Union Berlin: Der Trend ist besorgniserregend

Die Pleite von Union Berlin bei Saint-Gilloise und das damit verbundene Aus in der Europa League hatte sich schon vorher abgezeichnet.

Desillusioniert: Die Union-Profis Danilho Doekhi, Frederik Rönnow und Paul Jaeckel (v.l.) nach dem Aus in der Europa League.
Desillusioniert: Die Union-Profis Danilho Doekhi, Frederik Rönnow und Paul Jaeckel (v.l.) nach dem Aus in der Europa League.Matthias Koch/Imago

Frederik Rönnow stürmte aus seinem Tor, krallte sich Jamie Leweling. Irgendwer musste den Frust doch abbekommen, irgendwer musste doch spüren, wie sehr sich der Däne hinten zwischen seinen Pfosten als letzter Mann im Stich gelassen fühlte. Der ehemalige Fürther ließ sich das natürlich nicht gefallen, riss sich los und gestikulierte wild zurück in Richtung des Torhüters. Die Szene nach dem dritten Gegentreffer und der offen ausgetragene Disput zwischen den Mitspielern war sinnbildlich für den Auftritt des 1. FC Union Berlin.

Nichts passte an diesem Abend in der belgischen Hauptstadt. Mit 0:3 (0:1) unterlagen die Köpenicker Royale Union Saint-Gilloise und das hochverdient. Wenn man ehrlich ist, hätte die Pleite auch noch ein oder zwei Tore höher ausfallen können. Die Gastgeber trafen den Pfosten, erzielten ein knappes Abseitstor und Sheraldo Becker rettete auf der Linie. Und auf der anderen Seite? Bis auf zwei Versuche von Josip Juranovic in der Anfangsphase quasi nichts.

Das zeigt, dass es bei den Eisernen momentan vorne und hinten nicht stimmt. In der Defensive reiht sich Fehler an Fehler. Diogo Leite erwischte einen rabenschwarzen Abend und auch Robin Knoche, ansonsten hinten der Fels in der Brandung, wirkte selten auf der Höhe. „Wir treffen Entscheidungen, die wir eigentlich sonst so nicht treffen“, analysierte ein sichtlich ernüchterter Urs Fischer auf der anschließenden Pressekonferenz. Der Trainer sprach damit beispielsweise den ersten Gegentreffer an, als Knoche Diogo Leite in Bedrängnis brachte, der Portugiese aber auch abwesend wirkte und sich den Ball klauen ließ. Sekunden später lag die Kugel im Netz.

„Wir sind nicht als Mannschaft aufgetreten“, sagte der spät eingewechselte Christopher Trimmel nach der Partie und auch Fischer teilte diese Sichtweise: „Ich glaube der Wille war da, aber wenn jeder dann noch zusätzlich etwas versucht und du das nicht mehr gemeinsam als Mannschaft machst, passiert so etwas wie heute.“ Eine ziemliche Bankrotterklärung für ein Team, das sich sonst eben vor allem darüber definiert eine Einheit zu sein.

Als Ausrutscher sollte man die Niederlage und das damit verbundene Ende des Europa-Abenteuers nicht abtun. Union hat nur eines der letzten acht Pflichtspiele gewonnen und dabei nicht nur defensiv zum Teil haarsträubende Fehler gemacht, sondern auch offensiv enttäuscht. In fünf dieser acht Partien gelang der Fischer-Elf kein Treffer, beim 1:1 in Wolfsburg fiel das einzige Tor per Elfmeter. Ein besorgniserregender Trend. Der Mannschaft fällt es seit Wochen schwer, sich Torchancen zu erarbeiten. Sheraldo Becker läuft und läuft, kommt aber kaum einmal in eine gefährliche Abschlussposition.

Union Berlin: Die Länderspielpause kommt zum richtigen Zeitpunkt

Neben dem gebürtigen Niederländer durften sich in diesem Jahr abwechselnd Kevin Behrens, Jordan Siebatcheu oder zuletzt Sven Michel in der Spitze versuchen. Das Abschlussglück ist aber auch ihnen nicht hold. Von den Achter-Positionen im Mittelfeld – am Donnerstag in Person von Aissa Laidouni und Morten Thorsby - kommt auch zu wenig, die Schuld für die Torungefährlichkeit ausschließlich bei den Stürmern zu suchen wäre ohnehin viel zu einfach.

Es bleibt die Hoffnung auf Besserung. Der fantastische Start in dieses Fußball-Jahr mit sechs Pflichtspiel-Siegen am Stück kam nicht von ungefähr und war definitiv keine Eintagsfliege. Vielleicht braucht die Mannschaft eine Pause, ein wenig Ruhe und wieder Frische im Kopf. In all den Englischen Wochen war dies zuletzt kaum möglich, nach dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt (Sonntag, 15.30 Uhr) steht dann aber eine Länderspielpause an. Sie kommt genau zum richtigen Zeitpunkt.