Kein IsCOUP, kein Ärger! Warum der Nicht-Transfer Union helfen wird

Muss der 1. FC Union Berlin Isco hinterhertrauern? Nils Malzahn, Lead-Redakteur Sport, kommentiert den spektakulärsten Nicht-Transfer der Vereinsgeschichte.

Isco jubelte zuletzt für den FC Sevilla. In Berlin-Köpenick werden ihn die Fans nicht auf dem Rasen zu sehen bekommen.
Isco jubelte zuletzt für den FC Sevilla. In Berlin-Köpenick werden ihn die Fans nicht auf dem Rasen zu sehen bekommen.Jose Breton/AP

Es ist nicht überliefert, ob Francisco Román Alarcón Suárez, kurz: Isco, gerne Nutella isst, Shisha raucht oder plant, demnächst einen eigenen YouTube-Kanal zu eröffnen. Eigentlich ist das auch völlig egal, weil das Privatleben eines Fußballers erst einmal zweitrangig sein sollte. Und trotzdem weckte das Interesse des 1. FC Union Berlin am spanischen Superstar Erinnerungen an den letzten Ausnahmespieler, der bei den Eisernen unter Vertrag stand.

Der hieß Max Kruse, lieferte auf dem Platz meist ab, führte aber auch ein recht unprofessionelles Leben als Profisportler. Am Ende nahm er Urs Fischer den Spaß an der Zusammenarbeit, ging im Unfrieden, bescherte der Vereinskasse aber immerhin noch einen Erlös von fünf Millionen Euro.

Fragt man die Fans von Union Berlin heute nach den fünf wertvollsten Spielern der Vereinshistorie, Max Kruse würde nur in der Rangliste von ganz wenigen Anhängern vorkommen. Er spielte hervorragend Fußball, er hob die Mannschaft an guten Tagen auf ein anderes sportliches Niveau. Aber er hat rund um das Stadion An der Alten Försterei keine allzu großen Fußspuren hinterlassen.

Der 1. FC Union Berlin ist auf ganz vielen Ebenen ein Verein, der ohne das ganz große Tamtam des Profifußballs auskommt. Das bezieht sich auch auf die Struktur des Kaders. Keine Diven. Keine Superstars.

Isco hätte nicht zum 1. FC Union Berlin gepasst

Na klar, Trainer Urs Fischer und Manager Oliver Ruhnert hätten Isco verpflichtet, weil sie von seinen sportlichen Qualitäten überzeugt waren. Weil sie hofften, dass er beim aktuell Tabellenzweiten der Bundesliga an alte Glanzzeiten anknüpfen, die Mannschaft noch besser machen könnte. Und definitiv nicht, weil damit der Trikot-Verkauf angekurbelt oder mehr Follower auf Instagram generiert worden wären.

Allein die Art und Weise, wie der Transfer im letzten Moment am Deadline-Day platzte, zeigt allerdings schon, dass Isco in diese Mannschaft, in diesen Verein nicht hineingepasst hätte. Der aktuelle Erfolg basiert auf Ruhe, Weitsicht und Vernunft. Das, was über das Verhalten der Isco-Seite mittlerweile an die Öffentlichkeit gelangt ist, hatte mit all den zuvor genannten Schlagworten nichts zu tun.

Nein, Isco sollte man nicht mit Max Kruse vergleichen. Aber die beiden Fußballer hätte zumindest die Tatsache geeint, dass sie bei Union Berlin – der eine im August 2020, der andere am gestrigen Deadline-Day – zu einer völlig intakten Mannschaft stießen beziehungsweise gestoßen wären. Im Falle von Isco zu einer, die der bedingungslose Teamgeist in dieser Saison auf Platz zwei der Bundesliga geführt hat. „Auch in diesem Jahr haben wir eine herausragende Kabine, die sehr solidarisch ist. Das ist für mich ein entscheidender Faktor“, sagte Trainer Urs Fischer schon auf der Pressekonferenz vor dem DFB-Pokal-Achtelfinale gegen den VfL Wolfsburg (2:1).

Und die hätte mit der Ankunft eines Superstars vom Kaliber Isco ins Wanken geraten können!

Schon beim FC Sevilla wollte Isco seine Karriere zuvor noch einmal neu ankurbeln, nachdem er bei Real Madrid schon jahrelang nicht mehr erste Wahl war. Ex-Trainer Carlo Ancelotti hatte keine Verwendung mehr für ihn, der Edeltechniker fristete also meist ein Dasein zwischen Ersatzbank und Tribüne. Dann wurde vor Weihnachten allerdings sein Vertrag in Sevilla aufgelöst, über die tatsächlichen Gründe gab es unterschiedliche Ansichten, zumindest öffentlich.

Julen Lopetegui, der Isco einst bei Real und der Nationalmannschaft förderte, wurde als Trainer entlassen. Und kurz darauf war auch für Isco Schluss in Andalusien. Von Übergewicht war die Rede, anderen schien es nicht zu gefallen, dass er gemeinsam mit seiner Partnerin, Schauspielerin Sara Sálamo, das Rampenlicht keinesfalls scheut. Böse Zungen warfen ihm vor, dass er sich nicht (mehr) nur ausschließlich auf Fußball konzentrieren würde. Max Kruse lässt grüßen.

Hätte so ein Spieler Union Berlin auf Dauer wirklich mehr genutzt als geschadet? Sicher, er hätte die Mannschaft für die Gegner noch unberechenbarer machen können. Aber der Deal hätte sich auch zum Bumerang entwickeln können.

Am Ende, da bin ich sicher, hat Union mit dem geplatzten IsCOUP nichts verpasst. In ein paar Monaten, vielleicht schon in ein paar Wochen, wird man den Namen in Berlin-Köpenick vergessen haben. Vielleicht kommt er den Fans in der nächsten Saison noch einmal ins Gedächtnis, wenn Union Berlin wieder international spielt. Vorausgesetzt natürlich, Isco findet einen Verein, bei dem er selbst noch einmal diese Gelegenheit bekommt.