakio und Wilfried Kanga, doch Richter jagte den Ball nach einer feinen Ablage von Lukebakio aus 16 Metern nicht ins Tor, sondern Richtung Marathon-Tor.
Jérôme Roussillon gibt sein Debüt
Das muss doch der Moment gewesen sein, der als so eine Art Aha-Effekt aus einem spannenden Spiel ein gutes macht, dachte man sich - und sah sich letztlich getäuscht. Ja, der Fehlschuss des Herthaners war quasi bezeichnend für eine erste Hälfte auf eher schwachem Niveau. Vieles ging bei den Bemühungen um einen offensiven Akzent schief, da wie dort, so mancher Angriff endete im stumpfen Zweikampf, da wie dort. Oder um es positiv zu sehen: Beide Teams standen weiterhin ziemlich sicher.
Die Herthaner mit einer Viererkette, in der Peter Pekarik für den wegen einer Gehirnerschütterung verhinderten Jonjoe Kenny den rechten Außenverteidiger gab, Marvin Plattenhardt wiederum für Maxi Mittelstädt die linke Seite bespielte. Auch Filip Uremovic war dieses Mal von Beginn an als Innenverteidiger mit von der Partie, da Agustin Rogel wegen einer Gelb-Sperre außen vor war. Hertha-Coach Sandro Schwarz hatte sich beim Personalpuzzle für Jean-Paul Boetius und gegen Ivan Sunjic entschieden.

Bei den Unionern stand hingegen Winterzugang Jérôme Roussillon etwas überraschend in der Startelf. Der Franzose ersetzte Niko Gießelmann, der seine Sache zuletzt doch ziemlich gut gemacht hatte. Auch Andras Schäfer bekam das Vertrauen von Trainer Urs Fischer als einer der ersten Elf, genauso wie Christopher Trimmel, der am vergangenen Mittwoch beim 2:1 in Bremen noch mit ansehen musste, wie Josip Juranovic anstatt seiner selbst als rechter Außenspieler ein sehr klasse Debüt hinlegte.

Doch Trimmel hat Waffen, um sich gegen teaminterne Konkurrenz zu behaupten. Zum Beispiel einen ziemlich zielsicheren rechten Fuß, wie sich mal wieder der 44. Minute zeigte. Boetius hatte den zumindest in der Defensive souverän aufspielenden Roussillon gefoult, was Trimmel die Gelegenheit zum Freistoß bot. Von der linken Angriffsseite schlug der Österreicher den Ball mit viel Effet Richtung Hertha-Tor, wo Doekhi mal wieder eher am Ball war als ein Gegenspieler (in diesem Fall Marc Oliver Kempf) und mit Wucht und Präzision per Kopf das 1:0 erzielte.
Schon wieder ein Kopfballtor, das zwölfte für Union allein in dieser Saison, schon wieder ein Tor nach einer Standardsituation, wie schon gegen Hoffenheim (zweimal Doekhi nach Eckball Trimmel) und gegen Bremen (einmal Kevin Behrens nach Eckball Juranovic), so zwingt man das Schlachtenglück auf seine Seite. So setzt man einen Wirkungstreffer.
Tousart scheitert an Rönnow
Es war ja nicht so, dass sich die Herthaner im zweiten Durchgang nicht noch mal an einer Wende versuchten. Aber im Endeffekt war das im Spiel nach vorne einfach mal wieder viel zu wenig. Roussillon hatte Lukebakio im Griff. Knoche, Doekhi und Diogo Leite sind im Zusammenspiel die derzeit womöglich beste Abwehrreihe der Liga. Und wenn ihnen tatsächlich mal etwas durchrutscht, ist halt Frederik Rönnow zur Stelle.
Hinzu kommt, dass Schwarz zwar mit Florian Niederlechner, den er Mitte der zweiten Hälfte brachte, inzwischen eine weitere Option für den Sturm hat, aber für einen Gegner wie Union reicht das einfach nicht. Die beste Torchance für die Gastgeber hatte jedenfalls Mittelfeldmann Lucas Tousart, der in der 74. Minute mit seinem Kopfball am glänzend reagierenden Rönnow scheiterte.
Zu diesem Zeitpunkt stand es schon 2:0 für Union. Und das kam so: Ballgewinn Rani Khedira im eigenen Strafraum, wobei ein anderer Schiedsrichter als Felix Brych womöglich auf Foul an Kempf und Strafstoß entschieden hätte. Konter über Sheraldo Becker, der natürlich viel zu schnell für den Rest der Hertha-Verteidigung war und im rechten Moment auf den für Schäfer zur Halbzeit eingewechselten Paul Seguin ablegte. Der hatte keine Mühe, den Ball aus zehn Metern ins leere Tor zu schieben. Hertha Keeper Oliver Christensen war wie schon beim ersten Gegentor machtlos. So machtlos wie seine Kollegen beim Versuch, noch eine Schlussoffensive zu starten.
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