Unions Derbyheld Paul Seguin: Zwischen Freude und Frustration
Paul Seguin stand in den Spielen gegen Wolfsburg und Mainz zuletzt zweimal in der Startelf. Dieser Platz scheint allerdings nicht von langer Dauer zu sein.

Einmal schaute er kurz hoch, dann richtete sich sein Blick auf den Ball. Die Flanke, die Paul Seguin anschließend schlug, war perfekt. Perfekt für Sturmkante Kevin Behrens, der am Fünf-Meter-Raum angerauscht kam und seine Schuhspitze in die Flugbahn des Spielgeräts streckte. Drin das Ding, der 1. FC Union Berlin führte 1:0 gegen Mainz, brachte mit dieser Aktion den fünften Sieg im fünften Spiel des neuen Jahres auf den Weg.
Für den Flankengeber war die Startelf-Nominierung nach dem Sieg im Pokal gegen Wolfsburg (2:1) die zweite hintereinander. Für Seguin, der im vergangenen Sommer von Absteiger Greuther Fürth nach Köpenick kam, alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Zu Beginn der Saison hatte er es mehrfach überhaupt nicht in den Kader geschafft, saß dann meist auf der Bank und kam erst Mitte Oktober im Pokal gegen Zweitligist Heidenheim (2:0) erstmals von Beginn an zum Zug.
Ja, der Start in dieses für den gesamten Verein so aufregende Halbjahr hätte deutlich schlechter verlaufen können. Freuen konnte sich der gebürtige Magdeburger nämlich auch im Derby bei Hertha BSC. Da stand er zwar nicht von Beginn an auf dem Rasen, wurde aber zur Pause eingewechselt und erzielte das Tor zum 2:0-Endstand. Was gibt es Schöneres, als den ersten Treffer im Trikot des neuen Arbeitgebers gegen den in Köpenick nur mäßig beliebten Klub aus Charlottenburg zu erzielen?
Wenig war in den zurückliegenden zwei Wochen noch von dem zu spüren, was Seguin im Trainingslager im spanischen Campoamor von seinen Startschwierigkeiten im Sommer zuvor erzählt hatte: „Ich muss schon sagen, am Anfang habe ich mich hier sehr schwergetan, weil es ein anderes Spiel ist. Ich habe mir vielleicht auch ein bisschen zu viel Druck gemacht, was nicht immer gut ist.“
Wird nun also alles gut? Es bleiben berechtigte Zweifel.
Fischer über Seguin: „Ein paar Dinge, die mir nicht gefallen haben“
Zur Wahrheit der längeren Einsatzzeiten zuletzt gehört auch die Tatsache, dass mit András Schäfer (im Derby bei Hertha wieder verletzt) und Morten Thorsby (Comeback im Spiel gegen Mainz und Vorbereiter des Siegtreffers) zwei Konkurrenten auf Seguins Position wochenlang nicht einsatzfähig waren. Zudem hat der Verein mit dem tunesischen WM-Fahrer Aissa Laidouni einen Zugang verpflichtet, der bei seinen ersten Einwechslungen größten Tatendrang und Spielfreude versprühte.
Nach dem Spiel gegen Mainz war Trainer Urs Fischer, angesprochen auf Paul Seguin, mit Blick auf dessen Leistung geteilter Meinung. „Es gab ein paar Dinge, die mir nicht gefallen haben“, sagte der Schweizer und führte als Beispiel mangelnde Präzision im Spiel des 27-Jährigen an. Andererseits lobte er den Aufwand, die Bereitschaft, auch in hinterster Reihe Defensivarbeit zu verrichten, und die Tatsache, „dass er immer wieder versucht hat, im Spiel nach vorne Akzente zu setzen“.

Für eine Nominierung in den Kader, den Union international aufbieten wird, hat es bei Seguin nicht gereicht. Vergangene Woche musste Urs Fischer mit seinem Trainerteam die 23 Spieler benennen, die gegen Ajax Amsterdam die Überraschung (keine Sensation!) schaffen und ins Europa-League-Achtelfinale einziehen wollen. In den beiden Partien am 16. Februar in Amsterdam und am 23. Februar im Stadion An der Alten Försterei wird Seguin nur Zuschauer sein. Wie übrigens auch Timo Baumgartl, Levin Öztunali, Milos Pantovic, Kevin Möhwald und Jakob Busk.
Frustrierend für den Torvorbereiter des vergangenen Wochenendes. Die Spiele gegen Ajax wären nicht nur Höhepunkte in der Karriere gewesen, sondern hätten auch die Möglichkeit geboten, sich für das dann folgende letzte Drittel der Bundesligasaison zu empfehlen. So bleibt für ihn aktuell fast nur die Hoffnung, dass Fischer auch in den kommenden Wochen angesichts dreier Wettbewerbe auf das Rotationsprinzip setzt. Auf den Außenverteidiger-Positionen (links: Niko Gießelmann, Jérome Roussillon, rechts: Christopher Trimmel, Josip Juranovic) hat der Coach genau dieses schon in den vergangenen Wochen regelmäßig angewendet.