Danilho Doekhi: Die Rückkehr des Kopfball-Ungeheuers

In dem noch jungen Jahr ist es das bislang wohl aufregendste Spiel des 1. FC Union Berlin. Die Köpenicker reisen nach Amsterdam, treffen dort auf Ajax.

Danilho Doekhi kehrt am Donnerstag nach Amsterdam zurück, wo er einst zwei Jahre für Ajax spielte.
Danilho Doekhi kehrt am Donnerstag nach Amsterdam zurück, wo er einst zwei Jahre für Ajax spielte.Matthias Koch/imago

In Amsterdam ist man dieser Tage ein wenig ratlos. Das Hinspiel im Europa-League-Sechzehntelfinale gegen den 1. FC Union Berlin (Donnerstag, 18.45 Uhr) steht auf dem Programm und kein Fan weiß so richtig, was da auf die eigene Mannschaft zukommen wird. 

Also machten sich die heimischen Medien in den vergangenen Wochen intensiv auf die Suche. Von dem „Kultklub“ mit „DDR-Vergangenheit“ war zu lesen. Von einem Schweizer Trainer, Urs Fischer heißt er, der schon fast fünf Jahre im Amt ist und ein offenbar goldenes Händchen hat, Spieler zu formen und entwickeln. Gerne hätten die Niederländer auch die Stars der Mannschaft vorgestellt. Den Torjäger. Den Spieler, der mal eine große Vergangenheit bei einem in Holland bekannteren Klub hatte. Bayern vielleicht. Oder Dortmund. Nur: Die findet man bei den Eisernen halt nicht.

So blieb man schnell an zwei Namen hängen, die einst sogar bei Ajax Amsterdam in den eigenen Reihen spielten: Sheraldo Becker und Danilho Doekhi. Erstgenannter stammt aus der Jugend-Akademie, ging im Alter von 19 Jahren erst nach Zwolle, später zu ADO Den Haag, bevor er im Sommer 2019 den Sprung zu Union Berlin wagte. Momentan läuft er seiner Top-Form allerdings etwas hinterher. Zwei Tore hat er 2023 zwar schon vorbereitet (unter anderem das wichtige 2:0 im Derby gegen Hertha BSC), auf einen eigenen Treffer wartet er aber seit dem Jahreswechsel. Zuletzt war Becker am 9. November beim 2:2 gegen den FC Augsburg erfolgreich.

Bei seinem Landsmann Danilho Doekhi sieht das ganz anders aus. In nur wenigen Wochen hat sich der Abwehrspieler für die Mannschaft unverzichtbar gemacht. Hinten verteidigt er meist in der Dreierkette neben Routinier Robin Knoche und Diogo Leite aufmerksam, vorne strahlt er Torgefahr aus. Schon gegen Mönchengladbach versetzte er die Alte Försterei am 30. Oktober mit seinem Last-Second-Tor in Ekstase. Nach dem Jahreswechsel traf er gegen Hoffenheim doppelt und machte den Sieg nach einem Rückstand erst möglich. Im Derby bei Hertha BSC legte er eine Woche später nach. Jeweils per Kopf. Jeweils nach Standards. Als Lohn für seine Vorstellungen stand der Niederländer gerader in der ESM-Elf des Monats Januar.

Danilho Doekhi gelang der Durchbruch bei Ajax Amsterdam nicht

Bei Ajax Amsterdam kam er dagegen nicht wie gewünscht zum Zug. In seinem letzten Junioren-Jahr kam er von Excelsior Rotterdam, spielte erst in der U19 (unter anderem mit dem heutigen Leverkusener Bundesliga-Profi Mitchel Bakker), dann in der Zweiten Mannschaft. Bei den Profis kam er allerdings nicht zum Einsatz. 

„Leider habe ich es nicht geschafft, mein Debüt in der Ersten Mannschaft zu geben. Aber ich habe gezeigt, dass es mehrere Wege gibt, die nach Rom führen“, sagte Doekhi in einem am zurückliegenden Wochenende von De Telegraaf veröffentlichten Interview. Und erzählt dort von seiner Karriereplanung: „Weil ich Spieler wie Matthijs de Ligt und Daley Blind vor mir hatte, habe ich mich entschieden, zu Vitesse Arnheim zu wechseln, um dort mehr Spielzeit zu bekommen. Das hat sehr gut geklappt.“

Kann man so sagen. In der Vorrunde war Doekhis Platz in der Union-Defensive alles andere als in Stein gemeißelt, musste er sich offensichtlich noch etwas im System der Eisernen zurechtfinden. Doch mittlerweile hat sich die Gemengelage geändert. Urs Fischer bot seit dem Hoffenheim-Spiel und der Rückkehr von Diogo Leite nach Rotsperre immer dieselbe Formation in letzter Linie auf. Der Trainer rotiert zwar auf den Außenverteidiger-Positionen, nicht aber im Zentrum.

Am vergangenen Wochenende gegen RB Leipzig hatte es Doekhi (l.) oft mit André Silva zu tun.
Am vergangenen Wochenende gegen RB Leipzig hatte es Doekhi (l.) oft mit André Silva zu tun.Mathias Renner/City-Press

Auf Unions Kopfball-Ungeheuer wird in der Johan-Cruyff-Arena Schwerstarbeit zukommen. Nach dem Trainerwechsel von Alfred Schreuder zu Johnny Heitinga hat sich Ajax Amsterdam massiv stabilisiert, tritt gegen die Köpenicker mit dem Rückenwind aus vier Pflichtspiel-Siegen in Serie an. Brilliert hat in den letzten Wochen vor allem der ghanaische WM-Fahrer Mohammed Kudus, der in jedem Spiel unter Heitinga an einem Treffer als Schütze oder Vorbereiter beteiligt war.

Neben Kudus ist im Angriff vor allem Dusan Tadic zu beachten. Der mittlerweile 34 Jahre alte Kapitän spielt seit viereinhalb Jahren bei Ajax, stürmte mit dem Verein 2019 bis ins Halbfinale der Champions League. Es war das bislang letzte ganz große Ausrufezeichen auf europäischer Bühne. Das Ziel für diese Saison ist klar: Heitinga soll das Team ins Endspiel der Europa League nach Budapest (31. Mai) führen. Davor muss allerdings Union Berlin aus dem Weg geräumt werden – und damit auch Danilho Doekhi.