Nach der Bayern-Klatsche zeigt sich Unions wahre Größe
Unter die Räder gekommen und genug potenzielle Ausreden im Köcher gehabt. Doch der 1. FC Union Berlin macht nach dem 0:3 in München davon nicht Gebrauch.

Die Vorlagen der Journalisten waren da. Und zwar zuhauf. Ob die Mannschaft nach dem Ajax-Spiel müde gewesen wäre? Ob die zahlreichen Englischen Wochen nicht doch langsam ihren Tribut fordern? Ob die Qualität des FC Bayern am Ende halt doch einfach zu groß sei? Die Spieler des 1. FC Union Berlin hätten diese verbalen Steilpässe aufnehmen und verwandeln können. Sie taten es aber nicht.
Die 0:3-Klatsche in der Allianz-Arena, die noch deutlich höher hätte ausfallen können, war eine der schlechtesten Saisonleistungen der Köpenicker. Ausgerechnet im Topspiel der Bundesliga, auf das ganz Fußball-Deutschland mit großer Spannung gewartet hatte. Die Hausherren waren von Beginn an drückend überlegen, überraschend war einzig und allein die Tatsache, dass die Bayern über eine halbe Stunde brauchten, um ihr erstes Tor zu erzielen.
„Auswärts bei den Bayern muss man eine Weltklasse-Leistung bringen und darüber hinaus noch hoffen, dass sie nicht ihren besten Tag haben. Heute hat das auf beiden Seiten nicht gepasst: Sie waren sehr gut und wir hatten dafür nicht unseren besten Tag“, gestand Kapitän Christopher Trimmel, der im Vergleich zum Sieg gegen Ajax Amsterdam diesmal wieder für Josip Juranovic auf der rechten Seite ran durfte. Müdigkeit oder fehlende Kraft wären dagegen keine Argumente für die Nicht-Leistung gewesen.
Es war erfrischend ehrlich, wie die Profis der Eisernen mit der Pleite in München umgingen. Angesichts der Tatsache, dass die Mannschaft von Trainer Urs Fischer in bislang neun Pflichtspielen des Kalenderjahres noch überhaupt nicht verloren hatte, alles andere als selbstverständlich. Regelmäßige Siege verleiten oft dazu, die Schuld in der Niederlage überall zu suchen. Nur nicht bei sich selbst.
Urs Fischer erkennt an: „Bayern war um zwei, drei Klassen besser“
Rani Khedira vermisste den „rotzfrechen“ Ansatz, bei den Bayern zu bestehen. Robin Knoche, sonst immer umsichtiger Organisator der Dreier-Abwehrkette, diesmal aber auch schwach, sah nicht den Willen, sich „besser zu behaupten“. Union Berlin agierte in weiten Teilen wie das Kaninchen vor der Schlange. Nach der Bayern-Führung durch Eric Maxim Choupo-Moting (31.) dauerte es nur eine Viertelstunde, da hatte der Rekordmeister die einseitige Begegnung durch Tore von Kingsley Coman (40.) und Jamal Musiala (45.+1) schon entschieden.
„Bayern war um zwei, drei Klassen besser“, konstatierte Fischer nach Schlusspfiff, nachdem er sein Gegenüber Julian Nagelsmann fair zum für die Bayern so wichtigen Dreier gratuliert und ihnen viel Erfolg für das Rückspiel im Champions-League-Achtelfinale gegen Paris Saint-Germain gewünscht hatte. Und der Trainer des Tabellenführers? Nahm die Glückwünsche zwar dankend an, relativierte aber auch, dass Union sicherlich nicht mit hundertprozentiger Frische ins Spiel gegangen wäre. Wie denn auch, nach diesem am Ende berauschenden Fußball-Abend letzten Donnerstag? Die Gäste wollten von diesem Erklärungsansatz trotzdem keinen Gebrauch machen. Es ehrt sie sehr!
Die Erkenntnis, dass es nicht mit Dauer-Fußball seiner Spieler weitergehen kann, hat Fischer natürlich trotzdem direkt berücksichtigt. Zwei freie Tage zu Beginn der Woche, erst am Mittwoch treffen sich die Köpenicker wieder, um sich auf das nächste Spiel in der Bundesliga vorzubereiten. Am Sonnabend (15.30 Uhr) gibt der 1. FC Köln seine Visitenkarte im Stadion An der Alten Försterei ab.
Danach geht es dann in zwei Englischen Wochen mit Hin- und Rückspiel im Europa-League-Achtelfinale gegen Royale Union Saint-Gilloise weiter. Die jetzt schon positive Nachricht: Danach muss Union Berlin nicht wieder beim FC Bayern antreten.