Nicht alles, was erlaubt ist, ist auch verantwortungsvoll
Volle Fußballstadien wie beim Derby zwischen Union Berlin und Hertha BSC wirken stimmungsvoll, aber während der Pandemie auch deplatziert.

Berlin-Es war eher eine Randnotiz und ging im Vorfeld des großen Derbys völlig unter. Die Champions Gala, die Auszeichnungsveranstaltung von Berlins Sportlern, Sportlerinnen und Mannschaften des Jahres, wird auch in diesem Jahr nur online stattfinden. „Angesichts der aktuellen Entwicklungen werden wir kein Publikumsevent veranstalten“, sagte Veranstalter Martin Seeber am Donnerstag, „die Gesundheit aller geht vor.“ Zwei Tage später saßen 22.012 Zuschauer im Stadion An der Alten Försterei beim Hauptstadtduell zwischen Union Berlin und Hertha BSC – ausverkauftes Haus.
Die Eisernen hatten dabei nichts falsch gemacht, sondern mit der 2G-Regelung die Möglichkeit genutzt, die ihnen die Politik in der aktuellen Infektionslage in Berlin gestattet, und damit für ein stimmungsvolles Erlebnis gesorgt. Sie haben es aber verpasst, ein Zeichen zu setzen. Denn: Nicht alles, was erlaubt ist, ist auch gleichzeitig verantwortungsvoll. 2G sollte in Zeiten von täglich neuen Corona-Rekordzahlen nicht die Legitimation dafür sein, so viele Zuschauer wie möglich an einem Ort zusammenzubringen. Schon gar nicht, wenn nicht einmal alle Fußballprofis geimpft sind oder Trainer offenbar gefälschte Impfzertifikate benutzen.
So schön das Erlebnis voller Stadien atmosphärisch auch sein mag und so toll die Stimmung im Hauptstadt-Derby war, so deplatziert wirken volle Stadien in einer Phase der Pandemie, wo die Politik die Kontrolle über das Virus zu verlieren droht. In Sachsen gibt es deshalb ab nächster Woche wieder Geisterspiele, in Bayern wird nur noch eine Auslastung von 25 Prozent erlaubt. Hertha BSC aber hat eine Vollauslastung beantragt. Bloß gut, dass der kommende Gegner aus Augsburg nicht der große Zuschauermagnet ist und es ausreichend Abstand zwischen den Fans im Olympiastadion geben wird.