Zwei vertane Chancen: Wer bei Union seinen Startelf-Einsatz nicht nutzen konnte
Im Spiel gegen den FC Schalke durften sich bei Union Berlin einige Spieler aus der zweiten Reihe beweisen. Ihre Chance konnten sie nicht wirklich nutzen.

Nein, der Ärger im Lager des 1. FC Union Berlin über das torlose Remis gegen Schalke war nicht allzu groß. Trainer Urs Fischer betonte auf der Pressekonferenz nach dem Spiel, dass er mit dem einen Zähler gut leben könne. In dieser Bewertung spielte natürlich auch die Tatsache eine Rolle, dass der Verein zwischen den beiden größten Spielen seiner Vereinsgeschichte steht.
Nach dem 0:0 in der vergangenen Woche bei Ajax Amsterdam kommt der niederländische Rekordmeister am Donnerstag ins Stadion An der Alten Försterei. Dort fällt final die Entscheidung, ob die Eisernen tatsächlich ins Achtelfinale der Europa League einziehen werden. Dazwischen kam der Tabellenletzte der Bundesliga nach Berlin-Köpenick. Nur menschlich, dass es schwer war, den Fokus zu einhundert Prozent auf die Gelsenkirchener Gäste zu richten.
Und dennoch: Die Chance war da, mit einem Sieg an die Tabellenspitze zu springen, den Patzer des FC Bayern am Vortag (2:3-Niederlage bei Borussia Mönchengladbach) eiskalt auszunutzen. Dafür brachte Fischer neues Personal. Gleich auf fünf Positionen änderte der Schweizer seine Startelf im Vergleich zum starken Auftritt in der Johan-Cruyff-Arena.
Kapitän Christopher Trimmel rückte auf die rechte Seite, Janik Haberer übernahm die Achter-Position von Morten Thorsby. Beide fehlten in Amsterdam gelbgesperrt, ihre Nominierung gegen Schalke war schon vorher eine ausgemachte Sache. Überraschender war da schon der Blick auf die Dreier-Abwehrkette. Diogo Leite fehlte gegen Schalke krankheitsbedingt im Kader, wurde allerdings nicht von Paul Jaeckel, sondern von Timo Baumgartl ersetzt, der in diesem Jahr noch gar nicht zum Zug kam. Der Ex-Stuttgarter machte seine Sache unaufgeregt, solide.
Jérome Roussillon dürfte auf links in Zukunft die 1A-Lösung sein
Und dann waren da noch Niko Gießelmann und Sven Michel. Erstgenannter hat seit diesem Winter in Zugang Jérome Roussillon frische Konkurrenz vor der Brust. Der ehemalige Wolfsburger machte nicht nur in Amsterdam einen guten Eindruck, hat sich in den ersten Wochen sowohl auf dem Platz als auch in der Kabine bestens integriert. Gießelmann wirkte gegen Schalke dagegen fahrig, seine wenigen Offensivaktionen mündeten in schwachen Flanken und auch sonst konnte er keine wertvollen Impulse liefern. Bleibt Roussillon verletzungsfrei, dürfte er sich in den kommenden Wochen auf links mehr und mehr als 1A-Lösung herauskristallisieren.
Sven Michel war in der Offensive bemüht, das Engagement war ihm keinesfalls abzusprechen, aber Torgefahr ging von ihm keine aus. Hin und wieder wich er auf den linken Flügel aus, effektiv war das nicht. Vielleicht hatte Fischer bei Michels Nominierung noch dessen Sternstunde im Hinspiel im Hinterkopf. Zwei seiner drei Bundesliga-Treffer in dieser Saison hatte der 32-Jährige beim 6:1 auf Schalke erzielt. Da machte er deutlich, dass sein linker Fuß eine Waffe sein kann.
Insgesamt fehlt dem vor einem Jahr aus Paderborn verpflichteten Angreifer aber die Spielpraxis. An Sheraldo Becker ist im Sturm einfach kein Vorbeikommen. Der Stammplatz des Niederländers ist ziemlich fest zementiert, Michel bleibt da nur die Zuschauerrolle. Ein Tor gegen Schalke hätte nicht nur das ohnehin schon prall gefüllte Köpenicker Punktekonto gefreut, sondern auch ihm neues Selbstvertrauen beschert.
Als vertane Chance wurde vielerorts auch die Begegnung an sich betrachtet. Zwei Zähler hätte der 1. FC Union Berlin vor den beiden Bundesliga-Schwergewichten FC Bayern und Borussia Dortmund stehen können, so aber liegen die Eisernen punktgleich aufgrund des schlechteren Torverhältnisses auf Rang drei. Erstmals nach 21 Spieltagen gibt es diese Konstellation in der Bundesliga – und Union ist Teil davon. Nein, als vertane Chance im Klassement noch weiter oben zu stehen, sollte man das Remis gegen Schalke wirklich nicht sehen.