Schon wieder St.-Gilloise in Köpenick? Na ja, der FC Arsenal kann ja noch kommen
Es ist großer Zufall, dass der 1. FC Union in Europa auf denselben Gegner trifft wie in der Vorrunde. Aber das ist kein Grund, enttäuscht zu sein.

Es ist alles andere als ein Zufall, dass ein Team innerhalb einer Spielzeit irgendwo zweimal zu Gast ist. Punkt- und Pokalspiele sorgen dafür. Das passiert gar nicht so selten und kommt, da gegen Ende eines nationalen Cup-Wettbewerbs häufig die Erstligisten unter sich sind, in jeder Saison vor. In der vorigen war der 1. FC Union binnen weniger Tage zweimal in Leipzig gefordert, in dieser Spielzeit waren die Eisernen zweimal Gastgeber für den VfL Wolfsburg, haben ihn beide Male (2:0 in der Liga, 2:1 im Pokal) bezwungen und müssen am Sonntag selbst an den Mittellandkanal. Auch bei Eintracht Frankfurt waren die Köpenicker im Herbst und müssen am 4. April im Pokal-Viertelfinale wieder hin.
In der Champions League gab es das zuletzt vor zehn Jahren
Nun gibt es den tatsächlichen Zufall, dass es in Europa zum erneuten Aufeinandertreffen zweier Teams kommt, die im Laufe der Saison bereits zuvor gegeneinander gespielt haben. Was dem 1. FC Union mit den Belgiern von Royal Union St.-Gilloise am Donnerstag und eine Woche später im Achtelfinale der Europa League widerfährt, passiert auf internationaler Ebene nämlich viel seltener als national.
In der Champions League müssen die Statistiker zehn Jahre zurückgehen, um eine derartige Konstellation zu finden. In der Saison 2012/13 trafen Borussia Dortmund und Real Madrid sowohl in der Gruppenphase als auch im Halbfinale aufeinander. Weil der BVB sich dank einer Vier-Tore-Gala von Robert Lewandowski bei einem Gegentor von Cristiano Ronaldo im Heimspiel mit 4:1 behauptete und im Rückspiel nur 0:2 verlor, wurde im europäischen Meistercup das bislang einzige deutsch-deutsche Endspiel möglich, das die Bayern in London mit 2:1 gewannen.
Eine Dekade nach Lewandowski hier und CR7 dort, Mats Hummels und Sergio Ramos, Mario Götze und Xabi Alonso, Ilkay Gündogan und Sami Khedira also Sheraldo Becker, Frederik Rönnow, Robin Knoche, Christopher Trimmel und Rani Khedira zwischen Union und Union gegen Anthony Moris, Christian Burgess, Teddy Teuma und den in Europa bisher dreifachen Torschützen Victor Boniface. Auch wenn diese Namen international nicht den Klang von Superstars haben, den haben die Namen der Eisernen auch nicht. Trotzdem weiß jeder in Köpenick, dass die Belgier nicht nur in der heimischen Liga als Tabellenzweiter ganz schön klotzen können.
Insofern sind die Unioner womöglich nicht ganz glücklich über den Gegner. Schließlich hätte es auch diese Konstellation geben können: Der FC Arsenal, mit fünf Punkten Vorsprung auf Manchester City souveräner Tabellenführer in England und auf dem Weg zu seinem 14. Meistertitel, schlägt in der Alten Försterei auf. Stunden, ach, Minuten nachdem die Belgier als erneuter Gegner feststanden, hat Oliver Ruhnert, der Manager, gesagt, dass eine Auslosung alles andere als ein Wunschkonzert sei.
Wer möchte, kann in diese Worte ein klein wenig Enttäuschung hineininterpretieren. Es ist erstens ein bereits bekanntes Team, es ist zweitens nicht der ganz große Kracher, und die Eisernen haben drittens, im Gegensatz zu den Play-offs gegen Ajax Amsterdam, was zu verlieren. Das ist womöglich der einzige Klotz am Bein. Zugleich aber macht es eindrucksvoll deutlich, wohin der Weg die Männer um Trainer Urs Fischer geführt hat.
Vor dreißig Jahren hießen die Gegner FSV Velten, FSV PCK Schwedt und Rot-Weiß Prenzlau, vor zwanzig Eintracht Trier, Wacker Burghausen und LR Ahlen, vor zehn FSV Frankfurt, VfR Aalen und Energie Cottbus und zwischendurch auch mal Ludwigsfelder FC, Torgelower SV Greif und TSG Neustrelitz. Das ist der eigentliche Wahnsinn. Ein Wahnsinn, der ein klein wenig schon Alltag zu werden droht? Bloß nicht! Es ist noch immer ein Festtag und ein Kneif-mich-mal-wir-sind-in-Europa-Moment.
Zumindest ist die Hoffnung greifbar, dass den Rot-Weißen ein erneuter Coup glückt und es nicht die letzte Station auf dieser einzigartigen Reise durch Europa ist. Arsenal London und die Alte Försterei – das ist noch nicht zu den Akten gelegt. Als Union-Fan wird man genießen und wohl auch träumen dürfen.